Neue AKWs? Der Castor-Protest kommt gerade richtig

von Jochen Stay

Nach der Einigung der rot-grünen Bundesregierung mit den Stromkonzernen über den "Atomkonsens" dachten viele, damit wäre das Kapitel Atomenergie abgeschlossen, wenn auch nicht sofort, so doch nach und nach. Inzwischen stellt sich die Situation anders dar: Auch nach fünf Jahren Schröder-Regierung ist kein einziger Reaktor vom Netz gegangen, das Methusalem-AKW in Obrigheim bekam nach der letzten Wahl vom Kanzler persönlich sogar einige Jahre extra spendiert.

Und jetzt schickte Schröder seinen Intimus Hubertus Schmoldt von der IG Bergbau, Chemie, Energie mit einem Versuchsballon nach vorne: Der Gewerkschaftschef dachte laut über den Neubau von Atomkraftwerken an der Nord- und Ostseeküste nach. Sofort stimmte ein vielstimmiger Chor aus CDU, Stromkonzernen und wirtschaftsnaher Presse in dieses Lied mit ein. Von Belang ist diese Diskussion, weil sich Schröder derzeit regelmäßig mit den Bossen der vier großen Atomstromer zum so genannten "Energiegipfel" trifft, um über die nötigen Kraftwerksneubauten der nächsten 20 Jahre zu beraten.

Etwas sarkastisch könnte man sagen: Manchmal kommen Castor-Transporte gerade richtig. In der Woche vom 10. bis 13. November sollen wieder zwölf Behälter mit hochradioaktivem Inhalt vom französischen La Hague nach Gorleben rollen. Die Menschen im Wendland und ihre FreundInnen aus Nah und Fern bereiten sich bereits auf vielfältigen Protest und Widerstand vor.

Am 8. November um 13 Uhr wird es in Dannenberg die bundesweite Auftaktdemonstration der Anti-Atom-Bewegung geben. Gerade diese Demonstration kann zu einem deutlichen Diskussionsbeitrag in der plötzlich wieder auf der politischen Agenda stehenden Atom-Debatte werden. Es geht darum, die aus dem Umfeld des Kanzlers gestarteten Versuchsballons in Sachen Atomkraft-Renaissance laut hörbar platzen zu lassen. Das gelingt allerdings nur dann, wenn sich viele Menschen am 8.11. auf den Weg ins schöne Wendland machen (von den Bahnhöfen in Salzwedel, Uelzen und Lüneburg werden Shuttle-Busse angeboten).

Die Anti-Atom-Bewegung erhofft sich in diesem Herbst aktive Unterstützung aus der Friedensbewegung. Schließlich waren auch viele widerstandserprobte WendländerInnen in den Monaten vor und während dem Irak-Krieg bundesweit unterwegs, um die Proteste gegen den Waffengang am Golf mitzutragen.

Nach der Auftaktdemo geht es in der Region, entlang der ganzen Strecke von Lüneburg über Hitzacker und Dannenberg bis Gorleben, rund um die Uhr weiter mit Protest und Widerstand. Eine Besonderheit in diesem Jahr: Unter dem Motto "Castorelle Landpartie - Mit Kunst und Kultur gegen Atomkraft" werden KünstlerInnen auf ihre Weise in Dorfsälen und Scheunen entlang der Transportstrecke die Ereignisse bewerten. Das Wendland ist also wieder eine Reise wert.

Aus dem Umfeld der Kampagne "X-tausendmal quer" wird es diesmal unter dem Motto "Festgesetzt" eine festliche Schienenblockade mit integrierter Ankettaktion geben. Und wenn der Castor dann die Straße von Dannenberg zum Zwischenlager in Gorleben rollen soll, wird es dort eine große Sitzblockade geben. Name der Aktion: "WiderSetzen".

Weitere Infos: BI-Büro Lüchow: 05841-4521, www.castor.de, www.x1000malquer.de, www.widersetzen.de

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