Offene Heide

Juristische Auseinandersetzungen um Kriegsübungen und Übungsstadt

von Helmut Adolf
Hintergrund
Hintergrund

Kurz vor dem 300. Friedensweg gab es im 25. Jahr des Bestehens der Bürgerinitiative OFFENe HEIDe wieder einmal juristische Auseinandersetzungen. Es ging um den Vorwurf des Hausfriedensbruchs. Auf der Baustelle der Übungsstadt Schnöggersburg auf dem Truppenübungsplatz Altmark soll der Hausfrieden gebrochen worden sein. Dort, wo für Krieg geübt wird.

Vom Amtsgericht Gardelegen wurden vier BesucherInnen von Schnöggersburg zu jeweils zehn Tagessätzen in Höhe von 15 bis 90 Euro verurteilt.

Alle Verurteilten haben gegen ihre Urteile Rechtsmittel eingelegt.

Ein Prozess steht noch aus, er soll vor der Jugendkammer des Magdeburger Amtsgerichtes geführt werden.

Die Urteile "im Namen des Volkes" folgten wieder dem alten Schema, dass die Angeklagten zugegeben haben, auf dem Gelände gewesen zu sein. Es steht ein Zaun drum herum, also Hausfriedensbruch, ohne auf die Begleitumstände der "Taten" zu achten. Dabei sollten die von den Angeklagten beantragten ZeugInnen etwas mehr Licht in das Dunkel bringen. Keiner von ihnen wurde vom Gericht zugelassen. Dafür gab es keine hinreichende Begründung.

Florian Pfaff, Offizier der Bundeswehr a. D., hätte bezeugen können, dass die Bundeswehrführung gegen höchstrichterliche Rechtsprechung verstößt, diese ignoriert und somit außerhalb der demokratischen Grundordnung agiert.
Dr. Dieter Deiseroth hätte darstellen können, auf welche Weise Bundespolitik und Bundeswehr das Völkerrecht brechen.

Esther Bejarano, Überlebende des Vernichtungslagers Auschwitz, sollte auf eindrucksvolle Weise die fehlende Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in Teilen der bundesdeutschen Justiz aus ihrer Sicht darstellen.

Tobias Pflüger hätte als ehemaliger Europaabgeordneter, als Mitglied des Bundestages und der Informationsstelle Militarisierung e. V. (IMI) weitere Aspekte der gefährlichen Militärstrategie dargelegt.

Die als weitere Zeugin beantragte Landesgeschäftsführerin des Naturschutzbundes (NABU) Sachsen-Anhalt, der selbst gegen die Übungsstadt Schnöggersburg geklagt hat, hätte die Aspekte des Naturschutzes einbringen können. Schließlich beeinträchtigen Bau und Betrieb die sensiblen Naturräume. Gesetzliche Verfahren mit Beteiligung der anerkannten Verbände, wie für Vorhaben dieser Größenordnung üblich, gab es nicht. Begründet wurde dies mit der Geheimhaltung und der Sonderrolle von Vorhaben der "Landesverteidigung".

Wir hätten durch unsere ZeugInnen gerichtsfest den offenen Völkerrechtsbruch und den Bruch des Grundgesetzes in unserer Heide durch Bundespolitik, Bundeswehr und NATO-Partner nachweisen können. Das hätte in der Folge Ermittlungen gegen die Rechtsbrecher durch den Generalbundesanwalt zwingend erfordert.

Dies wurde durch den Richter vereitelt!

Die Motivation der Handelnden wurde unzureichend berücksichtigt. Schließlich gibt es das Friedensgebot des Völkerrechts, welches über nationales Recht steht. Der Einsatz von Militär steht diesem Friedensgebot entgegen. Es handelt sich hier um keinen beliebigen Hausfriedensbruch. Ein rechtfertigender Notstand oder eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben wurde nicht gesehen. Sind nicht militärische Handlungen immer eine Gefahr für Leib und Leben? Zwar nicht am Ort des Hausfriedensbruches, aber in den entfernten Einsatzgebieten des Militärs?
Es bleibt zu hoffen, dass sich die nächsten Instanzen mit den politischen Aspekten der Taten im Zusammenhang mit den Rechtsbrüchen des Staates näher beschäftigen.

In den Hauptverhandlungen wurde betont, dass man seinen Protest mit den Mitteln der freien Meinungsäußerung und mit Versammlungen zum Ausdruck bringen kann, was bestimmt die Militärs und ihre AuftraggeberInnen sehr beeindruckt und zur Korrektur ihres Handelns bewegt.
Die Antwort auf die gerichtliche Auseinandersetzung können nur weitere Aktionen Zivilen Ungehorsams sein, die u. a. die Übungsstadt Schnöggersburg thematisieren.

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Helmut Adolf arbeitet seit deren Gründung im Jahr 1993 in der Bürgerinitiative OFFENe HEIDe und widmet sich dort der Öffentlichkeitsarbeit. Mehr Informationen unter: www.offeneheide.de