Syrienkrieg

Nicht in unserem Namen

von Reiner Braun
(c) uwe_hiksch

Mehr als 10.000 Unterschriften erreichte der Aufruf gegen den Syrienkrieg vor Weihnachten, in den ersten drei Wochen. Bei Redaktionsschluss des Friedensforums Ende Januar war die Zahl auf 12.800 gestiegen. Das ist gut, aber sicher noch lange nicht genug, um Protest gegen den völkerrechtswidrigen Kriegseinsatz Deutschlands zu artikulieren. Flugzeuge sind im Einsatz, Schiffe auf dem Weg ins Kriegsgebiert, SoldatInnen werden in die Region geflogen, die Maschinerie des Krieges hat wieder einmal auch in Deutschland begonnen.

Sinn macht dieser Krieg nur für deutsche Hegemonialinteressen, auch im Mittleren und Nahen Osten „größere Verantwortung“ (Gauck) zu übernehmen. Ansonsten ist er totaler kriegerischer Unsinn: Er ist gegen das Völkerrecht, widerspricht allen Erfahrungen mit Kriegseinsätzen in den letzten 15 Jahren, ist, kurz gesagt, ohne Sinn und Verstand. Nur für geostrategische Interessen und aus falsch verstandener Solidarität beteiligt sich die Bundesregierung an dem Kriegseinsatz gegen den IS (nur gegen diesen?) im Irak und Syrien. Wurde denn nichts gelernt aus den asymmetrischen Kriege - aus dem Krieg gegen den Irak, aus der Zerstörung von Libyen, aus dem 15-jährigen verheerenden Fiasko in Afghanistan? Es wird lange dauern und gefährlich werden, das wird dieses Mal schon zu Beginn zugegeben – verheerende Aussichten für Menschen und die gesamte Region. Könnte es zu lange sein? Aggressiver und kriegstreibender können ja auch die „Partner“ im Krieg, besonders Saudi Arabien, Katar und die Türkei, auch kaum sein -  ein desaströses Unternehmen.

Milliarden wurden und werden der Rüstungsindustrie in den Rachen gesteckt. Jeder dieser Kriege war für die Menschen eine humanitäre und soziale Katastrophe.

Deswegen haben die Kooperation für den Frieden und der Bundesausschuss Friedensratschlag gemeinsam mit Personen aus der Friedensbewegung zum Protest gegen das neueste Kriegsabenteuer aufgerufen.

Dank an alle (es waren ganz schön viele), die an dem intensiven Prozess der Entwicklung dieser Initiative beteiligt waren, der aus nachvollziehbaren Gründen schnell gehen musste. Dieses ging sicher nicht ohne Kontroverse, und nicht jede/r ist mit jeder Formulierung glücklich. Aber einen Aufruf, der alle zufrieden stellt, habe zumindest ich noch nicht erlebt. Das galt übrigens auch für den immer wieder zitierten Krefelder Apell von 1980.

Wir wenden uns mit dem Aufruf an die politisch Verantwortliche: An die Bundeskanzlerin mit ihrer Richtlinienkompetenz, die diesen Einsatz gemeinsam mit der Bundesregierung und einem mehrheitlich willfährigen Parlament verantwortet.

Diese Unterschriftensammlung ist auch Protest konkret gegen die NATO. Die Forderung nach Auflösung oder Austritte ist gut, der konkrete Protest gegen NATO-Kriegsengagement wie jetzt in Syrien (wer stellt denn die Logistik, die Einsatzzentralen und die Infrastruktur) ist die konkrete Umsetzung der abstrakten Ablehnung.

Lasst uns gemeinsam versuchen, aus den über 12.000 Unterschriften viele zigtausende mehr werden zu lassen. Der Aufruf kann online und offline weiter verbreitet werden Nur wenn viele mitmachen und diese Vielen noch mehr gewinnen, bekommen wir die Welle des Protestes, die notwendig ist, diesen Krieg zu stoppen.

Glaube bitte keiner, sein/ihr Engagement sei nicht notwendig: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Wir wenden uns daher heute mit der Bitte an alle LeserInnen des Friedensforums, mit zu überlegen, wie die Sammlung kurzfristig intensiviert werden kann:

  • Ist die Liste in eurem Freundes und Bekanntenkreis schon bekanntgemacht worden, an alle FreundInnen und KollegInnen weitergeleitet, die Facebook-Bekannten informiert?
  • Ist sie schon über alle Verteiler Eurer Organisationen geschickt worden? Sollte dieses vielleicht jetzt Anfang März noch einmal geschehen?
  • Habt Ihr schon Listen zum Unterzeichnen bestellt oder die Liste aus dem Friedensforum benutzt?
  • Kommt ein Hinweis, vielleicht sogar eine Information im nächsten Rundbrief? Steht ein Hinweis auf die Unterzeichnung auf der Webseite der Organisation?
  • Welche Veranstaltungen kann ich zur Werbung und Bekanntmachung nutzen?

Es gibt sicher noch viel mehr und vor allem bessere Ideen. Die obigen sollen auch nur als Anregung zum Bessermachen dienen. Wir haben eine reale Chance, eine breitere Bewegung zu entwickeln.

In den beiden großen Friedensnetzwerken wurde begonnen, über die Übergabe und einen entsprechenden Zeitraumnachzudenken. In der Diskussion ist derzeit Mitte März. Wir werden Euch den Fortgang der Diskussion informieren, freuen uns aber auch über Anregungen aus dem Kreis der ErstunterzeichnerInnen. Gemeinsam werden wir sicher zu einer alle zufriedenstellenden Lösung finden.

Die erfreuliche Resonanz zeigt aber, Ideen und Kernbotschaft sind richtig und geben eine Stimmung gegen den Krieg in mindestens Teilen der Bevölkerung wieder. Dieses auszubauen, sollte die Fortsetzung der Unterschriftensammlung dienen. Dabei macht sich sicher keiner die Illusion, alleine diese Aktion beendet den Krieg. Aber keine der Aktionen ist unsinnig, und nur aus den vielen Initiativen wird der Strom, der den Kriegseinsatz auch beenden kann. Deshalb lasst uns fortfahren. Vielleicht sehen wir uns ja bald auf bei den Protesten gegen die SIKO, auf den Ostermärschen und in Ramstein.

Es bleibt die Bitte zum Mitmachen und Weitergeben.

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Reiner Braun war Geschäftsführer der IALANA Deutschland und ist ehem. Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).