Neue Atombomben der Amerikaner

von Axel Weirich

Unbemerkt von der deutschen Bevöl­kerung ist die NATO derzeit dabei, fast ihr gesamtes Atomwaffenarsenal in der Bundesrepublik zu "modernisieren". In erster Linie be­troffen von diesem 75 Milliarden Dol­lar teuren "Modernisierungspro­gramm" sind die etwa 1000 Atomgra­naten und rund 600 Atombomben für die Düsenjäger Tornado und F-16. So sollen die Atombomben vom Typ B28, B57 und B43 durch das neue Modell B61 ersetzt werden. Diese neue Atombombe ist sehr viel treffgenauer als ihre Vorgänger, denn sie kann aus einer Höhe von nur 15 Metern und bei Überschallgeschwindigkeit des Flug­zeuges abgeworfen werden. Ein Fall­schirm verringert ihre Sinkgeschwin­digkeit innerhalb von zwei Sekunden von 1600 km/h auf 56 km/h, so daß dem Piloten genug Zeit bleibt, der Sprengkraft von 345 Kilotonnen TNT (25 mal Hiroshima) zu entkommen.

Diese Bombenabwürfe im extremen Tiefflug müssen natürlich geübt wer­den. Aus diesem Grund wird auf dem Flugplatz Hahn, einem der NATO-Flugplätze, auf denen die neue B61-Bombe gelagert werden soll, im No­vember mit der Installation eines neuen "Infrarot-Navigations- und Zielfindungssystems für Tiefflüge bei Nacht" (LANTIRN) begonnen. LAN­TIRN verbessert wesentlich die Navi­gation bei schlechten Witterungsbe­dingungen und vor allem beim Nacht­einsatz und steigert die präzisen Tiefflug-Angriffsmöglichkeiten damit erheblich. Nicht eine Verringerung der Tiefflüge, sondern im Gegenteil, Tiefflug auch in der Nacht ist also im Hunsrück angesagt.

Um die neuen Atombomben besser vor einem Überraschungsangriff eines vermeintlichen Gegners zu schützen, werden sie künftig nicht mehr wie die Vorgänger in sogenannten "Iglus" weitab von der Rollbahn gelagert. Sie sollen in sogenannten "Atombomben­grüften" in den Hangars direkt unter den Flugzeugen untergebracht werden. Per Aufzug werden die Bomben im Krisenfall dann in Sekundenschnelle nach oben zu den Flugzeugen ge­bracht. Dadurch verringert sich die Startzeit der Atombomber entschei­dend.

Das Hunsrück-Forum hatte bereits in seiner Oktober-Dezember Ausgabe 1986 über die Atombombengrüfte be­richtet. Gemeinsam mit dem neuen Kampfflugzeug F-15 E, von denen die US-Amerikaner in den nächsten Jah­ren 392 Stück bei uns stationieren, dienen die neuen B61-Atombomben als Ersatz für die in Genf wegverhan­delten Mittelstreckenraketen Pershing II und Cruise Missiles. Denn die neuen Kampfbomber F-15 E, ebenfalls mit dem Tiefflugnavigationssystem LAN­TIRN ausgerüstet und damit in der Lage, das gegnerische Radar zu unter­fliegen, haben eine Reichweite von rund 3.000 km und können also leicht von deutschem Boden aus Ziele in der Sowjetunion erreichen.

Die neuen Atombomben B61 und das Tiefflugnavigationssystem LANTIRN waren mittlerweile Gegenstand einer Anfrage der Grünen im Verbandsge­meinderat Kirchberg. Unter anderem wollten die Grünen wissen, ob die Verwaltung von den US-Dienststellen über die vorgesehene Stationierung der neuen Atombomben unterrichtet wurde. Dies war, wie nicht anders zu erwarten, nicht der Fall. Auch sah der Bürgermeister in dem Vorhaben keine Nutzungsänderung des Flugplatzes durch die US-Amerikaner. Der Bür­germeister wörtlich: "Ob F 15, F 16 oder F15 E, das ist, als ob einer zuerst Leberwurst verkauft und dann Blut­wurst. Für mich ist das das gleiche."

Auf die Frage, was die Verwaltung ge­gen die sich abzeichnende zusätzliche Lärmbelastung durch militärische Tiefflüge bei Nacht im Zusammen­hang mit dem LANTIRN-System zu tun gedenke, gab es die unverbindliche Antwort: "Ob es zu zusätzlichen Bela­stungen kommen wird, ist mir nicht bekannt. Aufgrund ihres Schreibens werde ich mich in dieser Richtung ver­gewissern."

 

Axel Weirich im Hunsrück-Forum 26/86.

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