15. Mai - Internationaler KDV-Tag in Griechenland

Kriegsdienstverweigerer in Griechenland noch immer diskriminiert

von Andreas Speck

Nur aufgrund internationalen Drucks hat Griechenland im Jahr 1997 ein erstes, wenn auch sehr unbefriedigendes, KDV-Gesetz verabschiedet. Sehr viel hat sich seitdem jedoch nicht geändert, vor allem nicht für politisch motivierte Kriegsdienstverweigerer. Nach einem langen und bürokratischen Anerkennungsverfahren, dass viel zu oft mit Nicht-Anerkennung endet, sehen sie sich entweder einem viel zu langem zivilen Ersatzdienst gegenüber (23 Monate anstatt von 12 Monaten Militärdienst), oder aber bei Nichtanerkennung regelmäßiger Anklagen wegen Wehrdienstentziehung. Dazu kommt, dass zahlreiche "Altfälle" weiterhin ungelöst bleiben - so z.B. der Fall von Lazaros Petromelidis, der im Dezember in Abwesenheit zu 2 Jahren Haft verurteilt wurde. Viele der ersten Kriegsdienstverweigerer leben weiterhin halblegal, unter ständiger Gefahr, verhaftet zu werden.

Die War Resisters` International hat aus diesen Gründen Griechenland als Schwerpunktland der Aktivitäten zum 15. Mai ausgewählt. Ein zusätzlicher Faktor war dabei, dass das UN-Menschenrechtskomitee im März den Menschenrechtsbericht Griechenlands diskutierte. Als Teil der WRI-Kampagne zum 15. Mai wurde daher ein Bericht zum Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung an das UN-Menschenrechtskomitee erstellt. Kat Barton, Friedensarbeiterin der britischen Quäker bei der WRI, die den Bericht erstellt hat, präsentierte die wichtigsten Schlussfolgerungen bei der Eröffnungssitzung des Menschenrechtskomitees in New York am 14. März. Aus den Berichten zu den Diskussionen des Menschenrechtskomitees wird deutlich, dass der Bericht der WRI zur Kenntnis genommen wurde, und das Komitee hat in seinen Schlussfolgerungen auch zwei wichtige Punkte - die Länge des zivilen Ersatzdienstes sowie die Tatsache, dass das Anerkennungsverfahren unter der Aufsicht des Verteidigungsministeriums erfolgt - herausgegriffen.

Als Höhepunkt der Aktivitäten hatten die WRI und der Verein griechischer Kriegsdienstverweigerer ein internationales Gewaltfreiheitstraining sowie eine internationale Aktion am 15. Mai in Thessaloniki organisiert. KDV-AktivistInnen aus Griechenland trafen sich mit AktivistInnen aus Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Großbritannien, Israel, Kroatien, Mazedonien, Serbien & Montenegro, Spanien, und den USA, diskutierten über und trainierten Gewaltfreiheit, und planten eine gemeinsame Aktion.

Die Aktion begann am Mahnmal für den Mord am griechischen Friedensaktivisten Grigoris Lambrakis in 1963. Ein zerbrochenes Gewehr wurde Lambrakis in die Hände gelegt, und ein Demonstrationszug mit vier gefesselten Kriegsdienstverweigerern setzte sich vom Monument aus in Bewegung. Nach einem Zwischenstop endete der Zug eine Stunde später am Offiziersclub von Thessaloniki, wo eine symbolische Gerichtsverhandlung gegen die Kriegsdienstverweigerer stattfand, mit Kriegsdienstverweigerern aus zahlreichen Ländern als Zeugen der Verteidigung. Überraschend ordnete die Richterin die Freilassung der KDVer an, da das griechische KDV-Recht nicht internationalen Standards entspricht und daher eine Verletzung von Artikel 18 des Internationalen Zivilpaktes darstellt. Die Aktion endete mit Food Not Bombs, der kostenlosen Verteilung veganen Essens vor dem Offiziersclub.

Ob diese internationalen Aktivitäten genug Druck ausüben können, wird sich in der Zukunft zeigen. Derzeit sind die Signale gemischt. Im April wurden zwei Zeugen Jehovahs die nach Ableistung des Militärdienstes den Reservedienst verweigerten entgegen griechischer Rechtslage von Militärgerichten freigesprochen. In der Woche vor dem 15. Mai wurde jedoch ein weiterer Zeuge Jehovahs, der vor Jahrzehnten aus Griechenland geflohen war, bei einem Besuch von der Polizei verhaftet, und befindet sich derzeit aufgrund eines jahrzehntealten Haftbefehls wegen Wehrdienstentziehung in Haft. Die Antwort Griechenlands auf die Schlussfolgerungen des UN-Menschenrechtskomitees lassen ebenfalls wenig positive Einsicht erkennen - Druck ist also weiterhin von Nöten.

Kontakt: War Resisters` International, 5 Caledonian Rd, London N1 9DX, Grossbritannien, Tel 0044-20-7278 4040, Fax 0044-20-7278 0444, email andreas [at] wri-irg [dot] org Internet: http://wri-irg.org/de

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Friedensbewegung international
Andreas Speck war Pressesprecher von Action AWE während des Burghfield Disarmament Camp. Seit Mitte September lebt er in Sevilla und engagiert sich im Red Antimilitarista y Noviolenta de Andalucia (RANA). mail@andreasspeck.info, http://andreasspeck.info