Das "Signal von Berlin":

NATO-Interventionsmacht statt europäischer Friedensordnung

von Andreas BuroVolker Böge
Hintergrund
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Berlin hat in der Tat, wie Außenminister Kinkel es wünschte, ein Signal gesetzt. Aber der Zug fährt in die falsche Richtung. Die NATO hat in Berlin mit aller Deutlichkeit ihren Anspruch bekräftigt, die Ordnungs­macht für Europa und die Weltgegend Drumherum zu sein. Was die NATO hier vorexerziert hat seine Parallele im japanisch-US-amerikani­schen Pakt, nämlich die "Neue Weltordnung" militärisch durchzusetzen.

Daß man sich (vorerst) auch scheinbar selbstlos in den "Dienst" von UNO und OSZE zu stellen bereit ist, muß als Blendwerk gewertet werden. Die ent­scheidenden Faktoren der militärischen Umsetzung eines Einsatzes - wer hat faktisch das Kommando und die Kon­trolle - läßt sich die NATO von keiner UNO oder OSZE nehmen, ebenso wenig wie die Entscheidung, ob sie sich über­haupt zur Verfügung stellt. Zudem legt sie sich die Mittel und Fähigkeiten zu, auch ohne UN- oder OSZE-Mandat mi­litärisch nach ihren Interessen eingreifen zu können. So sind in Berlin die Wei­chen in Richtung einer Interventions­macht NATO gestellt worden.

Die wiederholten Bekenntnisse zu einer "europäischen Sicherheitsarchitektur" dürfen uns nicht täuschen. Gemeint ist der Anspruch, die NATO sei bereits diese "europäische Sicherheitsstruktur" - eine deutliche Absage an eine gesamteu­ropäische Friedensordnung! Transatlan­tisch-gesamteuropäische Ansätze wie die OSZE als Kern einer Friedensord­nung sollen sich dem Militärpakt der reichen Industrieländer unterordnen. NATO-Strukturreform und NATO-Osterweiterung sind das Gegenprojekt zu einer gesamteuropäisch-transatlanti­schen Friedensordnung.

Die NATO-Osterweiterung folgt der Logik der Bündelung militärischer Macht und grenzt nach Osten ab. Die Ausgrenzung Russlands führt nicht zu gemeinsamer Sicherheit für alle, son­dern zu Unsicherheit in Europa.

Mit der in Berlin auch lancierten stärke­ren "Europäisierung" der NATO, die ei­genständige westeuropäische Einsätze nun ermöglichen soll, ist friedenspoli­tisch ebenfalls nichts gewonnen. Eine der verhängnisvollen Folgen wird die weitere Aufrüstung mit immer ver­nichtenderen und genauer tötenden Waffen sein, sowie das Festhalten an ei­ner eigenständigen EU-Rüstungspolitik und -industrie. Die für Offensive und Intervention aufgerüsteten besonderen Militäreinheiten sollen weit bis nach Afrika und Asien hinein der NATO un­liebsame Ziele attackieren können, und zwar auch nuklear. Dies als Friedenspo­litik auszugeben ist die Ideologie der Mächtigen, die noch immer nicht ge­lernt haben: Wer den Frieden will, muß den Frieden vorbereiten.

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