Ein Bericht

Koordinationstreffen zur Unterstützung von Deserteuren aus dem ehemaligen Jugoslawien

von Rudi Friedrich
Initiativen
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Am 5. Juni trafen sich in Kassel VertreterInnen von ca. 10 Gruppen, die vor Ort Deserteure aus dem ehemaligen Jugoslawien unterstützen, Auf­rufe für ein Bleiberecht initiierten oder auch einfach Interesse an einer zukünftigen Arbeit für diese Gruppe von Flüchtlingen haben. Einig wa­ren sich die TeilnehmerInnen über den Hintergrund dieser Arbeit. De­serteure entscheiden sich individuell gegen eine Teilnahme am Krieg.

Ihre Ablehnung des Krieges gilt es zu unterstützen, um damit zugleich selbst auch einen Beitrag gegen diesen Krieg zu leisten. Öffentlichkeitsarbeit mit der Forderung nach einem unbefristeten Bleiberecht als einem Teil der Arbeit wird durch die praktische Hilfe einiger Be­troffener ergänzt. Lösen ließe sich das Problem aber nur auf der politischen Ebene. Die verschiedentlich initiierten Aufrufe erwiesen sich dabei vor allen Dingen als Mittel zum Zweck - um dar­über Öffentlichkeit herzustellen. Viele Unterschriften konnten bislang nicht ge­sammelt werden, wie zum Teil erhofft wurde.

Kroatische Flüchtlinge haben derzeit die Bundesrepublik zu verlassen, da ihre Duldungen seit Mai 1994 auslaufen. Unter ihnen sind auch viele Deserteure, die damit einer unsicheren Situation in Kroatien ausgesetzt werden. Immer noch gibt es kroatische Einheiten in Bosnien und einen Krieg auf niedriger Intensität zwischen serbischen und kroatischen Einheiten. Sie haben nach wie vor die Einberufung in die Armee zu befürchten und sind damit auch der Gefahr ausgesetzt, im Krieg eingesetzt zu werden.

Deserteure aus Rest-Jugoslawien wer­den abgeschoben. Die Bürgerinitiative Asyl aus Regensburg berichtete von Ab­schiebungen nach Tschechien mit dem Zug. Bekannt wurden auch Abschie­bungen von Kosovo-Albanern über Tirana/Albanien.

Wie können wir gegen diese Abschie­bungen aktiv werden? - dies war eine wichtige Frage auf dem Treffen. So wurden Aktionsideen bei bekanntwer­denden Abschiebungen vorgestellt, wie sie z.B. schon in Düsseldorf auf dem Flughafen stattgefunden haben. Es ging aber auch darum, in einzelnen Fällen die Abschiebung zu verhindern. Die von den Gruppen zum Teil angebotene Be­ratung gibt in vielen Fällen den Flücht­lingen erst die Chance, die rechtlichen Möglichkeiten auch in Anspruch zu nehmen und gegen die Willkür von Be­hörden und Innenministerien vorzuge­hen. Das Grundproblem dabei ist, daß wir zwar. Vielen, die zu uns kommen, helfen können, nicht aber den vielen an­deren für uns Namenlosen. Abschiebe­haft, Gettoisierung u.a. Maßnahmen gegenüber Flüchtlingen muß von unse­rer Seite praktisch und politisch entge­gengetreten werden, schon allein, damit wir die Chance haben, in Kontakt mit den Flüchtlingen zu kommen. Ausführ­lich diskutiert wurden Privatasyl, das "Projekt Zuflucht" und Kirchenasyl als Möglichkeiten, wenn alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um damit in einzelnen Fällen z.B. schon rechtsgültig beendete Asylverfahren wiederaufzunehmen. Klar wurde aber auch, daß der illegale Aufenthalt der Flüchtlinge keine langfristige Perspek­tive darstellt, lediglich eine Atempause schafft, um dadurch über Druck von Gruppen und Öffentlichkeit gegenüber Behörden eine erneute Prüfung im Rahmen der bestehenden Aufenthalts­möglichkeiten in der Bundesrepublik zu erzwingen. Für einzelne Flüchtlinge, de­ren Bedrohung in ihren Herkunftslän­dern gut dargestellt werden kann, stellt dies eine realistische Möglichkeit dar.

Grundlage einer solchen Arbeit muß aber die Qualifizierung der Unterstütze­rInnen sein. Selbst Anwälten sind kei­neswegs alle Hintergründe bekannt. Hier wurde auf dem Treffen immer wieder deutlich gemacht, daß auch zur speziellen Gruppe der Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus dem ehe­maligen Jugoslawien, aber auch aus an­deren Kriegsgebieten eine Anlaufstelle für Rechtsanwälte oder für Gruppen notwendig ist, bei der sie stichhaltige Hintergrundinformationen erhalten kön­nen. Die AG "KDV im Krieg" bot dies auf dem Treffen an, hingewiesen wurde auch auf die Berichterstattung von AIM (in Englisch bei: AIM, 13 Rue Gazan, F-75014 Paris) mit vielen Informationen, die sonst nicht zugänglich sind.

Als konkretes Ergebnis wurde von den Anwesenden vereinbart, in Zukunft in Fällen von drohender Abschiebung (z.B. bei Abschiebehaft) oder für Aktionen bei Abschiebungen ein Alarmnetz aus­zulösen. Grundlage dieses Alarmnetzes sollen die anwesenden Gruppen des Treffens sein.

 

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