Tabubruch mit Folgen

von Thomas Krahe
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Am 5.April zelebrierte die Bundeswehr in Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Tölz ein öffentliches Gelöbnis. Es kamen rund 1000 Zuschauer, darunter das gesamte Aufgebot städtischer Heimat-Vereine, die Fahnen mit Slogans wie "Für Gott, Ehre, Vaterland" schwangen. Städtische Bedienstete bekamen für den Besuch der Veranstaltung an diesem "Feier"-Tag frei.

Ohne vorherige Ankündigung betraten 6 Aktive der Friedensinitiative Bad Tölz-Wolfratshausen jeweils zu zweit an 3 markanten Punkten des Programms das unmittelbare Gelände, entfalteten Transparente und nahmen in aller Ruhe ihre demokratische Kontrollfunktion der Bundeswehr wahr. Zusätzlich war eine Beobachtergruppe von Amnesty International anwesend.

Die Reaktionen waren prompt. Ein Aktivist wurde von Zuschauern zu Boden gerissen und mit den Worten "Dir brech ich das Genick" gewürgt. Erst die Feldjäger befreiten ihn aus dem Schwitzkasten, nahmen aber nicht etwa den Gewalttäter fest, sondern sein Opfer. Zuschauer beschimpften uns mit rechtslastigen Sprüchen wie "Ihr gehört vergast", eine Journalistin wurde bespuckt. Einen Tag später wurde der städtische Bedienstete und Friedensaktivist Thomas Krahe von der Stadt Bad Tölz gekündigt.

Diese Reaktionen entfachten eine Sturm der Entrüstung. Die Presse berichtete wochenlang bayernweit in unserem Sinne, für Leserbriefe wurden Extra-Seiten reserviert, der Bürgermeister geriet zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. Geschickt nutzte er die besonderen Umstände der Probezeit, um die Kündigung unanfechtbar zu machen. Dennoch sah er sich gezwungen, uns die Zusage zu einem öffentlichen Runden Tisch zum Thema Neue Bundeswehr zu geben. Endlich haben wir den Beginn einer öffentlichen Diskussion über die verfassungswidrige Umstrukturierung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee.

Die breite Sympathie versetzt uns in die Lage, zu versuchen, über Spenden eine Friedensarbeiterstelle zu schaffen, um den verlorenen Arbeitsplatz zu ersetzen. Das würde uns bei unserem Bürgerbegehren gegen die Patenschaft der Stadt Wolfratshausen mit einem Kriegsschiff sehr unterstützen. Die Resonanz ist so groß, dass das Vorhaben durchaus Erfolg verspricht.
 

Unsere Friedensinitiative hat an Sympathie und politischer Kraft gewonnen. Beim Übertreten von Tabus ist zwar mit heftigen Konsequenzen zu rechnen, aber die Verletzung sakraler Akte des Militarismus legt den Kern der Verbundenheit mit der Bundeswehr frei und bewirkt die nötige persönliche Betroffenheit, die wir für eine sachliche Diskussion brauchen. Wir werden diesen Weg weiter beschreiten.

Mehr Informationen unter: www.friedensini.de

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Thomas Krahe ist aktiv in der Friedensinitiative Bad Tölz-Wolfratshausen und Teilnehmer der Bagdad-Mission des VB.