Widerstand gegen Krieg

Protest am Gleis und in der Packstation

von Jan Hansen
Krisen und Kriege
Krisen und Kriege

Ohne Logistik sind Kriege nicht zu führen. Das macht die Eisenbahn und andere Transportmittel zu einem wichtigen Angriffsziel für Kriegsgegner*innen. Das erleben alle am Krieg in der Ukraine beteiligten Mächte gerade in Belarus, Russland und am Mittelmeer.

Sabotage gegen die Eisenbahn in Belarus
Bereits um den 23. März herum gab es Meldungen über Partisan*innen, die in Belarus die Schienenwege Richtung Ukraine attackieren. Dabei war von Signalstörungen, Kabelbränden und beschädigten Schienen und Gleiskörpern die Rede. Doch es war schwer abzuschätzen, ob das nicht Propaganda war, denn die Meldung wurde lediglich vom ukrainischen Quellen bestätigt. Mittlerweile gab die belarussische Regierung bekannt, dass ihr Geheimdienst über 40 Eisenbahnangestellten wegen Sabotage verhaftet und einige dabei angeschossen habe. Der oppositionelle Telegram-Kanal https://t.me/s/belzhd_live nennt Namen von vier Verhafteten:

  • Minkevich Evgeni Viktorovich 28.01.1994
  • Klimow Dmitri Alexandrowitsch 21.09.1993
  • Avramtsev Vladimir Aleksandrovich 07.04.1994
  • Valentin Vyacheslavovich Samosyuk 5.11.1992,

Laut dem Kanal habe die Staatsanwaltschaft verlauten lassen, dass die Ermittlungen mittlerweile abgeschlossen seien und mit einer baldigen Anklageerhebung zu rechnen sei. (1)

Schienensabotage in Russland
Derweil hat die Schienensabotage Russland erreicht. Vyacheslav Gladkov, der Gouverneur von Belgorod beschwerte sich am 12.4.2022 bei Twitter über Ukrainer*innen, die in Russland Schienen Richtung Kiew sabotieren würden. Auch wenn die Bilder beeindruckend aussehen: Bisher gibt es die Meldung nur vom Herrn Gouverneur höchstselbst, es ist also völlig unklar, wer oder was hinter der Attacke steckt. (2)

Widerstand in NATO-Ländern
Doch auch die NATO hat mit Protest zu kämpfen. Der Blog german foreign policy berichtete darüber, dass Flughafenarbeiter*innen in Italien sich weigerten, Waffen und Munition für die Ukraine zu verladen. Das Kriegsgerät sei als Medizin deklariert gewesen, durch einen Zufall entdeckten die Angestellten den wahren Inhalt und starteten Proteste (3)

In Griechenland weigerten sich Eisenbahner*innen, militärisches Gerät von den Mittelmeerhäfen nach Rumänien zu transportieren. (4)

Und in Deutschland?
Die letzte vergleichbare Aktion in Deutschland fand 2008 statt. Damals blockierte eine kleine Gruppe Aktivist*innen zwischen Husum und Schleswig einen Zug mit Flugabwehrraketen für die Nato-Response-Force, um gegen die deutschen Auslandseinsätze zu protestieren. Eine beteiligte Person berichtete auf dem letzten IMI-Kongress von der Blockade-Aktion und den anschließenden Gerichtsprozessen. Angemessen ätzend beschrieb die vortragende Person die Hindernisse in der Friedensbewegung für solche offensiven Aktionen. (5)

Dass die deutsche Friedensbewegung immer noch lieber Bahnsteigkarten kauft, statt zu blockieren, ist recht überraschend. Denn im selben Land hat die Anti-Atom-Bewegung, die teilweise aus dem selben Personenreservoir schöpft, vielfältige Protest- und Blockadeformen rund um die Eisenbahn entwickelt und mit großem Erfolg praktiziert. (6)

Und auch im EU-Parlament findet das Thema Beachtung. Die linke Abgeordnete Özlem Alev Demirel lud Ende Juni zur Tagung „Zivile Häfen & Flughäfen: Keine Waffen für Krieg und Unterdrückung“ nach Brüssel ein. Mit dabei: Hafenarbeiter*innen, Friedensaktivist*innen und Gewerkschaftler*innen aus Italien und Griechenland, die Verladungen verweigerten.

Anmerkungen
1 Quellen sind u.a.: https://t.me/s/belzhd_live; ntv vom 4.4.2022, beruft sich auf Telegram-Acounts der belorussischen Opposition)
https://www.n-tv.de/politik/Belarussen-fuehren-neuen-Schienenkrieg-artic... https://www.tagesspiegel.de/politik/wichtige-verbindung-fuer-russland-in...
2 https://www.theguardian.com/world/2022/apr/12/key-russian-railway-bridge...
3 https://www.ilgiornale.it/news/cronache/armi-camuffate-aiuti-lucraina-sc...
4 https://dailytelegraph.co.nz/world/greek-railway-workers-refuse-to-trans...
5 Den Kongressbeitrag gibt es hier zum Nachlesen: https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-108-2022-JH.pdf
Und hier zum Anhören: https://www.wueste-welle.de/redaktion/view/id/28/tab/weblog/article/8407...
6 Siehe https://docplayer.org/185193458-T-r-a-i-n-s-t-o-p-p-i-n-g.html

Jan Hansen schreibt u.a. für die IMI.

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