6x jährlich erscheint unser Magazin "FriedensForum" und berichtet über Aktionen und Themen der Friedensbewegung. Gerne schicken wir dir ein kostenfreies Probeexemplar zu. Sichere dir hier dein Probeheft zum Thema "(Um-)Weltkrisen".
Neue Generation: Ein demokratischeres System schaffen
Nachfolge der Letzten Generation: Neue Generation
von
Wir sind nicht mehr die Letzte Generation vor der Klimakrise. Wir stecken mittendrin. Und wenn die Situation sich verändert, muss auch der Protest sich verändern.
So standen wir als Letzte Generation Ende 2024 da. Blickten zurück auf ein erneutes Jahr der Temperaturrekorde, ein Jahr voller Extremwetterereignisse, die weltweit tausende Leben gekostet hatten. Wir hatten Alarm geschlagen, es mit unserem Protest an jeden Abendbrottisch des Landes geschafft und damit die Dramatik der Klimakrise dorthin getragen. Heute kann niemand mehr sagen, er habe nicht gewusst, wie schlimm es um das Weltklima steht, er habe nicht gewusst, mit welcher Gewalt die Folgen sich auch auf unser privilegiertes Leben auswirken würden.
Die Klimakrise ist kein Wissensproblem. Sie ist ein Handlungsproblem und nicht zuletzt ein Systemproblem.
Wie oft wurde der Letzten Generation vorgeworfen, wir würden mit unserem Protest nur so kleine Schritte fordern: Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen, ein Gesetz zum Retten noch genießbarer Lebensmittel, keine neuen Bohrungen von Öl in der Nordsee. Dabei wären genau diese Schritte die ersten kleinen Sicherheitsmaßnahmen gewesen. Sie hätte uns als Gesellschaft das Signal geben können, dass sich um unsere Zukunft geschert wird, dass die Regierung etwas tut. Doch gemeinsam mussten wir feststellen: Nicht einmal die kleinsten Schritte ist die Regierung bereit zu tun, sie bricht unsere Verfassung, verletzt die Grundrechte der Menschen in diesem Land und treibt ununterbrochen einen Zerstörungskurs voran. Die neue Regierung noch mehr als die alte.
Im Umgang mit der Letzten Generation, einer friedlichen Protestbewegung, die auf dem Boden der Grundrechte steht, hat unser politisches System sich entlarvt. Als es Horden an Polizist*innen in unsere Wohnungen stürmen ließ, als es die Anklage der Bildung einer kriminellen Vereinigung für sinnvoller hielt als den Protest zu beenden, indem es sich an seine eigenen Gesetze hält. Wenn der friedliche Bote der schlechten Nachrichten unterdrückt werden soll, statt auf die Nachricht zu reagieren, dann geht uns das alle etwas an. Denn dann versagt hier ein System, uns zu schützen, dann handelt die Regierung nicht in unserem Namen.
Unser Fazit: Niemand wird kommen und uns retten, keine Regierung der Welt ist in der Lage dazu. Die Klimakrise wird zu unserer Lebensrealität, die unser Miteinander prägt, die uns Herausforderungen stellen stellt, die wir uns hier in Deutschland heute kaum vorstellen können. Wandel ist unumgänglich.
Zwei Säulen der Arbeit
Die Neue Generation möchte genau dem begegnen. Wir entwickeln uns weiter und stellen neben das Alarmschlagen und unserem Protest eine zweite Säule. Unser Protest unterbricht den Alltag, stellt sich jenen in den Weg, die die Zerstörung vorantreiben und erzählt von der Krise. Wir mischen uns ein.
Daneben schaffen wir eine gemeinsame neue Art der Demokratie. Denn wenn unser politisches System von den Reichen und Rechten gekapert wurde, müssen wir uns ein neues, stärkeres, demokratischeres schaffen. Dem Parlament des Profits stellen wir ein Parlament der Menschen gegenüber. Nach dem Vorbild der Bürger*innenräte losen wir eine Gruppe an Menschen aus, die in ihrer Diversität möglichst nah an die deutsche Bevölkerung herankommen. Solche Parlamente der Menschen können es ermöglichen, gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden, die uns alle etwas angehen. Die Menschen begegnen sich auf Augenhöhe und finden die Stärke in ihrer Unterschiedlichkeit. Es geht nicht um das Finden des einfachsten Kompromisses, sondern um das Aushandeln von Werten und das Entscheiden, in welche Richtung wir als Gesellschaft gehen wollen. Also genau das, was eine wahrhaftige Demokratie ausmacht und was die Berufspolitik verloren hat: Entscheidungen nach dem eigenen Gewissen zu treffen, nicht auf Grundlage von Karriere und Profitinteressen. Die Erfahrung zeigt: Wenn die Menschen sich auf diese Art begegnen, wenn jede Stimme gehört wird, und sie an Entscheidungen aktiv beteiligt sind, führt das zu Vertrauen und Versöhnung.
Parlamente der Menschen könnten im ganzen Land stattfinden, auf Gemeinde- oder Städteebene und auf Dorf- und Nachbarschaftsebene. Gemeinsam lernen wir so, was Demokratie wirklich bedeutet, und werden krisenfest. Wir können gemeinsam so entscheiden, wie unsere Bedürfnisse erfüllt werden, auch wenn die Krisen sich überschlagen.
Einmischen und aufbauen
Die Neue Generation ist die Kombination aus einmischen und aufbauen. Wir protestieren und nehmen nicht hin, dass uns entrissen wird, was wir zum Leben brauchen, und sind im Moment eines Bruches in der Lage, uns demokratisch als Menschen zu organisieren und vielleicht sogar ein ganz neues, demokratischeres, am Menschen selbst orientiertes, politisches System zu schaffen.
Wandel wird kommen, ob wir es wollen oder nicht. Wie wir darauf reagieren, was wir aus ihm erschaffen, liegt in unseren Händen.