Eine Woche vor Ostern rufen wir mit unserem Aufruf "Kriege stoppen - Frieden und Abrüstung jetzt! " in mehreren Zeitungen zur Teilnahme an den Ostermärschen 2025 auf. Hilf auch du mit bei der Mobiliserung!
Internationale Verantwortung von Frauen für Frauen
von
10 Thesen gegen die Öffnung der Bundeswehr für Frauen und
Bündnisgrüne Alternativen
1. Der "Bericht des Bundesminister für Verteidigung zum Stand bzw. der geplanten Ausweitung der Einbeziehung von Frauen in die Bundeswehr" vom 22.02.96, der in dieser Woche im Ausschuss diskutiert wurde, zeigt auf, daß die grundsätzlichen Akzeptanzprobleme der jetzigen Bundeswehr, durch eine "Lückenbüßerinnenstrategie", nämlich verstärkt Frauen anzusprechen, nicht gelöst werden können. Das Bestreben der FDP sowie einzelner Mitglieder der CDU/CSU/SPD und Grünen, den Frauen auch den Dienst an der Waffe zu ermöglichen, ist nur mit einer Grundgesetzänderung zu erreichen, zu der es derzeit - und hoffentlich auch zukünftig - eine 2/3 Mehrheit im Bundestag nicht gibt.
2. Das Ende der "Fahnenstange" ist, nach einer ganzen Reihe von Öffnungsbeschlüssen (1975 bis 1990) für Frauen offensichtlich erreicht. Frauen dürfen nur im Sanitätsdienst oder Musikkorps ihren Dienst ableisten. Diese beiden Funktionen innerhalb der Bundeswehr stellen sicher, daß entsprechend dem Kriegsvölkerrecht Frauen vom Kriegsgeschehen ausgenommen werden. Sollte man (SPD-CDU-FDP-Koalition) das Verbot des "Dienstes an der Waffe" für Frauen durch eine Grundgesetzänderung ganz aufheben, wie im Bericht als konsequente Möglichkeit vorgeschlagen wird, so ist mit erheblichem Widerstand, nicht nur der Bündnisgrünen, sondern auch der gesamten Gesellschaft zu rechnen: Jede Frau kann sich ausrechnen, daß es dann nicht lange dauert bis die Wehrpflicht auch für Frauen eingeführt würde.
3. Der 1995 vom Bundesminister der Verteidigung gemachte Vorstoß, die Bundeswehr in der bekannten Salamitaktik ein Stück weiter für Frauen zu öffnen, indem ihnen die Möglichkeit gegeben wird, den Wachdienst auszuführen, wird derzeit vom Bundesinnenministerium geprüft. Wir lehnen jede weitere Einbeziehung von Frauen in militärische Strukturen ab. Letztlich dient die angestrebte Erhöhung des Anteils der Frauen/Soldatinnen in der Bundeswehr dazu, die hierarchische Struktur Militär und deren Auftrag, zukünftig weltweit im Rahmen von Krisen, Kriegs- und Kampfeinsätzen eingesetzt zu werden, zu legitimieren und zu verherrlichen. Der Auffassung, daß der Wachdienst eine "polizeiliche" Funktion sei, ist entschieden zu widersprechen. Es gibt in Deutschland - wie in jedem Rechtsstaat - aus guten Gründen eine klare Trennung von Polizei und Militär. Die Tatsache, daß privates Wachpersonal anstelle von Soldaten eingesetzt wird, ist schlicht ein Personalproblem und demzufolge ein Akzeptanzproblem der Bundeswehr. Frauen sollten sich nicht dafür instrumentalisieren lassen, dieses Personalproblem, das insbesondere durch die erfreulich ansteigende Anzahl von Kriegsdienstverweigerern zu begründen ist, auszugleichen. Emanzipation der Frauen und stärkere Einflussnahme auf die Politikgestaltung ist dagegen anzustreben und wäre z.B. durch die Einführung einer Quotenregelung im Auswärtigen Amt oder BMZ realisierbar.
4. Für Auslandseinsätze kommt die Einbeziehung der Frauen zum Wachdienst auch deshalb nicht in Frage, weil nach bisheriger Lage (so auch der Bericht des BMVg), die jederzeitige Veränderbarkeit des Mandates der UNO von "Konfliktverhütenden Maßnahmen" (Conflict Prevention) bis zu "Friedenserzwingung" (Peace-Enforcement) möglich sind. Es wäre den Militärstrategen schlicht zu aufwendig, dann die Frauen durch männliche Kombattanten zu ersetzten. Da die ganze Ausweitungsstrategie im Zusammenhang mit dem verstärkten Wunsch der Bundesregierung nach aktiver, d.h. militärischer Beteiligung an Auslandseinsätzen gesehen werden muß, erübrigen sich die jetzigen Vorschläge aus den genannten Gründen.
5. Wir lehnen jede Form von Zwangsdiensten ab. Soziale Verantwortung und Engagement lassen sich nicht verordnen. Die Einführung eines freiwilligen sozialen ökologischen Jahres für Frauen und Männer ist unsere Alternative zu Kriegs- und Zivildienst sowie der immer wieder aufkeimenden Diskussion über eine allgemeine Dienstpflicht.
6. Internationale Konflikte und Konfliktlösungen sind aber nicht allein "Männersache". Auch wenn die international agierenden Menschen (Staatschefs, BotschafterInnen, UN-Angehörige usw.) mehrheitlich Männer sind, so betrifft diese Politik immer und auf alle Fälle auch die andere Hälfte der Gesellschaft. Darum ist die internationale Stärkung der Beteiligung von Frauen mit Blick auf die Frauen in den Krisengebieten von großer Bedeutung.
7. Zahllose in internationalen Zusammenhängen entstandene Dokumente fordern (z.B. zur Vorbereitung der 4. Weltfrauenkonferenz 1995) die Geschlechterparität in der nichtmilitärischen Konfliktbearbeitung. Dies ist in der Bundesrepublik weitgehend unbekannt und muß dringend in eine konkrete Politik umgesetzt werden z.B. in Form von UN-Ausbildungszentren so wie Bündnis 90/Die Grünen es im Parteitagsbeschluß von Bremen vorgesehen haben.
8. Frauen können sich mit ihren Partizipationsansprüchen auf international geltende Normen, die Menschenrechte, die in unterschiedlichen völkerrechtlichen Dokumenten fixiert sind, berufen.(Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, die Pakte über bürgerliche und politische sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966; für die OSZE Art. 40 Abs. 1 bis 11 aus dem Dokument des Moskauer KSZE -Treffens vom 03.10.91) Für die Bundesrepublik bedeutet dies, daß diese Ansprüche unabhängig vom Nachweis einer besonderen Eignung von Frauen zur friedlichen Konflikbewältigung geltend gemacht werden müssen. Werden Frauen nicht entsprechend qualifiziert oder strukturell ausreichend gestützt und blieben ihre Partizipationsansprüche "wegen mangelnder Eignung" unbeachtet, ist dies ebenso Unrecht wie jede andere Form der Diskriminierung.
9. Friedensforscherinnen und Expertinnen wie die "Women's International League for Peace and Freedom" haben in internationaler Kooperation für die "Agenda of peace" von Boutros Ghali Überarbeitungsvorschläge erarbeitet. In dem Papier "Gender and the Agenda of peace" werden Handlungsfelder für Frauen in der UN aufgezeigt. (Vertrauensbildung, Fact-Finding, peace-making und peace-keeping im nicht-militärischen Bereich, post-conflict peace building).
10.Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Praxis ist unter anderem eine feministische Friedensforschung. Der Bund muß insgesamt die Friedensforschung, überproportional die feministische Friedensforschung, fördern. Die "Helfer-Länder" sollten ständig daraufhin beobachtet werden, um festzustellen, ob die Erhöhung des Anteils von Frauen an der Konfliktlösung effektiver ist. Umgekehrt sollte überprüft werden, ob ein geringerer Anteil von Frauen sich als Problemlösungsdefizit erweist.