Neue Exportrichtlinien für eine restrik¬tive Rüstungspolitik

von Christian Sterzing
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Nein, bündnisgrünen Richtlinien sind diese neuen Rüstungsexport­grundsätze gewiss nicht. Sie sind vielmehr ein mit dem Koalitionspart­ner und den zuständigen Ministerien mühsam ausgehandelter rotgrüner Kompromiss. Die Bewertung hängt ab von dem Maßstab, der angelegt wird: Absolute Gegner von Rüstungsexporten kritisieren, dass Exporte weiterhin möglich sind. Befürworter beklagen, dass durch erhebliche Restriktionen es nun noch schwieriger wird, Waffen zu exportieren. Dass sich etwas geändert hat, wird immerhin von niemandem bestrit­ten.

Natürlich werden auch in Zukunft Dis­kussionen über konkrete Exportprojekte nicht ausbleiben. Exportentscheidungen sind politische Entscheidungen. Doch immerhin diente die Überarbeitung der Grundsätze zum ersten Mal nicht der Lockerung, sondern der erkennbaren Verschärfung der Richtlinien. Mit der Verankerung effektiver Kriterien zum Schutz der Menschenrechte und der nachhaltigen Entwicklung im operativen Teil der Richtlinien sowie den vorgese­henen Endverbleibsregelungen sind grundlegende Verbesserungen in unse­rem Sinne erzielt worden, mit denen teilweise Neuland betreten wird.

So wurde der EU-Verhaltenskodex für Rüstungsexporte zum integralen Be­standteil der Richtlinien und ist damit auf alle Staaten, d.h. auch die NATO-Staaten anwendbar. Dort wo die bun­desdeutschen Regelungen strenger sind, haben sie weiterhin Vorrang. Der Be­achtung der Menschenrechte wird zu­künftig explizit besonderes Gewicht beigemessen - auch bei NATO-Staaten. Sofern ein hinreichender Verdacht be­steht, dass die zu exportierenden Kriegswaffen zu interner Repression bzw. zu systematischen Menschen­rechtsverletzungen missbraucht werden, darf keine Genehmigung erteilt werden. Für diese Frage spielt die Menschen­rechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle. Grundlage für die Be­urteilung der Menschenrechtslage wer­den in Zukunft nicht nur die eigenen Einschätzungen oder Lageberichte sein, sondern vielmehr auch die Beurteilun­gen und Feststellungen z.B. von UN, EU, OSZE, Europarat und Menschen­rechtsorganisationen.

Fortschritte wurden auch in dem Be­reich erzielt, der in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird: der inter­nationalen Rüstungskooperation. Der Vorrang des Kooperationsinteresses wurde beseitigt. Auf Einwirkungsmög­lichkeiten zur Durchsetzung der men­schenrechtlichen Gesichtspunkte darf auch bei Kooperationen grundsätzlich nicht verzichtet werden. Neu ist auch die Verschärfung bei der Endverbleibs­kontrolle, um Umweggeschäfte zu ver­hindern. Exportiert wird nur bei Vorlie­gen von Endverbleibserklärungen des Empfängerlandes. Verstößt ein Land dagegen, indem es die Rüstungsgüter weiterexportiert, so muss es erstmals mit Sanktionen rechnen und wird von zukünftigen Belieferungen ausgeschlos­sen.

Schritte in die richtige Richtung also, auch wenn das Ziel - ein Rüstungsexportverbot - noch weit entfernt ist.

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Christian Sterzing ist MdB von B90/Die Grünen.