Institut für Ökonomie und Ökumene gegründet

Südwind kommt auf

von Thomas Gerhards
Initiativen
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"Heute ist es der Ostwind der Freiheit und der Demokratie, der das Alte hinwegfegt. Morgen wird es der Südwind der Gerechtigkeit und der Befreiung sein, der die Unterdrückten aus ihren Ketten löst", so prophezeite Jim Wallis 1990 auf der Ökumenischen Weltversammlung für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung in Seoul. Anfang Januar wurde in Köln ein Verein gegründet, der sich diese Vision auf die Fahne geschrieben hat: Südwind e.V. will sich für wirtschaftliche Gerechtigkeit -weltweit und hier-einsetzen. Hierzu wird ein 'Institut für Ökonomie und Ökumene' in Siegburg bei Bonn aufgebaut.

Was will diese bemerkenswerte Initiative? Und wie will sie ihrem hohen Anspruch gerecht 'werden die Unterdrückten aus ihren Ketten‘ zu lösen?

Seit einigen Jahren haben sich kritische Christen im konziliaren Prozeß für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung zusammengeschlossen.

Viele Erklärungen, Beschlüsse und Texte sind seitdem entstanden. Wirtschaftliche, Ungerechtigkeit, Verschuldung der Dritten Welt, Ausbeutung hier und im Süden der Erde, ungerechte Rohstoffpreise; dies sind nur einige Stichworte der Diskussion, die zeigen, wie nötig wir die Eigengesetzlichkeit unserer Wirtschaft, die auf Profitmaximierung, Konkurrenz und 2/3 Welt hinausläuft hinterfragen müssen.

Um dies solide und wirksam zu tun, ist fachliche Kompetenz und professionelle Arbeit nötig, denn ehrenamtliche Aktionsgruppen und engagierte Einzelne kommen sehr schnell an die Grenze ihrer Möglichkeiten, wenn sie sich mit Konzernen und wirtschaftlichen Strukturen beschäftigen.

Einzelne und Gruppen machen die ernüchternde Erfahrung, wie schwer es ist, Zusammenhänge der Weltwirtschaft·zu durchschauen, Informationen über mächtige Akteure, ihre Interessen und wirtschaftliche Verflechtungen zu erhalten und diese anderen zugänglich und durchsichtig zu machen. Und sehr schnell werden. kritische Anfragen von den wirtschaftlich und politisch Mächtigen mit dem Vorwurf fehlender Kompetenz in ihre Grenzen verwiesen.

Die Initiative Südwind will ein Bindeglied zwischen wissenschaftlich-professionellem Wissen und aktionsorientierter ehrenamtlicher Innovationsgruppenarbeit christlicher Friedensgruppen sein.

In den USA, in Großbritannien und den Niederlanden gibt es bereits verschiedene Studien- und Aktionszentren zur „Alphabetisierung“ in Wirtschaftsfragen. Die Gründung des „Instituts für Ökonomie und Ökumene“ will zu dieser Alphabetisierung beitragen.

Welche Aufgaben hat das Institut?
Einmal soll solide wissenschaftlich-ökonomische Analyse bereitgestellt werden, wobei dies unter der „Option für die Armen und Unterdrückten“ geschehen soll. Zweitens sollen theologische und ethische Fragen bearbeitet werden, die die bestehenden Wirtschaftskonzepte aufwerfen. Drittens sollen die Arbeitsergebnisse in vielfältiger Zusammenarbeit pädagogisch umgesetzt werden und Unterstützung für die·konkrete politische Praxis von Ein¬zelpersonen, Friedensgruppen, und Kirchengemeinden geben. Außerdem will das ‚Institut·für Ökonomie und Ökumene‘ Hilfe anbieten für eine alternative Praxis im Umgang mit Geld, Kredit und Zins. Die Anwaltschaft für Unterdrückte gegenüber den politisch und ökonomisch Mächtigen ist dabei wichtig.

Arbeitsschwerpunkte und Organisation
Träger des Instituts ist der Verein Südwind e:V. Dem Institut steht ein Fachbeirat zur Seite. Personell soll es zunächst mit zwei Wissenschaftlerinnen und einer Verwaltungskraft besetzt werden. Ein Förderkreis und verschiedene Zuschußgeber sollen neben den Mitgliedsbeiträgen des Vereins die Finanzierung sicherstellen.

Die konkrete·Festlegung der Arbeitsthemen und -schwerpunkte soll und wird in einem gemeinsamen Diskussionsprozess von Mitgliedern, Beirat und Verein zusammen mit den an der Arbeit des Instituts Interessierten entwickelt.

Zu einem ersten Themenforum im März wurden eine Vielzahl von Vorschlägen eingereicht und diskutiert. Als Ergebnis wurden drei Arbeitsschwerpunkte bestimmt:

  • die Frauenperspektive
  • Theologie und Ökonomie
  • Verantworteter Umgang mit Geld (ethisches Investment)

Erste Schritte Sind der Aufbau einer Dokumentation bzw. eines Archivs zu·diesen Themen, der Aufbau von Arbeitskreisen sowie Kontakte mit dazu arbeitenden Gruppen und Institutionen.

Der Anfang Januar 1991 gegründete Verein „Südwind“ hat inzwischen 50 Mitglieder und bemüht sich zur Zeit um Zuschüsse.

Das Institut wird seinen Sitz in Siegburg (bei Bonn) haben, wo in einem Arbeitslosenzentrum, einer alten Fabrik; Räumlichkeiten angemietet wurden. Als erste hauptamtliche Mitarbeiterin konnte die langjährige Geschäftsführerin der Anti-Apartheid-Bewegung Ingeborg Wick gewonnen werden. Ein Ökonomie-Referent soll, sobald die Finanzierung gesichert ist, fogen. In zwei Arbeitskreisen werden schon erste Aktivitäten von Südwind u.a. zum Thema „ethisches Investment“ vorbereitet.

Südwind sucht Mitglieder und Förderer/Föderinnen
Die Initiative Südwind ist wichtig und notwendig für die Friedensbewegung. Wirtschaftliche Gerechtigkeit, hier und weltweit; ist die Bedingung jeden dauerhaften Friedens. Angesichts einer in reich und arm gespaltenen Welt kann man/frau nur hoffen, daß Südwind nicht einleises Säuseln bleibt, sondern zu einem kräftigen Sturm anschwillt, der den Mächtigen ins Gewissen redet und die Friedensgruppen, seien sie christlich, humanistisch oder sonst was, in ihrer Arbeit bestärkt.

Zur Finanzierung der Arbeit werden noch Förderer/Förderinnen gesucht, Für die·Mitarbeit und inhaltliche Gestaltung sucht Südwind weitere Einzelpersonen, Initiativgruppen oder Kirchengemeinden als Mitglieder.

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Thomas Gerhards, Kürfürstenstr. 68, 53 Bonn 1, 22 95 40, 31 Jahre alt, Schrei­ner/Dipl.Theologe und Sozialwissen-schaftler. Mitglied von Pax Christi Bonn und "Kritische Aktionäre der Deutschen Bank".