Zu einer These von Dr. Gabriele Kleb-Braun, Richterin im Hochschuldienst

Staatlicher Zwang zum Kriegsdients ist Verfassungsbruch

Dr. Kleb-Braun hat in einem Aufsatz in "Betrifft Justiz" Nr. 10/Juni 1987, S. 51 ff nachgewiesen, warum die Kriegsdienstpflicht und zugleich die allgemeine Wehrpflicht Verfassungsbruch bedeutet. Diese Position hat sie in Zusammenhang mit einer Verfassungsklage in einem Totalverweigererprozeß entwickelt. In Kürze ihre Kernthese und die Begründung:
 
Art. 1,1: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung alle staatlichen Gewalt."
Art. 2,2: "Jeder hat das Recht auf Le¬ben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."
Art. 19, 2: "In keinem Fall darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden."

Demgegenüber hat der Staat die menschenverachtende und grundrechtsverletzende Regel aufgestellt: Männer dürfen zum Kriegsdienst gezwungen werde. Mit dem Einberufungsbescheid werden aus Männern Soldaten, endet ihr Menschsein, werden sie zu Gehorsam und Tapferkeit verpflichtet, werden sie durch eine innerstaatliche Selektionsmaßnahme ausgesondert aus der Gemeinschaft derer, die der Staat schützen muß. Durch Aussonderung und Uniformierung erhalten Menschen so den Kombattanten-Status, werden auch rechtlich als Vernichtungsziele gekennzeichnet, ihre zivile Rechtsstellung wird aberkannt und damit auch ihr Recht auf Leibes- und Lebensschutz.
Das Bundesverfassungsgericht läßt sich auf eine juristische Diskussion nicht ein und teilt mit, soldatische Mannespflicht sei eben normal, schon lange selbstverständlich und andere Staaten hätten das auch. Wenn die Lebensinteressen des Staates in äußerster Not seien, könnten Grundrechte eingeschränkt werden. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Menschenwürde absolute Grenze staatlicher Gewalt zu sein hat und damit verbunden das Recht auf Leben, da nur der lebende Mensch Träger von Menschenwürde sein kann. Deshalb ist staatlicher Zwang zum Kriegsdienst Verfassungsbruch. Da der Grundwehrdienst aus der Kriegsdienstpflicht begründet wird, ist er ebenso verfassungswidrig.
Richter sind in diesem Staat eigentlich als unabhängige, also denkende Organe der Rechtspflege konzipiert, sie schwören, nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen, stattdessen verstecken sie sich hinter Formeln und Floskeln wie "staatliches Interesse" und "parlamentarisch zustandegekommenes Gesetz", sperren sie Totalverweigerer ins Gefängnis und unterziehen junge Männer der Inquisition von Gewissensprüfungen.

(Diese Zusammenfassung besteht größtenteils aus Teilzitaten des ge¬nannten Aufsatzes, die nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.)

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