Phantasie ist keine Straftat

von JungdemokratInnen/Junge Linke
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Die Bundeswehr muss sich, "wenn sie sich demonstrativ in die Öffentlichkeit begibt, auch öffentliche Proteste gefallen lassen" Verwaltungsgericht Berlin, 19. Juli 1999

Öffentliche Gelöbnisse der Bundeswehr sind, zumal in Berlin, eine politisch umstrittene Veranstaltung. Dies musste die Bundeswehr auch am 20. Juli zur Kenntnis nehmen. Noch niemals zuvor war ein Gelöbnis derart massiv gestört worden. Die Störaktion verlief in der Form eines Gesamtkunstwerks: Halbbekleidete Frauen, Männer mit parolenverzierten Regenschirmen und Protestrufe brachten die Feierlichkeit durcheinander. Wir halten fest, dass es sich bei den Protesten um eine legitime Form der politischen Meinungsäußerung gehandelt hat.

Der Bundeswehr und Berliner Polizei machen wir zum Vorwurf, durch ihr Verhalten am 20. Juli die Meinungs- und Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt zu haben. In einer rechtswidrigen Aktion untersagte die Polizei dem AnmetderInnenkreis der Protestkundgebung das Betreiben der Lautsprecheranlange, obwohl sämtliche im Vorfeld ergangenen Auflagen hinsichtlich Standpunkt und Ausrichtung der Lautsprecher eingehalten worden waren. Weil die Gäste der Gelöbniszeremonie die Demonstration dennoch hören konnten, wollte die Polizei die Kundgebung willkürlich beenden. Dabei hatte das Verwaltungsgericht Berlin noch am 19. Juli anderslautend entschieden, die Bundeswehr muss sich, "wenn sie sich demonstrativ in die Öffentlichkeit begibt, auch öffentliche Proteste gefallen lassen".
Polizei und Feldjäger wollten am 20. Juli nicht zulassen, dass öffentliche Kritik an der Bundeswehr an deren Ohren dringt. Unter diesen Umständen war die Aktion des zivilen Ungehorsams, deren sich die 18 Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner auf dem Gelöbnisareal bedienten, die einzige adäquate Protestform. Wir begrüßen es, dass junge Leute phantasievoll und kreativ genug sind, ihre Meinung auch unter widrigen Umständen zu äußern.

Das jetzige Vorgehen der Berliner Justiz gegen diese Personen ist in unseren Augen völlig überzogen. Mit Vorwürfen der Urkundenfälschung und des Hausfriedensbruchs wurden Ermittlungen eingeleitet und 14 Wohnungen sowie das Büro der JungdemokratInnen/Junge Linke durchsucht, ohne dass die Bundeswehr Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet hat. Bei der Durchsuchungsaktion wurden auch Mitglieds- und InteressentInnendateien beschlagnahmt, obwohl diese Personen offenkundig nicht mit dem Protest im Zusammenhang stehen. Diese Ermittlungen ignorieren die Tatsache, dass es sich beim Protest um eine durch das Grundgesetz legitimierte politische Meinungsäußerung handelte. Die UnterzeichnerInnen wenden sich gegen jede Kriminalisierung des Protestes.

Wir halten es für unverhältnismäßig, wenn Polizei und Justiz mit Mitteln des Strafrechts gegen die Beteiligten vorgehen. Statt dessen sollten sich Bundeswehr und Bundesregierung fragen, ob sie an der Form öffentlicher Gelöbnisse immer noch festhalten wollen.

Wir fordern die Staatsanwaltschaft auf, die Ermittlungsverfahren gegen die Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner einzustellen. Phantasie ist keine Straftat.

Unterschriften bitte an: JungdemokratInnen / Junge Linke, Rosa-Luxemburg-Str. 19, 10178 Bertin, Fax: 030 - 24729747, e-mail: info [at] jungdemokraten [dot] de

Spendenkonto: für Prozesskosten

JungdemokratInnen / Junge Linke, Kennwort "Operation Regenschirm" Kto. 20516-106, BLZ (Postgiro 100 100 10)

Eventuelle Überschüsse werden an den Totalverweigererfonds weitergeleitet.

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