15. Mai – Internationaler Tag zur Kriegsdienstverweigerung

Solidarität mit Kriegsdienstverweigerern in Südkorea

von Andreas Speck

Die südkoreanische Kriegsdienstverweigerer-Bewegung ist noch sehr jung. Sie geht zurück auf das Jahr 2000, als Menschenrechtsorganisationen sich zum ersten Mal zusammenschlossen, um das Schicksal der Zeugen Jehovahs in die Öffentlichkeit zu bringen, die seit 1939 aufgrund ihrer Kriegsdienstverweigerung ins Gefängnis gegangen sind. Seitdem sind mehr als 10.000 Zeugen Jehovahs wegen ihrer Kriegsdienstverweigerung ins Gefängnis gegangen, und vielen Wehrpflichtigen und politischen Gefangenen war dies bekannt, doch es erreichte trotzdem nicht das öffentliche Bewusstsein. Dies änderte sich erst im Jahr 2000, und im Dezember 2001 wurde eine neue KDV-Bewegung geboren, als Oh Tae-yang, ein Pazifist und Buddhist, seine KDV erklärte.

Neun Jahre und mehr als 5 000 KDVer später (die große Mehrheit noch immer Zeugen Jehovahs) gibt es in Südkorea noch immer kein Recht auf KDV, trotz einiger beeindruckender Erfolge.

Tatsächlich führte der Regierungswechsel im Dezember 2007 zu einem Rückschlag für die KDV-Bewegung, und die neue Regierung hat sich von einigen Versprechen der vorherigen Regierung distanziert – insbesondere dem Versprechen, ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung einzuführen. Aus diesem Grund entschied die War Resisters' International, die Situation in Südkorea zum Schwerpunkt für den Internationalen Tag zur Kriegsdienstverweigerung – den 15. Mai 2009 – zu machen.

Von Menschenrechten zu Antimilitarismus und Gewaltfreiheit
Als die koreanische KDV-Bewegung begann, war sie von Menschenrechtsorganisationen dominiert, und der Diskurs konzentrierte sich auf das Menschenrecht Kriegsdienstverweigerung, basierend auf der Religionsfreiheit. Auch wenn einige Friedensorganisationen von Anfang an dabei waren, so war in den frühen Tagen der Bewegung der Diskurs zu Frieden und Antimilitarismus in der Bewegung nicht sehr sichtbar. Das ist verständlich. Zu Beginn war die Bewegung eine Reaktion auf die routinemäßige Inhaftierung von Zeugen Jehovahs und das Schweigen darüber. Das sollte sich ändern – erst langsam, mit der KDV-Erklärung von Oh Taeyang, und dann schneller, mit dem Irak-Krieg, der Entsendung koreanischer Truppen in den Irak, und der KDV-Erklärung von Cheol-min Kang im November 2003, ein Wehrpflichtiger, der sich weigerte seinen Wehrdienst weiter abzuleisten, basierend auf seiner Opposition gegen den Krieg im Irak.
Die Bewegung entdeckte außerdem die Gewaltfreiheit als Kampfmittel. Aus zahlreichen Quellen lernte sie über Gewaltfreiheit, organisierte Workshops, eine jährliches Friedenscamp, und beteiligte sich an anderen Kampagnen, in die sie eine gewaltfreie Perspektive einbrachte.

Erfolge
Trotz der Tatsache, dass das Recht auf KDV in Südkorea noch immer nicht anerkannt ist, hat die Bewegung doch eine Reihe juristischer und politischer Erfolge vorzuweisen:

  • eine Verringerung des üblichen Strafmaßes von drei Jahren auf 18 Monate. Entsprechend der derzeitigen rechtlichen Situation ist das die Minimalstrafe, die zu einer Entlassung aus dem Militär führt und somit eine erneute Einberufung vermeidet;
  • KDVer werden nicht mehr vor Militärgerichte gestellt, sondern vor zivile Strafgerichte;
  • eine bahnbrechende Entscheidung des Menschenrechtskomitees der Vereinten Nationen zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung, die deutlich besagt, dass die Nicht-Anerkennung des Rechts auf KDV eine Verletzung der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit darstellt;
  • eine Empfehlung der Nationalen Menschenrechtskommission Südkoreas, das Recht auf KDV anzuerkennen;
  • sogar eine Ankündigung des südkoreanischen Verteidigungsministerium, dass es ein Recht auf KDV einführen würde, auch wenn dies nach dem Regierungswechsel zurückgenommen wurde;
  • und entsprechend mehrerer Meinungsumfragen unterstützt heute eine Mehrheit der SüdkoreanerInnen die Idee eines Rechtes auf KDV.

Für eine nur acht Jahre alte Bewegung ist diese Liste von Errungenschaften sehr beeindruckend.

Hindernisse
Auch wenn die Bewegung ihrem erklärten Ziel, der Einführung des Rechtes auf KDV, sehr nahe kam, so hat der Regierungswechsel nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2007 die Situation verändert. Am 24. Dezember 2008 gab das Verteidigungsministerium bekannt, dass das Recht auf KDV nicht anerkannt werden kann, da es vom koreanischen Volk nicht unterstützt würde (die Frage ist, warum die Meinungsumfrage im Auftrag des Verteidigungsministeriums zu einem so anderen Ergebnis kam – wer zahlt, bestimmt das Ergebnis?).

Der Rechtsruck in der Regierung hat erneut die Kräfte des Militarismus und Antikommunismus gestärkt, die ein Recht auf KDV absolut ablehnen – trotz internationaler Verpflichtungen entsprechend von Menschenrechtsabkommen, die von Südkorea verlangen, das Recht auf KDV anzuerkennen.

Mehr Druck ist nötig
Die koreanische KDV-Bewegung hat in der Zwischenzeit ungefähr 500 weitere Beschwerden beim Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen eingereicht. Es kann davon ausgegangen werden, dass alle 500 genauso entschieden werden wie die ersten zwei im Jahr 2006 – das Südkorea Menschenrechte verletzt, indem es das Recht auf KDV nicht anerkennt.

Die War Resisters' International hebt am 15. Mai 2009 die Situation in Südkorea hervor, um den Druck durch die internationale KDV-Bewegung zu verstärken. KDVer aus der ganzen Welt werden sich in Seoul treffen, um ihre Unterstützung für die südkoreanischen KDVer deutlich zu machen. Auch Du kannst Deine Unterstützung zeigen. Organisiere eine Aktion vor einer südkoreanischen Botschaft oder einem Konsulat! Schreibe an den Präsidenten Südkoreas, und fordere das Recht auf Kriegsdienstverweigerung!

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Rubrik

Friedensbewegung international
Andreas Speck war Pressesprecher von Action AWE während des Burghfield Disarmament Camp. Seit Mitte September lebt er in Sevilla und engagiert sich im Red Antimilitarista y Noviolenta de Andalucia (RANA). mail@andreasspeck.info, http://andreasspeck.info