Ökologie und Frieden - untrennbar

von Till Bastian

Die Krise am Persischen Golf - wenn sie sich denn noch mit friedlichen Mitteln meistern läßt - ist das letzte Menetekel, das uns auf die Verflech­tung von Ökologie und Friedenspolitik hinweist. Denn am Golf geht es, entgegen der langläufigen Legende, um Interessen, nicht um Prinzi­pien. Ja im Gegenteil - die Politik, die die Industriestaaten des Westens dort betreiben, ist ein glattes Lehrstück in Prinzipienlosigkeit, war doch Saddam Hussein, immerhin seit 1979 im Amt, jahrelang einer der Lieb­lingsdiktatoren des Westens: gehätschelt, gefördert, mit Waffen aller Art Überreichlich bestückt. Sein völkerrechtswidriger Angriff auf den Nach­barstaat Iran wurde eher beifällig zur Kenntnis genommen, der Gift­gaseinsatz gegen kurdische Zivilisten löste keinen Sturm der Empörung aus, wer auch immer Sanktionen der UN gegen den Irak verlangt hätte, wäre im Sicherheitsrat gewiss am Veto der USA gescheitert.

Nicht als Diktator wird Hussein bekämpft und bestraft, sondern als Dikta­tor, der sich in einem Anfall von Größenwahn an der Ölversorgung des We­stens vergriff und damit die Spielregeln verletzte. Und diese Spielregeln heißen: Der westliche "way of life", dem jetzt auch die Völker des ehemaligen Ost­blocks nacheifern sollen, muß fortge­setzt werden, koste es, was es wolle - und notfalls auch eine blutige "Oper­ation Wüstenschild". Da· dieser Lebensstil mit seinem Raubbau an unseren natürlichen Lebensgrundlagen, mit sei­nem verschwenderischen Luxuskonsum eini­ger weniger auf Kosten aller in sich zu­tiefst ungerecht, ausbeuterisch und friedensgefährdend ist, nimmt kaum je­mand zur Kenntnis. Die "freie Fahrt für freie Bürger" muß weitergehen. Der Ex­port unserer florierenden Automobilin­dustrie muß weiterhin sicherstellen können, da· die Zahl der Automobile welt­weit noch rascher wächst als die Bevölkerung (deren "Explosion" so heftig be­klagt wird). Und diese Automobile - 35 Millionen im neuen Deutschland mit seinen fünf Zusatzprovinzen - brauchen immer mehr Sprit. Denn wenn auch der Primärenergieverbrauch sinkt - der Benzinverbrauch im Verkehr steigt und steigt und steigt (und mit ihm natürlich auch die klimaschädigenden CO2-Emis­sionen, die von keinem Katalysator zurückgehalten werden.)

Dieser unser Lebensstil hat dazu geführt, dass ein Bundesbürger pro Jahr soviel Energie verbraucht wie 2 Bangladeschs in ihrem ganzen Leben. Er hat dazu geführt, da· auf ein Viertel der Weltbevölkerung zwei Drittel des En­gergieverbrauches entfällt. Er hat dazu geführt, dass die Menschheit pro Jahr soviel fossile Brennstoffe verfeuert, wie erdgeschichtlich in einer Million Jahre entstanden ist ...

Dieser Lebensstil wird sich auf Dauer als das gefährlichste aller Massenver­nichtungsmittel erweisen, bedrohlicher noch als Bomben, Granaten und Giftgas. er hat schon jetzt Millionen Menschen in Not und Elend getrieben. Durch die von ihm mitverursachte Klimaverände­rung wird er Armut und Ungerechtigkeit weiter verschärfen. Die Kluft zwischen Nahrungsmittelerzeugung und Bedarf wird durch Erosion, Wüstenbildung und Bodenversalzung immer größer. Troc­kenheit im Innern der  Kontinente und Anstieg des Meeresspiegel an den Küsten werden die Lage verschlimmern. Was­sermangel, Hungerunruhen, gewal­tige Flüchtlingsströme - das sind die Kriegs­ursachen des kommenden Jahr­tausends.

Die Beendigung des Kalten Krieges - jetzt von der KSZE-Konferenz offiziell abgesegnet - ist zwar eine notwendige, aber noch längst keine hinreichende Vorbedingung für bessere Zeiten. Der Nord-Süd-Konflikt wird durch die be­ginnende ökologische Katastrophe wei­ter zuge­spitzt werden. Auf die Friedensbewe­gung kommen daher neue, große und unaufschiebbare Aufgaben zu. Nur eine Friedenspolitik, die die ökologische Dimension der Friedensge­fährdung mit­begreift, kann Abhilfe schaffen. Na­turzerstörung ist eine be­sonders schlimme, besonders wirksame Form der Kriegstreiberei. Wenn wir diese Lektion nicht endlich lernen, wird es schon bald zu spät sein.

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Till Bastian ist der Verfasser der von den Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) her¬ausgegebenen Studie "Naturzerstörung als Kriegsursache". Sie kann über die IPPNW-Geschäftsstelle bezogen werden (Bahnhofstr. 24, 6501 Heidesheim)