Ja zu Europa - Nein zur Militärverfassung - fünf Jahre Thüringer Friedenskoordination

von Ute Hinkeldein

Gedacht war sie als ein zeitlich begrenztes Bündnis während des Nato-Krieges in Ex-Jugoslawien und nun, fünf Jahre später, klangen im Erfurter Café Paul die Sektgläser: Anstoßen auf kontinuierliche Koordinationsarbeit. In Thüringen gibt es von Bad Salzungen bis Sonneberg 26 Friedensgruppen mit ihren Sprecherinnen und Sprechern. Sie haben sehr unterschiedliche Erfahrungen und Arbeitsansätze.

Die Koordinationsstelle lädt quartalsweise nach Erfurt ein, um die Ortsgruppen in der praktischen Friedensarbeit zu stärken, Erfahrungen auszutauschen und ihnen die politischen Arbeitsinhalte der großen Friedensbewegungen zu vermitteln. Manche Gruppen arbeiten nur sporadisch, andere hingegen dauerhaft und intensiv. Zwischen allen die Verbindung zu halten und ständig zu motivieren, ist Aufgabe der Thüringer Friedenskoordination.

Sie hat zwei ehrenamtliche Sprecherinnen: Ute Hinkeldein (Erfurt) und Hanne Adams (Hildburghausen), die dies alles bewegen. Zu denaktiven Friedensgruppen zählen Eisenach, Gotha, Suhl, Hildburghausen, Jena und Weimar.

Sigurd Hoppe aus Eisenach berichtete darüber, das sie gemeinsam mit dem DGB und der IG Metall vor Ort ein Bündnis "Abrüstung statt Sozialabbau" geknüpft haben, um beide Anliegen effektiver gestalten zu können. Die Sprecher der Suhler Gruppe, Elisabeth Pfestdorf und Jochen Peters, berichteten über ihre regelmäßigen 14-tägigen Treffs zur Vorbereitung von Aktionen, der nächste öffentliche Protest soll im Juni starten. Mit Volker Pöschel und Christine Brand konnte in Gotha die Friedensarbeit auf eigene Füße gestellt werden. Eine feste Friedensgruppe hat sich da gebildet, die auch auf weitere Orte, wie z.B. Arnstadt ausstrahlt. Schwerpunkt in Weimar ist die bei Radio Lotte angesiedelte Antirassismusarbeit, und in Jena bewegt Pfarrer Lothar König seine (Friedens)gemeinde. Jena und Weimar haben aber auch starke attac-Gruppen, die für Zusammenarbeit stehen.

In Weimar, Erfurt, Suhl und Leinefelde, sowie fast allen Orten waren der 20.03. 2004 und der Ostermarsch wichtige Aktionstage. An beiden Tagen konnten jeweils ca. 1.500 Bürger für Proteste interessiert werden. Aktuell bewegen die Friedensleute in Thüringen drei große Schwerpunkte. Täglich sind die schweren Verbrechen im Irak im Fernsehen zu sehen. Dort, wo Politiker sich mit Verantwortung schwer tun, muss das Volk diese übernehmen.

Die Thüringer Friedenskoordination unterstützt die Bildung eines Internationalen Tribunals der Völker über die Aggression gegen den Irak. Das gleiche gilt für die von IPPNW (Ärzte gegen den Atomtod) ins Leben gerufene Bewegung "Stop the wall in palestine" - für einen gerechten Frieden in Israel und Palästina. Wir können Menschen aber nur für Proteste gegen weltweite Kriege und Terror gewinnen, wenn der innere Frieden auch unser Anliegen ist. Sozialpädagogen warnen, die Jugend verlernt am PC das normale Leben, die Kontakte zu Familie und Gesellschaft. Trotz aller Warnungen gibt es ein neues Videospiel "Panzers". Mit diesem Spiel kann der Jugendliche virtuell die Welt in Schutt und Asche legen. Und es wird weiter produziert, solange es dafür fette Gewinne gibt. Deshalb ist uns das Schulprojekt: "Wir wollen gewaltfrei leben" und "Schule ohne Rassismus" wichtig. Das gilt auch für die Integration unserer ausländischen Mitbürger. Im Rahmen der Interkulturellen Woche, zum Gedenken an den Weltfriedenstag (01.09.) und den 60. Jahrestag des Widerstandes von Claus Graf von Stauffenberg wird in der Augustinerkirche in Erfurt die Ausstellung: Zwischen Anpassung und Widerstand zu sehen sein (02.09. - 30.09. 2004). Dazu gibt es interessante Begleitveranstaltungen. Prälat Dr. Helmut Moll vom Erzbistum Köln stellt sein Buch über den christlichen Widerstand vor. Gerhard Wien denkt darüber nach, wie wir heute die Menschenrechte stärken können. Regina Goldsteyn (Jüdische Landesgemeinde Thüringen) entführt uns mit ihrem Ensemble wieder ins Shtettl. Wir vergessen auch nicht unser erstes Vereinsprojekt vom Januar 1991: "Erfurt soll Stadt des Friedens sein". Bisher sah es ja so aus, als würde sich die "Stadtregierung" des Friedens schämen, aber das muss ja nicht immer so bleiben. Kürzlich wurde gewählt, auch wir, von der Thüringer Friedenskoordination baten zur Wahl. Dazu wurden 1000 Wahlzettel thüringenweit verschickt und der Bürger zur EU - Verfassung befragt. Wir erhielten 528 Wahlscheine zurück, davon waren 519 gültig. 395 Bürger sprachen sich gegen den Passus in der Verfassung aus, der den Einsatz von Streitkräften zu Kampfeinsätzen vorsieht. 398 Bürger wollten den Verfassungsparagrafen entfernt sehen, der die Verpflichtung der Länder zur Aufrüstung enthält, und 446 Bürger wollten, dass über die EU-Verfassung in den einzelnen Ländern per Volkentscheid abgestimmt wird. Wir waren mit unseren Wahlergebnissen zufrieden, weil die Wahlbeteiligung über 50 % lag und weil das Votum so klar ausfiel.

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Ute Hinkeldein ist Sprecherin der Thüringer Friedenskoordination.