NATO - Game over: Erfolgreiche Aktion am NATO-Hauptquartier in Brüssel

von Andreas Speck

Am Ostersamstag gelang es im Rahmen der Aktion NATO-Game over etwa 50 AktivistInnen, ins Brüsseler NATO-Hauptquartier einzudringen. Ca. 500 Personen wurden bei der Aktion, an der insgesamt 1000 Menschen aus 17 Ländern teilnahmen, vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Die fast einjährige Vorbereitung der Brüsseler Aktion durch die belgische WRI-Mitgliedsorganisation Vredesactie (Friedensaktion) zahlte sich am Ostersamstag aus: die Polizei war dem zeitgleichen Versuch von ca. 1000 Personen, gewaltfrei ins NATO-Hauptquartier einzudringen, nicht gewachsen. Trotz 500 Festnahmen gelang es ca. 50 Personen, ins NATO-Hauptquartier oder ins angrenzende Hauptquartier der belgischen Streitkräfte einzudringen, indem sie ausgerüstet mit Strickleitern und Teppichen (als Schutz vor Stacheldraht) über die Zäune kletterten. Die Kehrseite: da die Polizei scheinbar nicht auf diesen entschlossen gewaltfreien Ansturm vorbereitet war, reagierte sie schnell mit Gewalt. Schlagstöcke wurden recht freigiebig gegen gewaltfreie AktivistInnen eingesetzt, die versuchten, durch Lücken in den Reihen der Polizei hindurchzugehen, berittene Polizei versuchte immer wieder, AktivistInnen abzudrängen, und selbst Wasserwerfer wurden gegen kleine Menschengruppen eingesetzt. Zahlreiche AktivistInnen wurden bei und nach der Festnahme sehr ruppig behandelt.

Beginn internationaler Vernetzung
Die Aktion selbst hatte zwei wesentliche Ziele: die Rolle der NATO zu thematisieren, und die internationale Vernetzung und Zusammenarbeit von Gruppen zu stärken, die schwerpunktmäßig mit dem Mittel der direkten gewaltfreien Aktion gegen Militarismus arbeiten. Beides ist gelungen. Das Medienecho auf die Aktion war europaweit beeindruckend - von Norwegen im Norden bis Spanien und Mazedonien im Süden. Der internationale Charakter der Aktion selbst ermöglichte es, eine Medienwirkung zu erreichen, die nicht nur durch die Zahl der TeilnehmerInnen (und Verhafteten) allein erklärt werden kann. Dazu trug bei, dass viele der TeilnehmerInnen im eigenen Land Pressearbeit machten, mit einer an die politische Situation "zu Hause" angepassten und übersetzten Presseerklärung.

Anschließend an die Aktion fand ein internationales Seminar zum Thema "Gegen militärische Globalisierung" statt. Dabei ging es darum, die mit der Aktion begonnene praktische Zusammenarbeit zu vertiefen, und ihr eine langfristige Perspektive über diese eine Aktion hinaus zu geben. Dies basiert auf der Analyse, dass die Zusammenarbeit des Militärs im Rahmen der NATO oder der Europäischen Union heute international ist, und dass folglich auch unser Widerstand besser international koordiniert sein muss. Doch nicht nur praktisch, auch politisch ist die Internationalisierung des Widerstandes von Bedeutung, lässt sich damit doch jedem Vorwurf der nationalistischen Motive leicht begegnen. Und wenn wir uns in unseren direkten gewaltfreien Aktionen vor Ort auf ähnliche Aktionen anderswo beziehen können, dann stärkt das auch unseren Widerstand in der Innen- und Außenwahrnehmung.

Perspektiven
Gegen Ende des Seminars wurden verschiedene, mehr oder weniger konkrete Aktionsideen diskutiert, die weiter verfolgt werden sollen: europaweite dezentrale Aktionstage am 14. und 15. November 2008, und eine weitere große internationale gewaltfreie Aktion zum NATO-Gipfel im April 2009, entweder am Gipfelort oder zeitgleich anderswo. Zusätzlich soll die Möglichkeit der Behinderung internationaler NATO- oder EU-Manöver erkundet werden.

Auf der Ebene der Informationsbeschaffung/bereitstellung haben verschiedene Gruppen zugesagt, mehr Informationen zu "ihren" Militäreinrichtungen auf der Webseite http://www.mcmilitary.org bereitzustellen. Diese Webseite ist im wesentlichen ein Wiki, so dass es vielen möglich ist, Informationen upzuloaden oder zu aktualisieren.

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Rubrik

Friedensbewegung international
Andreas Speck war Pressesprecher von Action AWE während des Burghfield Disarmament Camp. Seit Mitte September lebt er in Sevilla und engagiert sich im Red Antimilitarista y Noviolenta de Andalucia (RANA). mail@andreasspeck.info, http://andreasspeck.info