Liberale Traditionen nicht völlig verschüttet

von Bettina Theek
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Eine normale Einwanderung ist faktisch nur noch aus anderen EG-Ländern per Hei­rat oder auf dem Weg der Familienzu­sammenfüh­rung möglich. Etwa 51.000 Menschen sind seit 1956 in Dänemark als Flüchtlinge anerkannt worden oder haben eine Aufent­haltserlaubnis erhal­ten. Viele von ihnen sind inzwischen dänische Staatsbürger geworden - nach sechs Jahren Aufent­halt in Dänemark ist die Einbürgerung möglich - haben geheiratet, sind wegge­zogen oder ge­storben.

Prüfungszeit - 10 Monate

Die meisten Ausländer kommen heute als sogenannte "spontane Flüchtlinge" entwe­der per Flugzeug oder nach einer langen, teuren und kräftezehrenden Flucht nach Dänemark. Sie werden in Asylbewerber­heimen des Dänischen Roten Kreuzes untergebracht, solange ihr Antrag auf Asyl bearbeitet wird. Aber nicht alle schaffen es überhaupt soweit. In den letzten 5 Jahren sind 7600 Flüchtlinge wegen fehlender gül­tiger Reisedokumente sofort an den Grenzen abgewiesen und in die Transit­län­der zurückgeschickt worden, die meisten an der deutsch-dänischen Grenze.

Die Bearbeitung von Asylanträgen durch das dänische Flüchtlingsdirek­torat dauert im Durchschnitt 10 Mona­te. Eine kleine Anzahl "offensichtlich unbegrün­deter" Anträge wird jedoch schneller geprüft, was eine rasche Ausweisung zur Folge hat.

Wer die normale Bearbeitungsprozedur übersteht und einen negativen Bescheid bekommt, kann sich mit einer Klage an den dänischen Flüchtlingsausschuss wenden. Dieses 1983 gebildete Gre­mium besteht aus Vertretern von Mini­sterien, der Organisa­tion "Dänische Flüchtlingshilfe" und der dänischen Anwaltskammer. Von diesem Ausschuss getroffene Entscheidungen ha­ben end­gültige Wirkung. Allerdings ist aus hu­manitären Gründen die Aussetzung der Abschiebung möglich. 1992 betraf das aber nur 123 Personen. Dann sind da noch die rund 2000 Menschen, deren Anträge bisher pro Jahr abgelehnt wur­den. Etwa 400 von ihnen sind illegal geblieben. Andere versu­chen Schein­ehen einzugehen.

Basis für die Bearbeitung und Entschei­dung von Asylanträgen ist die Genfer Flüchtlingskonvention. Außerdem wer­den jährlich etwa 500 sogenannte "Quo­tenflüchtlinge" nach entsprechen­den Verein­barungen mit dem UNO-Hoch­kommissar für Flüchtlingsfragen aufge­nommen. Auch die dänischen Bot­schaften im Ausland nehmen Asyl­anträge entgegen. Die Chancen, auf diese Weise nach Dänemark zu gelan­gen, stehen aber eher schlecht: So wur­den im vergangenen Jahr von 6.185 ge­stellten Anträgen nur 157 positiv be­schieden. Seit Beginn des Bürgerkrie­ges hat Dänemark auch etwa 13.000 Flüchtlin­ge aus dem ehemaligen Ju­goslawien aufge­nommen. Etwa 9000 von ihnen haben in­zwischen einen "vor­läufigen Asylstatus", der jeweils für ein halbes Jahr gewährt wird und bis auf zwei Jahre verlängert werden kann.

Nach dem Abschluß des Asylverfahrens beginnt ein 18-monatiges Betreuungs­pro­gramm, das den Flüchtlingen die Integrati­on in die dänische Gesell­schaft erleichtern soll. Die "Dänische Flücht­lingshilfe", ein Zusammenschluss ver­schiedener sozial engagierter Orga­ni­sationen, verantwortet diese vom Sozi­alministerium finanzierte Arbeit. Das Integrationsprogramm bietet neben Dä­nischunterricht und Kursen zur däni­schen Kultur und Gesellschaft auch Hilfe bei der Wohnungssuche, Studien- und Berufsberatung sowie berufsorien­tierte Lehrgänge. Jeder Ausländer mit Aufent­haltserlaubnis ist sozialhilfebe­rechtigt.

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