Protest gegen Atomwaffen

Neues zu den juristischen Verfahren wegen Zivilen Ungehorsams in Büchel

von Martin Otto
Hintergrund
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Die Atomkriegsgefahr ist größer geworden (die Wissenschaftler*innen des "Bulletin of the Atomic Scientists" haben die "Weltuntergangsuhr" im Januar auf 100 Sekunden vor zwölf vorgestellt) - der Zivile Ungehorsam von Atomwaffengegner*innen in Büchel ist ebenfalls angewachsen.

Die Justiz in Cochem, Koblenz und Karlsruhe hat sich damit zu beschäftigen. Ob sie verurteilt oder freispricht, ob sie unseren Beschwerden stattgibt oder sie ablehnt: Wenn wir ihre Entscheidungen öffentlich machen, kann das dazu beitragen, den Druck auf die politisch Verantwortlichen zu erhöhen, damit diese den Weg zum atomwaffenfreien Deutschland und zur atomwaffenfreien Welt gehen, ohne auf militärische Abschreckung und Vernichtungsdrohung zu setzen.

Im FriedensForum wurde zuletzt in der Ausgabe 6/2019 von einem Büchel-Prozess berichtet (S. 48): Vier Aktivist*innen waren am 25.9.2019 in einer Berufungsverhandlung im Landgericht Koblenz zu Geldstrafen von je 30 Tagessätzen verurteilt worden – wegen einer Go-In-Aktion am 12.9.2016. Drei von ihnen gehen nun in Revision. Der vierte verzichtet darauf; seine Geldstrafe ist inzwischen in einer Soli-Aktion von etlichen anderen Menschen übernommen worden – eine Art “legale Strafvereitelung”.  Wegen derselben Aktion waren schon vorher zwei andere Aktivistinnen rechtskräftig verurteilt worden.  Sie warten jetzt auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, denn sie haben in Karlsruhe Beschwerde eingelegt.

Wegen einer Aktion von Mitgliedern der deutschen Sektion der Internationalen Ärzt*innen zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) am 18.6.2018 wartet ein Aktivist auf einen Berufungstermin. Er ist in 1. Instanz vom Amtsgericht Cochem zu 70 Tagessätzen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt worden.

Fünf Leute, die wegen einer Go-In-Aktion vom 23.7.2018 zu Geldstrafen verurteilt worden sind, haben ihre Berufungsverhandlung schon hinter sich: Im Landgericht Koblenz wurden sie zu je 30 Tagessätzen verurteilt; alle fünf gehen in die Revision beim Oberlandesgericht.

Wegen einer Go-In-Aktion vom 15.7.2018 wurden gegen 11 Leute Strafbefehle verhängt. Alle haben Einsprüche eingelegt. Über die Einsprüche von vier Angeklagten hat das Amtsgericht Cochem am 22.1.2020 verhandelt und zu Geldstrafen von je 30 Tagessätzen verurteilt. Alle vier haben dagegen Berufung eingelegt. Drei weitere Aktionsteilnehmerinnen sollen am Montag, 11. Mai um 10 Uhr im Amtsgericht von Cochem in der Ravenéstr. 39 Gelegenheit bekommen, ihr Recht auf gewaltfreien Widerstand gegen das staatliche Unrecht der Atomwaffenlagerung einzuklagen. Und weitere drei am Mittwoch, 10. Juni ab 9 Uhr. Die elfte, die auch Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat, bekam noch keinen Verhandlungstermin. Ob sie (absichtlich?) vergessen wurde? Will sich die Justiz Arbeit ersparen?

Immerhin erhielten alle 17 Aktivist*innen, die am 30.4.2019 zwei Go-Ins unternahmen, Strafbefehle. Eine Person verzichtete darauf, dagegen Einspruch einzulegen. Ihre damit rechtskräftig gewordene Geldstrafe wurde zum großen Teil von mehreren sympathisierenden Atomwaffengegner*innen übernommen. Eine weitere Person legte Einspruch ein, zog diesen aber zurück und hat offenbar die Geldstrafe bezahlt. Die anderen 15 legten Einsprüche ein und erhielten sie aufrecht. Fünf von ihnen sind für den 3. Juni um 8:30 Uhr zur Verhandlung ins Amtsgericht Cochem geladen, die 10 anderen für den 24. Juni zur gleichen Uhrzeit. Mehrere von ihnen haben angekündigt, sich im Falle ihrer rechtskräftigen Verurteilungen in Gefängnisse sperren zu lassen.

Es laufen wegen verschiedener Aktionen im Sommer 2019 weitere drei Strafverfahren. Ein Aktiver ist für den 1.4. ins Amtsgericht Cochem geladen, zwei Frauen warten noch auf ihre Verhandlungstermine dort. Mehrere Ermittlungsverfahren sind hingegen eingestellt worden.

Fazit: Derzeit (Stand 7.3.2020) laufen 38 Strafverfahren und  eine Verfassungsbeschwerde.

Übrigens: Seit die "Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen" 1997 damit begonnen hat, Aktionen des Zivilen Ungehorsams in Büchel zu unternehmen, sind mindestens 94 Aktivist*innen wegen "Straftaten" in oder wegen Büchel angeklagt worden, einige von ihnen mehrmals. Und 13 Mal sind Menschen,  die wegen gewaltfreier Aktionen in Büchel verurteilt worden waren, im Gefängnis gewesen, um “Mahnwachen hinter Gittern” abzuhalten.

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