Nonviolent Peaceforce

Räume schaffen für friedliche Konfliktbearbeitung

von Stephan Brües

Seit fast 10 Jahren arbietet die Nonviolent Peaceforce (NP) in fünf Ländern für gewaltfreie Lösungen in Konfliktgebieten und den Schutz von Menschen(rechten). Wie und auf welcher Grundlage macht sie das?

In der NP kamen Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen zusammen: GandhianerInnen aus Asien trafen auf NordamerikanerInnen, die von M.L. King beeinflusst waren oder sich bei Witness for Peace oder Peace Brigades International engagierten, und auf EuropäerInnen, die im Balkan Peace Team mitarbeiteten.

In der Gründungsphase zwischen der Den Haager Friedenskonferenz 1999 und der Gründungsversammlung Ende 2002 wurde für die Idee geworben, eine Friedensarmee aufzubauen, in der ausgebildete, bezahlte Friedensfachkräfte auf Einladung lokaler Gruppen in Konfliktgebiete entsandt werden, “um dort das Töten und Zerstören zu verhindern und Menschenrechte zu schützen. So sollen Freiräume geschaffen werden, damit lokale Gruppen ihren gewaltfreien Kampf fortsetzen, in Dialog miteinander treten und friedliche Konfliktlösungen suchen können.“ (Mission der Nonviolent Peaceforce)

Was die NP von anderen unterscheidet, ist, dass sie dieses Ziel in größerem Maßstab verwirklichen möchte, d.h. in mehreren Gebieten auf verschiedenen Kontinenten mit mehr als 50 oder 100 Friedensfachkräften pro Projekt. Bisher arbeitet(e) die NP in fünf Ländern: Sri Lanka (2003-2011), Guatemala (2006/2007), Mindanao/Philippinen (2006-), Südsudan (2009-), Georgien/Abchasien (2011-). Aktuell wird ein Projekt in Kirgisien geplant.

Diese Projekte wurden von Außen- oder Entwicklungsministerien in Großbritannien, Deutschland oder Belgien sowie der EU-Kommission finanziert, und in Teilaspekten der Arbeit von UN-Organisationen. So finanziert(e) UNICEF ein Projekt für die Arbeit mit Kindersoldaten in Sri Lanka, Mindanao und im Südsudan.

Die Lobbyarbeit und die interne Organisationsentwicklung der als Netzwerk von 66 Organisationen weltweit organisierten NP werden aus Spenden finanziert, insbesondere aus den USA. Der Sitz der NP ist Brüssel und Minneapolis/USA.

Die Annahme von Regierungsgeldern ist nicht ohne Risiken: Dass Staaaten wie Großbritannien, Deutschland oder aktuell Belgien Projekte in Sri Lanka oder im Sudan unterstütz(t)en, oder die EU auf den Philippinen, ist auch Folge der Lobbyarbeit von NP in Brüssel sowie der beginnenden Einsicht, dass militärische Einsätze – wenn überhaupt - keine dauerhafte Konfliktlösungen  brachten. Als Kriitkpunkt bleibt, dass angesichts der weiterhin forcierten Militäreinsätze die paar Millionen für NP-Projekte finanziell nicht so wahnsinnig ins Gewicht fallen. Von negativen politischen Auswirkungen auf die Arbeit von NP kann nicht geprochen werden. Im Gegenteil: Durch Anzapfen verschiedener EU-, aber auch nationaler Töpfe konnten zumindest die europäischen Mitgliedsorganisationen der NP organisatorisch zusammenwachsen, sich jährlich treffen und austauschen, etc. . Wenn auch nicht ausreichend, so  ist die zivile Komponente der Außen- und Sicherheitspolitik in Europa doch anerkannt.

Das gilt zunehmend auch für die UN: UNDP, UNICEF und UNHCR sehen in NP einen Partner für die Menschen- und Kinderrechts-, aber auch Flüchtlingsarbeit in Konfliktgebieten. Letztere könnte als Beeinflussung des Mandats der NP Sri Lanka interpretiert werden, da die Arbeit mit den internen Flüchtlingen ursprünglich nicht vorgehen war. Andererseits aber kann das Mandat eines Projektes nicht als unabänderlich gelten, sondern muss auch durch praktische Erfordernisse verändert werden können, sofern die Grundsätze der Arbeit nicht dadurch verletzt werden.

Damit sind wir bei den Grundsätzen der NP und der Herangehensweise an die Konflikte.

Das erste, was das dreiköpfige NP-Team in Trincomalee an der Ostküste Sri Lankas unternahm, war ein Büro zu suchen. Die drei gleichstarken Volks- und Religionsgruppen – Muslims, Tamils und Senghalese – konzentrierten sich in eigenen Wohnvierteln. Dort, wo diese geographisch aufeinander stießen, stießen die Menschen im Falle einer Eskalation der Konflikte auch praktisch aufeinander. “Genau dort haben wir unser Büro eröffnet”, sagte Kati Hötger. Das Büro wurde Anlaufstelle für jede/n in der Stadt; sie konnten ihre Probleme los werden, auch ihre Gerüchte über das, was vermeintlich oder tatsächlich in der Stadt geschah. Da Gerüchte häufig Beiträge zur Eskalation eines Konfliktes sind, gehört es zu den Maßnahmen der Konfliktprävention der NP, diese Gerüchte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und das Ergebnis bekannt zu machen.

NP ist allparteilich, d.h. sie versucht, zu jeder Konfliktpartei ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Sobald dieses vorhanden ist, wird es genutzt, um z.B. Angehörigen von entführten Kindersoldaten zu helfen, ein Dorf vor Schaden durch gewaltsame Scharmützel in der Nähe zu bewahren oder internen Flüchtlingen die Rückkehr in ihr Heimatdorf ermöglichen.

NP geht in ein Konfliktgebiet auf Einladung eines Partners, meist Friedensgruppen, die in ihrer Versöhnungsarbeit Unterstützung brauchen. Auch wenn internationale Präsenz, v.a. beim Schutz von bedrohten Personen, weiterhin wichtig ist, so geht die Tendenz dazu, mehr nationale Friedensfachkräfte einzustellen. Die Internationalen vermitteln den lokalen Gruppen das Handwerkzeug, das sie selbst befähigen soll, ihre Gemeinde zu beschützen und Konflikte durch Dialoge zu bearbeiten.

Weitere Infos: www.nonviolentpeaceforce.org und www.nonviolent-peaceforce.de

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Stephan Brües ist freier Journalist/Texter und Co-Vorsitzender des Bunds für Soziale Verteidigung.