Keinen Euro für den fighter

von Jürgen Grässlin
Hintergrund
Hintergrund

Im Jahr 1991 beeinflußte die Dasa mit dem - an alle Bundestagsabge­ordneten verschickten - Positionspapier "8 Gute Gründe für EFA" die Entscheidung zugunsten der Fortführung des Projekts eines europäi­schen Jagdflugzeugs Jäger 90 (EFA) unter dem neuen Etikett "Eurofighter 2000" (NEFA). Das Rüstungs-Informationsbüro Baden-Württemberg (RIB) führt heute "8 Gute Gründe gegen den Eurofigh­ter" an, den im Herbst ist die entgültige Entscheidung für das Projekt im -Bundestag geplant. Die Argumente können auch als Flugblatt beim RIB in Freiburg bestellt werden.

1.    Der Eurofighter ist ein Fossil des Kalten Krieges

Ursprünglich als Abfangjäger gegen die sowjetische MiG-29 konzipiert, ist der Eurofighter ('Jäger 90') ein Relikt aus der Zeit der Blockkonfrontation. Seit 1990 hat sich die politische Situation grundlegend gewandelt. Selbst die Bun­deswehr muß zugeben, daß Deutschland ausschließlich von befreundeten Staaten umgeben ist. Ein Luftangriff auf das deutsche Territorium gilt heute als uto­pisch.

2.    Der Eurofighter dient als Instru­ment einer aggressiven Außenpoli­tik mit militärischen Mitteln

Der Eurofighter ist Teil einer qualita­tiven Aufrüstungswelle, die im Zusam­menhang mit der neuen NATO-Strate­gie und der Umstrukturierung der Bun­deswehr (Krisenreaktionskräfte) erfolgt. Der Eurofighter ist notwendiger Be­standteil der von der Bundesregierung angestrebten Außenpolitik mit militäri­schen Mitteln. Seine Beschaffung ist je­doch friedenspolitisch schädlich. Statt dessen sollte sich die Bundesregierung glaubwürdig an nicht-militärischer Kon­fliktvorbeugung beteiligen.

3.    Der Eurofighter ist nicht leistungs­fähiger als die heutige MiG-29

Was der Eurofighter können soll, das kann heute bereits die russische MiG-29, von der sich 24 Flugzeuge im Be­stand der Bundeswehr befinden. Gesetzt den Fall, wir bräuchten zur Landesver­teidigung tatsächlich neue Jagdflug­zeuge, dann könnten weitere MiG-29 problemlos und wesentlich kostengün­stiger aus Rußland bezogen werden.

4.    Nicht die militärische Luftfahrt gibt technologische Impulse für die Zivilluftfahrt, die Eurofighter-Technologie lebt vielmehr von zi­vilen Impulsen

Schon 1987 hat die Bundesregierung festgestellt, daß "der technologische spin-off-Effekt militärischer Entwick­lungen für den zivilen Bereich ver­gleichsweise gering einzuschätzen ist". Die militärische Luftfahrt profitiert von den Entwicklungen im zivilen Bereich. Der Eurofighter besitzt keine nennens­werte Impulsfunktion für den zivilen Flugzeugbau.

5.    Die tatsächlichen Kosten des Euro­fighters werden von der Hardthöhe und der Rüstungsindustrie nach unten manipuliert. Die Steuerzah­ler werden nachträglich zur Kasse gebeten, die Rüstungsindustrie profitiert von den Rüstungsexpor­ten

Im Bundeshaushalt sind für die nächsten Jahre 13,5 Milliarden DM für den Euro­fighter vorgesehen. Dabei sagt selbst der Bundesrechnungshof, daß mit Gesamt­kosten in Höhe von 30,6 Milliarden DM aus Steuermitteln zu rechnen ist. Die Rüstungsindustrie dagegen spekuliert auf eine Gewinnsteigerung durch den Export des Eurofighters, z.B. in den Na­hen Osten und nach Südostasien.

6.    Durch zivile Alternativproduktion könnten mit denselben Finanzmit­teln mehr Arbeitsplätze in Zu­kunftstechnologien geschaffen werden als in der Eurofighter-Fer­tigung. Im Sozialbereich läge die Zahl der Arbeitsplätze rund drei­mal so hoch

Mit den im Bundeshaushalt (viel zu niedrig) veranschlagten 13,5 Milliarden DM könnten ersatzweise langfristig mehr Arbeitsplätze in den entsprechen­den Industrien durch eine sinnvolle zi­vile Produktion (Verkehrstechnologie, dezentrale Stromversorgung, Energie­speicherung) gesichert werden. Im So­zial-, Erziehungs- und Pflegebereich könnten mit den Eurofighter-Geldern dreimal so viele neue Stellen geschaffen werden.

7.    Der Bau des Eurofighters würde den Umbau der militärischen Luft­fahrtindustrie auf zivile Fertigung (Konversion) für lange Zeit bloc­kieren. Dadurch verpassen die be­teiligten Firmen die Chance, den Weltmarkt mit innovativen zivilen Produkten zu erschließen. Künfti­ger Stellenabbau ist vorprogram­miert

Als größtes und teuerstes Rüstungspro­jekt in der europäischen Militärge­schichte bindet der Eurofighter Res­sourcen (Finanzen, technologisches Know-how etc.). Mit der Eurofighter-Produktion würden notwendige Struk­turveränderungen in der Rüstungsindu­strie für mindestens zweieinhalb Jahr­zehnte weitgehend verhindert. Auf ei­nem zunehmend ökologische Produkte nachfragenden Weltmarkt erhöht dies nicht die Attraktivität des Standorts Deutschland.

8.    Ein Verzicht auf den Eurofighter ist rechtlich möglich

Der Verzicht auf die Produktion des Eu­rofighters würde keine Ersatzzahlungen (Konventionalstrafen, Lohnersatzlei­stungen und dergleichen) nach sich zie­hen, da keinerlei vertragliche Ver­pflichtung besteht, den Eurofighter zu bauen. Spanien beispielsweise erwägt bereits den Ausstieg aus dem Eurofigh­ter-Programm.

Eurofighter stoppen - soziale Sicherheit schaffen

Die Bonner Hardthöhe hält weiterhin am "Eurofighter" fest, obwohl zahlrei­che internationale Fachleute das Jagd­flugzeug für strategisch unsinnig und ökonomisch unvernünftig halten. Sogar der Bundesrechnungshof hält die vom Bundesverteidigungsministerium und Lobbyisten der Rüstungsindustrie ge­machten Angaben über die Kosten des Eurofighters für unrealistisch. Laut Bundesrechnungshof müsse mit einem Stückpreis von mindestens 170 Mio. DM gerechnet werden - d.h. über 30 Milliarden DM Gesamtkosten für 180 Flugzeuge!

Wir können und wollen uns den sünd­haft teuren Eurofighter nicht leisten. Das Geld wird dringend gebraucht: für die Schaffung sinnvoller ziviler Ar­beitsplätze, für den Erhalt und Ausbau des Sozial- und Pflegebereichs sowie des Bildungswesens.

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Jürgen Grässlin ist Sprecher der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!«, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Sprecher der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD) und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.).