Interview

"Lieferung von ´Fuchs`-Panzern an Saudi-Arabien war ein Bruch gesetzlicher Bestimmungen"

von Thomas Klein
Hintergrund
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Vieles bei der CDU-Schmier- und Schwarzgeld-Affäre ist so, wie sich Klein-Fritzchen und Klein-Erna Politik und Korruption vorstellen. Gespräch zwischen Thomas Klein und Hans-Christian Ströbele (MdB, Grüne) zum Stand der Ermittlungen im Spenden-Untersuchungsausschuss.

Klein: Ist die Entscheidung aus dem Jahr 1991 (der Bundessicherheitsrat genehmigte die Ausfuhr von "Fuchs"-Panzern an Saudi-Arabien, d. Red.) nicht auch ein Bruch der gesetzlichen Bestimmungen gewesen, nach denen keine Rüstungsgüter in Krisen- und Spannungsgebiete geliefert werden dürfen?

Ströbele: Ja, so ist es. Die besondere Situation wegen der Bedrohung durch den Irak sollte die Ausnahme rechtfertigen. Die Entscheidung zur Lieferung von Spürpanzern nach Saudi-Arabien wurde offiziell mit den Verpflichtungen der Bundesregierung Deutschland zum Beistand der alliierten Truppen im Golf-Krieg begründet.

Es gibt im Rahmen der Untersuchungen Hinweise aus aufgefundenen Akten im Kanzleramt, dass der Waffenhändler Schreiber eine Firma in Kanada gründete, die von der Firma Thyssen als "Brückenkopf" zur Rüstungsproduktion im gegenüber Rüstungsexporten weniger restriktiven Kanada genutzt werden sollte, und dass hierbei neben dem langjährigen Schatzmeister der CDU, Leisler Kiep, auch Mitglieder der Bundesregierung sowie der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Schäuble eingeschaltet waren.

Klein: Nach Angaben von Helmut Kohl hat ihn der ehemalige US-Außenminister Baker gebeten oder gar gedrängt, Saudi-Arabien die "Fuchs"-Panzer zu liefern. Bereits im September 1990 habe er Baker zugesagt, eine entsprechende Entscheidung zu treffen. Halten Sie es für plausibel, dass die Entscheidung weniger durch umfangreiche Schmiergeldzahlungen von saudi-arabischer Seite, sondern viel mehr durch Bitten oder Druck der US-Administration so zustande kam?

Ströbele: Der Ausschuss wird sich dieser Frage ab Herbst annehmen. Es gibt aber gewichtige Hinweise in den Akten, dass die Angaben des Altbundeskanzlers Dr. Kohl nicht zutreffen. Die Protokolle über die Gespräche mit Baker enthalten z.B. dazu nichts. Und noch im November 1990 hat der deutsche Verteidigungsminister Stoltenberg auch im Namen des Bundeskanzlers erklärt, dass solche Lieferungen an die Saudis nicht beabsichtigt seien.
 

Klein: Gibt es aus den USA irgendwelche Bestätigungen für Kohls Version? Immerhin erklärt der ehemalige Bundeskanzler, dass er die ablehnende Haltung bzw. die mindestens bestehenden Bedenken Genschers im Bundessicherheitsrat bezüglich einer Panzerlieferung an Saudi-Arabien und die gesetzlichen Bestimmungen der Bundesrepublik beim Rüstungsexport hinten angestellt und letztlich den Bitten der US- Regierung entsprochen hat!

Ströbele: Unter Umständen muss in Berlin und in Augsburg auch der ein oder andere Zeuge aus den USA gehört werden, so wie wir zum Bereich des Verkaufs Leuna/Minol an den französischen Konzern Elf auch den ein oder anderen Zeugen aus Frankreich hören müssen. Die genaueren Umstände des Prozesses bis zur Entscheidung des Bundessicherheitsrates sind nebulös und zum Teil nicht nachvollziehbar. Soll man z.B. der Aussage von Altbundeskanzler Kohl Glauben schenken, er habe Baker in einem 4-Augen-Gespräch im September 1990 die Lieferung von Fuchs- Panzern nach Saudi-Arabien in Aussicht gestellt, wenn er 3 Tage (!) nach diesem Gespräch den insoweit zuständigen und amtierenden Verteidigungsminister Stoltenberg in gleich 2 Schreiben zum Gespräch mit Baker über seine Fuchs-Zusage in Unkenntnis ließ und Stoltenberg wenige Zeit später die Lieferung ablehnte?

Klein: Bereits 1984 hat die New York Times berichtet, dass Saddam Hussein versucht mit maßgeblicher Unterstützung deutscher Firmen ein Giftgas- und Raketenproduktionsprogramm zu realisieren. Dieser Artikel griff damals auf US-Regierungsinformationen zurück und kann als Versuch gewertet werden, Druck auf die deutsche Regierung auszuüben. Doch statt gegen die in dem Artikel genannten deutschen Firmen vorzugehen und die weitere Aufrüstung Iraks zu unterbinden, hat die Kohl-Genscher, später Kohl-Kinkel lange tatenlos zugesehen, wie Saddam Hussein zu einem letztlich sogar mit Giftgas und Israel bedrohenden Waffen (mittels Scud-Raketen, die aufgrund der ´Nachrüstungshilfen` aus Deutschland, auch auf israelisches Territorium abgeschossen werden konnten) ausgestatteten Kriegsherr wurde. Halten Sie es für plausibel, dass Kohl also etwas "gut machen musste", im Grunde politisch erpressbar gewesen ist?

Ströbele: Ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass die damalige Bundesregierung in ihrer Haltung der USA gegenüber nicht das Maß an innerer Freiheit verfügte, wie diese bei solch schwerwiegenden Entscheidungen nötig ist.

Das Interview wurde von der Redaktion leicht gekürzt.

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