Konfliktbarometer

Krisen und Kriege 2017

von Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung

Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) präsentierte mit dem neuen Conflict Barometer 2016 seine aktuellen Daten und Analysen zum globalen Konfliktgeschehen im vergangenen Jahr. Das HIIK zählte insgesamt 402 Konflikte, von denen 225 unter Gewalteinsatz ausgetragen wurden. Mit 19 blieb die Anzahl der Kriege im Vergleich zum Vorjahr abermals konstant, während sich die Anzahl der begrenzten Kriege auf 19 verringerte.

Für 2016 verzeichnete das HIIK drei neue Kriege: In der Türkei eskalierte der Oppositionskonflikt in Folge des Putschversuches gegen Präsident Erdogan durch Teile der türkischen Armee. In Syrien kam es trotz des gemeinsamen Kampfes gegen die Regierung von Präsident Assad und dem sogenannten Islamischen Staat (IS) zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen oppositionellen Gruppen und islamistischen Gruppierungen wie Jabhat al-Nusra. Im Jemen führten Gebietseroberungen und gegenseitige Angriffe zwischen der islamistischen Organisation al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) und Militäreinheiten der Regierung zu einer Eskalation des seit 1992 bestehenden Konfliktes. Weitere 16 Kriege wurden mit unveränderter Gewaltintensität ausgetragen, während u.a. der Krieg auf den Philippinen deeskalierte.

In der Region Sub-Sahara Afrika fanden 2016 die meisten hochgewaltsamen Konflikte statt. Insgesamt kam es in 8 der 48 Staaten des subsaharischen Afrikas zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und Anschlägen, die zu hohen Todes- und Flüchtlingszahlen führten.

Neben dem anhaltenden Kriegszustand um die terroristische Gruppierung Boko Haram in Nigeria und anliegenden Staaten, fasste das HIIK die Aktivitäten der islamistischen Gruppierung al-Qaida im islamischen Maghreb (AQIM) in Mali, Niger, Burkina Faso sowie Ländern des Maghreb auch zu einem weiteren transstaatlichen Konflikt zusammen.

Die Bürgerkriege im sudanesischen Darfur und Somalia hielten auch nach über zehn Jahren unvermindert an. Der islamistischen Gruppierung al-Shabaab gelang es, die Kontrolle in Teilen Somalias wiederzuerlangen, obwohl die Regierung im Kampf militärische Unterstützung von den USA, der EU und der Afrikanischen Union erhielt.

Die Region des Vorderen und Mittleren Orients und Maghreb (MENA) zählte 2016 die meisten Kriege, wobei Syrien mit drei Kriegen am stärksten betroffen war.

Der Kampf gegen die Taliban und weitere islamistische Gruppen in Afghanistan forderte 2016 mindestens 11.400 zivile Todesopfer, wobei ein Großteil der Opfer durch militärische Angriffe, Selbstmordanschläge und Sprengfallen getötet wurde.

Im Jemen führten Luftangriffe der saudi-arabischen Militärkoalition zu weiteren hohen Todeszahlen. Seit Beginn des Bürgerkrieges sind laut offiziellen Angaben mindestens 10.000 Menschen getötet worden und fast 19 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Die Region Asien und Ozeanien zählte mit 123 die meisten beobachteten Konflikte, wobei viele auf einem nicht- oder gering gewaltsamen Level stattfanden. In Pakistan jährte sich der Krieg zwischen verschiedenen islamistischen Gruppen und der Regierung zum zehnten Mal. Zudem verschlechterten sich die diplomatischen Beziehungen zwischen Pakistan und Indien und es kam erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Grenzregion Kashmir, bei denen 83 Menschen starben.

Zu weiteren diplomatischen Spannungen zwischen asiatischen Staaten kam es außerdem zwischen der Volksrepublik China und der Republik China (Taiwan) und zwischen Nordkorea und Südkorea sowie den USA. Nach erneuten Raketentests Nordkoreas entschieden sich die südkoreanische und amerikanische Regierung für die Stationierung eines hochleistungsfähigen Raketenabwehrsystems in Südkorea.

In Nord- und Südamerika wurde der Drogenkonflikt zwischen mexikanischen Kartellen und der Regierung des Landes weiterhin als einziger Kriegszustand beobachtet. Weitere hochgewaltsame Konflikte fanden 2016 in Brasilien, El Salvador und Kolumbien statt.

Während der Konflikt zwischen der Guerillabewegung FARC und der kolumbianischen Regierung nach begonnenen Friedensverhandlungen auf ein gering-gewaltsames Niveau absank, entwickelte sich der Konflikt zwischen der Nationalen Befreiungsarmee ELN und der Regierung zu einem begrenzten Krieg, als letztere mit Luftangriffen und Bodentruppen gegen ELN-Stellungen vorging.

Weitere Konflikteskalationen konnten in Brasilien beobachtet werden, wo Kämpfe zwischen Sicherheitskräften und Mitgliedern von Organisationen des illegalen Drogenhandels zu über 400 Toten führten.

In Europa zählte der anhaltende Kriegszustand in der Donbas-Region der Ukraine nach wie vor als einziger hochgewaltsamer Konflikt. Die Konfliktparteien beschuldigten sich des wiederholten Verstoßes gegen die Waffenruhe und der Begehung von Kriegsverbrechen.

Weitere gewaltsame Konflikte in Europa konnten u.a. in den Oppositionskonflikten in Russland und Moldawien, in Konflikten mit fremdenfeindlichem Hintergrund in Deutschland und Schweden, sowie zwischen links- und rechtsextremen Gruppen in Griechenland beobachtet werden.

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Krisen und Kriege
Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) widmet sich seit 1990 der Erforschung, Dokumentation und Auswertung inner-, zwischen-, trans- und substaatlicher Konflikte weltweit. Das jährlich erscheinende Conflict Barometer gibt einen Überblick über die aktuelle Entwicklung gewaltsamer und nicht-gewaltsamer Konflikte. Die aktuelle Publikation kann unter www.hiik.de kostenlos heruntergeladen werden.