Buchbesprechung

Palästina: Die erste Intifada

von Christine Schweitzer

Ziviler Widerstand gegen unterdrückerische Regime hat in jüngerer Zeit viel Aufmerksamkeit in der Friedensforschung gefunden. Der englische Friedensforscher Andrew Rigby (Coventry) beschreibt in seinem Buch“The First Palestinian Intifada Revisited“ den ersten Volksaufstand der palästinensischen Bevölkerung gegen die israelische Besatzung von 1987-1990. Das Buch, eine bearbeitete Neuauflage einer Studie von 1991, untersucht den Aufstand – sicher kein gewaltfreier, aber einer, der zum Großteil ohne wirkliche Waffen ausgetragen wurde – als Beispiel von zivilem Widerstand, der sich gegen eine militärische Besatzungsmacht richtet.

Die erste Intifada, ausgelöst durch einen tödlichen Zwischenfall an der Grenze zu Gaza, breitete sich innerhalb weniger Tage von Gaza in die Westbank und von der Stadt aufs Land aus. Sie war markiert durch massenhafte Streiks und Weigerung der Zusammenarbeit mit den Israelis, durch Steine werfende Jugendliche und durch große Unterstützung, die sie sowohl von Seiten israelischer Friedensgruppen wie auch aus dem Ausland erfuhr. Dennoch scheiterte sie – wohl in erster Linie daran, dass die israelische Besatzung nicht abhängig war von der Kooperation durch die besetzte Bevölkerung.

Das Buch beginnt mit einem Abriss des historischen Hintergrunds. Danach folgt eine detaillierte Beschreibung des Widerstands: seine Organisation, die Rollen von Repression und Gewalt, das Bildungswesen, ökonomische Aspekte, die Rolle der Medien und die Reaktion der israelischen Friedensbewegung. Neue Annexe sind ein von Marwan Darweish (ebenfalls Coventry) geschriebenes Kapitel über PalästinenserInnen in Israel und eine von Andrew Rigy verfasste Zusammenfassung des palästinensischen Widerstandes seit der ersten Intifada.

Rigby verhehlt dabei nicht seine Sympathie mit der Intifada, ohne aber die hässlicheren Seiten des Widerstands deutlich anzusprechen, etwa die Ermordung von mindestens 400 palästinensischen „Kollaborateuren“ durch ihre Landsleute. Die Zahl getöteter Israelis war wesentlich geringer: Bis Ende Juni 1990 starben 48 Israelis, gegenüber 800 getöteten Palästinensern und vielen Tausend Verletzten.

Das Buch ist allen an der Region Interessierten ebenso zu empfehlen wie jenen, die sich mit zivilem Widerstand befassen. Es ist – wie in der englischen Sozialwissenschaft häufiger Standard als leider in der deutschen – leicht zu lesen und verlangt lediglich Kenntnisse der englischen Sprache.

 

Andrew Rigby (2015) The First Palestinian Intifada Revisited, Sparsnäs: Irene Publishing, ISBN 978-91-88016-05-8, 346 S., 32,95 Euro.

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Rubrik

Krisen und Kriege
Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.