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Neue Aufgaben der Friedensbewegungen in einem neuen Europa
vonEs wird seit langem vom gemeinsamen Europäischen Haus, von einer neuen europäischen Friedensordnung und der Überwindung der Blockkonfrontation gesprochen: Jetzt ist letzteres eingetreten doch die Friedensbewegungen in den europäischen Ländern tun sich schwer, ihre Zusammenarbeit "auf die Reihe zu bekommen". In den Friedensgruppen der Bundesrepublik spielen die europäischen PartnerInnen immer noch eine untergeordnete Rolle. Sprachschwierigkeiten und Geldknappheit verbinden sich zur Unlust, eigene Initiativen für die Vernetzung zu einer europäischen Friedensbewegung zu nutzen oder zu ergreifen. Dabei lasse ich die vielfältigen persönlichen Kontakte bei Sommercamps, Seminaren, und Konferenzen einmal draußen vor, die viele von uns in der Ferienzeit knüpfen. Bei den meisten Begegnungen treffen sich in aller Regel eher die hauptamtlichen Mitarbeiter von Organisationen und nicht die "Bewegung".
Wir brauchen eine europäische Friedensbewegung, die von Portugal bis zur Sowjetunion zusammenwirkt und eine gemeinsame Sprache lernt.
Die Erfahrungen dafür sind durchaus vorhanden: Seit dem NATO-Stationierungsbeschluß 1979 treffen sich regelmäßig Vertreter von rund 35 westeuropäischen und US-amerikanischen Friedensbewegung im Rahmen des International Peace Coordination and Communication Centers (IPCC). Seit 1980 finden jährlich im Sommer europaweit Konferenzen der Kampagne für atomare Abrüstung in Europa (END) statt, mit einer Beteiligung von durchschnittlich 1000 Personen. Seit neuestem gibt es in Brüssel beim Sitz der EG ein Monitoring Office namens "Europäisches Büro für Frieden und Sicherheit", das über die westeuropäischen Rüstungspläne und die Zusammenarbeit der EG auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik informieren soll und entsprechenden Einfluß durch die Friedensbewegung koordinieren will. Die vielfältigen Initiativen von Bürgerrechtsgruppen im Rahmen der KSZE, die vor allem in Osteuropa in den 80er Jahren entstanden und in die Illegalität verbannt waren, treffen sich jetzt erstmals mit ihren westeuropäischen Partnergruppen zur "Prager Bürgerversammlung" im Oktober. Daneben gibt es viele Treffen von Frauen-, ôkologie- und pazifistischen Gruppen, internationale Friedensmärsche, bilateralen Treffen und Aktionen - wie z.B. die deutsch-sowjetische Friedenswoche.
Doch es geht um mehr: wir müssen jetzt anfangen zu lernen, uns als Teil einer neuen europäischen Friedensgesellschaft zu verstehen, in der die Probleme unteilbar sind. Es kann nicht so sein, daß die Zukunft der Sicherheit Europas im Pentagon und im NATO-Hauptquartier entschieden wird und wir lediglich zuschauen oder nur vereinzelt und auf nationaler Ebene reagieren. Wir wollen doch ein Europa in dem von Palermo bis Tromsö und von Wladivostok bis Lissabon keine Massenvernichtungswaffen stationiert sind, keine militärischen Hauptquartiere und Rüstungszentren die Weltgeschichte zu Ende bringen sondern ziviler Frieden d.h. soziale Gerechtigkeit untereinander sowie im Verhältnis zur Südhalbkugel entsteht.
Wir können wir das schaffen?
- Städtepartnerschaften ausbauen: suchen wir uns drei Städte, je eine im Süden, Westen und Osten Europas und verbinden uns mit den jeweiligen Friedensgruppen.
- Verknüpfen wir die Entmilitarisierungs-Kampagnen unserer Städte und Gemeinden mit Partnerstädten und machen dies gemeinsam den Länderparlamenten und Medien bekannt.
- Tauschen wir Material mit den Gruppen unserer Nachbarländer aus und lernen voneinander.
Die größten Veränderungen wird es in den Mitgliedsländern der (ehemaligen?) Militärbündnisse geben. Hier wurden 1989 laut SIPRI 220 Milliarden US-Dollar für militärische Zwecke ausgegeben. (Ohne die Sowjetunion und die USA!) Wenn nur die Hälfte davon in einen gesamteuropäschen Fonds für Frieden, Entwicklung und Umwelt fließen würden, wäre dies bereits ein gewaltiger Fortschritt. Was können wir als Teil einer europäischen Friedensbewegung tun, um dies durchzusetzen? Vom 19.-21. November findet in Paris die KSZE-Gipfelkonferenz statt. Wie können wir dies nutzen? Werden wir die Kraft für ein europäisches Friedenszentrum aufbringen, an dem sich möglichst viele Gruppen aus den KSZE-Ländern beteiligen, das der Vernetzung und Information aber auch der Koordination dient, damit der Druck nicht abebbt, der die europäischen Regierungen zwingt, ihre Macht endlich zu teilen?
Noch reden wir zuviel über- statt miteinander über die Grenzen hinweg. Die KSZE sollte ähnlich wie die UN auch Mittel bereitstellen, um die sozialen Bewegungen in ihrer europaweiten Arbeit zu unterstützen.
Werben wir in den nächsten Monaten für gemeinsame Friedensaktionen am 8. Mai oder 1. September - Daten, die alle europäischen Völker zutiefst betreffen - und fangen wir mit unseren Partnerstädten an. Es könnten auch Ostermärsche sein, die in möglichst vielen europäischen Orten stattfinden, und die das Ende des militärischen Sicherheitsdenkens und den Verzicht auf Streitkräfte fordern. Das wäre dann die Vision eines Europas ohne Armeen.
Einige Kontaktanschriften:
European Nuclear Disarmament Campaign (END), Bertrand Russel House, Gamble Street, Nottingham NG7 4ET, United Kingdom
International Peace Communication and Coordination Center (IPCC), Anna Poulownaplein 3, NL-2518 Den Haag, Niederlande
Europäisches Büro für Frieden und Sicherheit (EBFS), c/o Concertation Paix et DÇvelopment, 14 rue Mercelis, B-1050 Brüssel, Belgien
Helsinki Citizens'Assembly, Pansak 7, CS-11669 Prag, CSFR,
"The European House", 1016 Budapest I., Dezsö u. 3, H-1395 Budapest, Ungarn