Oberlandsgericht verurteilt Friedensaktivistin

Schadensersatz für BW-Blockade

von Soligruppe "Militarismus-jetzt-stoppen"
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Im Februar 2008 wurde ein Transportzug der Bundeswehr durch eine Blockadeaktion mehrere Stunden lang aufgehalten. Damals hatte sich eine Aktivistin in Ohrstedt/Nordfriesland an die Gleise gekettet und so die Weiterfahrt des mit Kriegsmaterial beladenen Zuges um mehrere Stunden verzögert.

Die heute 25-Jährige muss sich nun in der Folge sowohl straf- als auch zivilrechtlich für die Aktion verantworten. Das Amtsgericht Husum und das Landgericht Flensburg entschieden im Strafverfahren gegen die Aktivistin. Sie wurde zu 90 Tagessätzen Geldstrafe wegen Störung öffentlicher Betriebe und Nötigung verurteilt Über die eingelegte Revision in diesem Verfahren muss nun das Oberlandesgericht in Schleswig entscheiden.

Am gleichen Gericht, dem OLG Schleswig, wurde am 25.2.2011 auch das Urteil im Zivilstreit zwischen Bahn und Aktivistin gesprochen. In dieser Auseinandersetzung fordert die DB Netz AG 14.000 Euro für durch die Räumung notwendig gewordenen Reparaturarbeiten am Gleis. "Wer Kriegsmaterial transportiert, ist mitverantwortlich für das, was damit in anderen Teilen der Welt angerichtet wird. Die Bahn ist kein neutrales Transportunternehmen, sondern Profiteurin der Kriege" kommentiert Hanna Poddig die Forderung gegen sie. Das Oberlandesgericht entschied nun, sie sei dem Grunde nach schadensersatzpflichtig. Das bedeutet, dass die genaue Höhe der Forderungen noch von einem anderen Gericht festgelegt werden muss, der Anspruch der Bahn in der Sache allerdings als gerechtfertigt angesehen wird.

Die Urteilsverkündung wurde vor dem Gericht von einem satirischen Straßentheater begleitet. Ein fiktiver "Freundeskreis Bundeswehrbahn" feierte mit Sekt und Smoking die Verurteilung und lud PassantInnen und Gerichtsangestellte ein, darauf anzustoßen, dass nun endlich wieder "Freie Bahn für Rüstungs- und Militärtransporte" herrsche.

Wie auch bereits die mündliche Verhandlung wenige Wochen zuvor, fand auch die Urteilsverkündung wieder in einem Hochsicherheitssaal mit Glastrennscheibe zwischen Publikum und Richterbank statt. Umfangreiche Einlasskontrollen und willkürliche Ausschlüsse von Personen im Publikum überschatteten das Geschehen. "Die nach dem 11. September gegründete schleswig-holsteinische Spezialeinheit von Justizangestellten MEG (Mobile Einsatzgruppe Justiz) wurde herbeigerufen, um als Antiterroreinheit den Sitzungssaal vor kritischen FriedensaktivistInnen zu schützen. Das wirkt irgendwie schon ganz schön absurd", so Poddig angesichts der Sonderbehandlung.

In der juristischen Auseinandersetzung geht es immer wieder ganz zentral um die Frage der fehlenden Versammlungsauflösung. Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Verfassungsgerichtsurteils zur Demonstrationsfreiheit an Flughäfen ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig mehr als fragwürdig, denn das Schleswiger Gericht tut darin so, als handle es sich bei Schienen um einen rechtsfreien Raum. "Das Verfassungsgericht hat klar entschieden, dass Staatsunternehmen, auch wenn sie privatwirtschaftlich organisiert sind, einer direkten Grundrechtsbindung unterliegen. In meinem Fall hätte das bedeutet, dass die Polizei die Versammlung hätte auflösen müssen und erst danach die Räumung hätte beginnen können. Das ist allerdings nicht geschehen, weshalb aus unserer Sicht keine Pflicht bestand, sich aus dem Gleisbereich zu entfernen", so Poddig.

Die Aktivistin prüft nun weitere Rechtsmittel gegen das Urteil, dass in ihren Augen auch für andere politische Akteure von hoher Relevanz ist. Vergleichbare Verfahren laufen auch gegen Anti-Atom-Aktive und Menschen, die Widerstand gegen Stuttgart 21 geleistet haben.

Spendenkonto zur Deckung der Anwaltskosten:
Kontoinhaber: Hauke Thoroe
BLZ: 217 500 00, Konto-Nr: 111 026 274, Stichwort Gleisblockade-Zivilprozess

Mehr Informationen unter: http://www.militarismus-jetzt-stoppen.de.vu

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