Schildbürgerstreich

Sondernutzungserlaubnis für die Ausübung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung ?

von Hermann Theisen

Das Landratsamt Rottweil geht bereits seit längerer Zeit rigoros gegen die Verbreitung von Heckler & Koch-Aufrufe zum Whistleblowing vor. Nachdem die Behörde bereits zweimal Flugblattverteilverbote erlassen und sich zudem geweigert hat, Briefe mit den Flugblättern an KommunalpolitikerInnen weiterzuleiten, ist sie nun noch einen Schritt weiter gegangen:

Als am 18. Mai d.J. während einer Gewaltfreien Aktion erneut die Aufrufe zum Whistleblowing am Werkstor des Waffenherstellers Heckler & Koch (Oberndorf) verteilt wurden, hat das Landratsamt Rottweil die Flugblätter kurzerhand durch die anwesende Polizei beschlagnahmen lassen, ohne einen hierfür zwingend erforderlichen richterlichen Beschluss einzuholen. Flugblätter fallen unter das Presserecht, das bei Beschlagnahmungen sehr enge Grenzen setzt, um staatliche Eingriffe abzuwehren. Deshalb verbietet das Pressegesetz ausdrücklich eine polizeirechtliche Beschlagnahme von Flugblättern.

Beim Verwaltungsgericht Freiburg wurde daraufhin eine Feststellungsklage gegen das Landratsamt Rottweil und das Polizeirevier Oberdorf erhoben, um die Rechtmäßigkeit der Flugblattbeschlagnahme überprüfen zu lassen. Anstatt nun ihr grundrechtsverletzendes Vorgehen zu hinterfragen, legte das Polizeirevier Oberndorf der Stadtverwaltung Oberndorf nun eine Anzeige gegen den Flugblattverteiler vor und begründete diese wie folgt: „Sie haben die öffentliche Verkehrsfläche zum Verteilen von Flyern benutzt, ohne im Besitz einer Sondernutzungserlaubnis zu sein.“ Auf Nachfrage teilte das zuständige Ordnungsamt hierzu mit, dass der Behörde von Heckler & Koch „Bilder mit einem Stick vorgelegt“ worden seien (Überwachungskamera) und nun ein Verstoß gegen das Straßenrecht geprüft werden müsse, der den Erlass eines Bußgeldbescheids zur Folge haben könne.

Dieser Vorgang ist derart grotesk, dass man der Behörde nur wünschen kann, es möge zu keinem Bußgeldbescheid kommen, damit kein Gericht bemüht werden muss, ein solch kafkaesk anmutendes behördliches Handeln überprüfen zu müssen …

Für Rückfragen und weitere Infos: Hermann [dot] Theisen [at] t-online [dot] de. Hermann Theisen  ist Friedensaktivist und lebt in Heidelberg.

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