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Das Zentrum für Regionale Konversion e.V.
Konversionserfahrungen in Berlin und im Land Brandenburg
vonIn den jetzigen ostdeutschen Ländern entwickelt der Abbau verschiedener militärischer Einrichtungen der NVA sowie der Abzug der GUS-Streitkräfte seit 1990 eine beispiellose Dynamik. Zwar war Abrüstung für zivile Entwicklung von der Friedensbewegung der DDR mit dem Ziel Schwerter zu Pflugscharen immer wieder gefordert worden, aber die praktische Umsetzung von Konversion erweist sich jetzt besonders unter den Bedingungen des allgemeinen Strukturwandels, ja eines allumfassenden Umbruchs, als sehr kompliziert. Heute wird deutlich, daß die Abwicklung dieses Prozesses statt der erhofften Abrüstung für Entwicklung mehr nach dem Muster Abrüstung durch Export vor sich geht.
Immerhin wurde im letzten DDR-"Ministerium für Abrüstung und Verteidigung" unter Eppelmann, bei aller Widersprüchlichkeit der damaligen Entwicklungen im einzelnen, ein Bereich eingerichtet, der sich intensiv mit den Fragen der Konversion befasste und einen Konversionsgesetzentwurf in die Volkskammer ein- brachte. Das Gesetz wurde jedoch vor dem Beitritt zur Bundesrepublik nicht mehr verabschiedet.
Um die Aufgabenstellungen der Konversion auf anderer Ebene weiterzuverfolgen, war bereits im Frühjahr 1990 bei Mitgliedern der Frie- densbewegung und KonversionsmitarbeiterInnen des Eppelmann-Ministeriums die Idee zur Gründung eines Instituts für Regionale Konversion entstanden.
Am 9.5.1990 wurde das Institut (der Vorgänger des heutigen Zentrums für Regionale Konversion e.V.), in Ost-Berlin von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen aus den beiden ehemaligen deutschen Staaten gegründet.
Zur Abwendung der Gefahr regionaler Strukturkrisen, sozialer Konfliktverschärfung und ökologischer Belastungen, wurde vorgeschlagen, daß (neben der Schaffung internationaler und nationaler Rahmenbedingungen für die Konversion) die verschiedenen betroffenen Bevölkerungsgruppen in einem Diskussions- und Umgestaltungsprozess die Entwicklung ihrer Region selbst bestimmen sollten.
»Sie müssen dafür ihr eigenes gestalterisches Potential erkennen und entfalten. Nur eine Abrüstung von unten kann den anstehenden demokratischen und ökologischen Zukunftsanforderungen für unsere Gesellschaften gerecht werden.« (Gründungsdokument)
Das Institut stellte sich zur Aufgabe, die Entwicklung eines solchen regionalen Entwicklungspotentials zu fördern und entsprechende Modelle für die regionale Konversion zu erarbeiten bzw. wissenschaftlich zu begleiten.
Im Herbst 1990 begann dann der schwierige Weg der Institutionalisierung der Projektarbeit. Schließlich erfolgte Anfang 1991 die Eintragung als Verein unter der Bezeichnung Zentrum für Regionale Konversion e.V.. Damit war auch die Möglichkeit gegeben, über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen eine erste Arbeitsfähigkeit zu erlangen.
Erste Arbeitsergebnisse einer Projektgruppe Konversionsatlas Berlin in Zusammenarbeit mit der Berghof-Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung gab es allerdings bereits im November 1990 in Gestalt einer Broschüre unter dem Titel Berlin zivil. Sie enthielt eine Liste der militärischen und paramilitärischen Liegenschaften in Ost- und West-Berlin sowie ausgewählte Beispiele für eine mehr oder weniger gelungene Überführung in zivile Nutzung.
Im Frühjahr 1991 war es die Region Strausberg (u.a. der Sitz des ehemaligen DDR-Verteidigungsministeriums) für die Konversionsobjekte und die Konversionsauswirkungen in einer Ausgangsanalyse Konversion in der Region Strausberg im Auftrag des Landrates dargestellt wurden.
Auch sie enthielt die komplexe Beschreibung aller dortigen militärischen und paramilitärischen Liegenschaften. Außerdem wurde die Arbeitsmarktsituation dieser bisher weitgehend von den drei Teilbereichen Militär, Landwirtschaft und Berlin-Pendler dominierten Region einer Analyse unterzogen. Als Schlussfolgerung wurde auf die außerordentliche Chance freiwerdender militärischer Liegenschaften und zahlreicher qualifizierter Arbeitskräfte für die verschiedenen Regionalentwicklungserfordernisse (Gewerbeansiedlung, Tourismus, Lösung von Wohnungsproblemen, ökologische Landschaftsplanung, Verbesserung der Infrastruktur) hingewiesen. Gleichzeitig wurden auch die enormen Hemmnisse in diesem Prozess benannt (insbesondere unklare Eigentumsverhältnisse, Übergabe zu unannehmbaren Bedingungen, z.B. hohe Preise, unerforschte Altlasten). Eine Koordinierungsgruppe Regionale Konversion und Strukturentwicklung aus Vertretern verschiedener Interessengruppen konnte als Diskussionsforum ins Leben gerufen werden.
Eine ähnliche Studie ist zurzeit für die Region Bad Freienwalde in Arbeit. Hier spielen u.a. besonders militärische Altlasten der abziehenden GUS-Streitkräfte eine Rolle für die weitere Entwicklung der Kreisstadt als Kurort.
Aus der regionalen Betrachtungsweise weiterer sehr unterschiedlicher Regionen des Landes Brandenburg entsteht ein komplexes Bild der notwendigen Konversionsanforderungen.
Deshalb baut das ZfRK gegenwärtig mit Unterstützung der Landesregierung ein Netz von Sachverständigen für Strukturentwicklung und Konversion im Land Brandenburg auf.
Notwendige Ausbildungskurse für die Mitarbeiter des Netzwerkes wurden zusammen mit dem Berufsfortbildungswerk des DGB vorbereitet.
Gleichzeitig im Aufbau befinden sich Kommunale Beratungsdienste für Regionale Konversion in den Ländern Berlin und Brandenburg.
Hier gibt es auch eine gute Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen, und ein Rundbrief ist in Vorbereitung.
In Arbeit sind außerdem u.a. folgende Projekte ein Lehrgang für Angehörige der Westgruppe der ehemaligen sowjetischen Streitkräfte zu Konversions- und Umweltberatern der Aufbau eines Institutes für Regionale Konversion und politische Bildung (mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung) die Erarbeitung eines Curriculums Kreative Konfliktlösungen im Zusammenhang mit Konversion.
Die Umbruchsituation bringt es mit sich, daß an den gesamten regionalen Planungsprozess in den neuen Ländern hohe Anforderungen gestellt werden. Das betrifft sowohl dessen komplexe fachliche Durchdringung (besonders im Hinblick auf soziale und ökologische Ziele), als auch seine demokratische, bürgernahe Gestaltung.
In diesem vielschichtigen Prozess praxisnah Hilfe und Unterstützung zu geben, das hat sich zu einem der Hauptinhalte unserer Arbeit entwickelt, und wir sehen weiterhin langfristig großen Handlungsbedarf. Dabei sind wir in jeder Hinsicht auf Unterstützung und Zusammenarbeit angewiesen.