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Beitrag zum Rechtsfrieden:
Täter-Opfer-Ausgleich
vonTäter-Opfer-Ausgleich zielt auf die Behebung eines zwischen einem Schädiger und einem Geschädigten durch eine Straftat entstandenen Konflikts im Wege der Wiedergutmachung des materiellen und des immateriellen Schadens. Wenn und soweit sich Geschädigter und Schädiger darauf einlassen, ist wesentlicher Bestandteil eines Täter-Opfer-Ausgleichs ein von einem geschulten Vermittler oder einer geschulten Vermittlerin begleitetes Gespräch. Die Beteiligten erzielen Übereinstimmung zu Art und Umfang des Ausgleichs. Wichtig ist, daß der Geschädigte von dem Druck der Tatfolgen, vielleicht auch von seiner Angst vor erneuten Angriffen, befreit wird und daß der Schädiger seine Verantwortung gegenüber dem Geschädigten übernimmt.
Im Rahmen des Strafrechts ist der Täter-Opfer-Ausgleich eine neue Form des Umgangs mit Kriminalität. Die Veranlassung eines Täter-Opfer-Ausgleichs fällt in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte. Angeregt werden kann er durch alle Berufsgruppen, die mit Tätern oder Opfern zu tun haben. Zumeist sind dies (Jugend-)Gerichtshelfer und Mitarbeiter der Einrichtungen, die auf Täter-Opfer-Ausgleich spezialisiert sind, aber auch Polizisten und Rechtsanwälte. Anwendung findet er insbesondere bei allen Formen von Körperverletzung, einschließlich gefährlicher Körperverletzung, bei Diebstahl, Einbruchsdiebstahl, aber auch Raub, Sachbeschädigung, Betrug etc. Die Möglichkeit für einen Täter-Opfer-Ausgleich ergibt sich eher aus der Fallkonstellation als aus der Gewichtung einer Straftat - wobei schwerste Kriminalität ausgeschlossen ist. Wenn im Bereich dieser sog. Alltagskriminalität in großem Umfang von der Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs Gebrauch gemacht würde, könnte dies zu einer Entlastung der Staatsanwaltschaften und Strafgerichte führen. Nach Schätzungen wären etwa 30 % der anklagefähigen Verfahren ausgleichsfähig.
Einführung und Fortentwicklung des Täter-Opfer-Ausgleichs verdanken sich vor allem einigen Projekten, die in den 80er Jahren modellhaft und wissenschaftlich begleitet mit der Umsetzung der Idee von Konfliktschlichtung - insbesondere im Bereich des Jugendstrafrechts - begonnen haben. Eine erste Phase weiterer Verbreitung im Jugendbereich entwickelte sich durch die Übernahme dieses Aufgabengebiets durch Jugendämter, nachdem der Täter-Opfer-Ausgleich im Ersten Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes ausdrücklich verankert worden war. Soweit nicht jugendamtsintern die Jugendgerichtshilfe die Durchführung gewährleisten konnte, wurde der Täter-Opfer-Ausgleich vielerorts an freie Träger delegiert.
Die Verbreitung im allgemeinen Strafrecht nimmt ihren Weg über die Zuständigkeit der Gerichtshilfen oder, wie z.T. in den neuen Bundesländern, über speziell für Täter-Opfer-Ausgleich eingerichtete Stellen bei den Sozialen Diensten der Justiz. Bundesweit gibt es etwa dreihundert Einrichtungen, die Täter-Opfer-durchführen. In einigen Bundesländern wird die Durchführung durch Verwaltungsvorschriften geregelt.
Außergerichtliche Konfliktbeilegung
Neue Möglichkeiten für den Ausgang von Strafverfahren bei Erwachsenen stecken im Verbrechensbekämpfungsgesetz, das zum 1.12.1994 inkraftgetreten ist. Täter-Opfer-Ausgleichs hat damit im Strafgesetzbuch Niederschlag gefunden, insbesondere kann das Gericht aufgrund eines erfolgten bzw. ernsthaft angestrebten Täter-Opfer-Ausgleichs nach dem neuen _ 46 a StGB die Strafe mildern und unter bestimmten Voraussetzungen ganz von Strafe absehen.
Obwohl der Täter-Opfer-Ausgleich eine strafrechtliche Reaktionsform ist, gehört er als außergerichtlicher Versuch der Konfliktbeilegung im Kern und in der Methodik in den Kontext von Vermittlungskonzepten in Streit- und Konfliktfällen, wie sie sich seit einem guten Jahrzehnt unter dem Begriff "Mediation" vor allem im Bereich von Trennung und Scheidung entwickelt haben und zunehmend auch in anderen Gebieten, wie im Arbeits-, Umwelt- oder Wirtschaftsrecht, Anwendung finden.
Bei der praktischen Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs sind vonseiten der Konfliktschlichtungsstellen zunächst die Bereitschaft von Täter und Geschädigtem zur Teilnahme sowie die Voraussetzungen für Möglichkeit und Umfang von Wiedergutmachung zu klären. Dies geschieht zumeist in getrennten Gesprächen mit den Betroffenen. Die Anregung zu einer persönlichen, von einem Konfliktschlichter moderierten Auseinandersetzung, setzt die freiwillige Entscheidung zur Teilnahme sowohl des Schädigers als des Geschädigten unabdingbar voraus. Methodisch betrachtet, durchläuft das Gespräch verschiedene Phasen, in denen unter Berücksichtigung z.T. starker Emotionen Unterschiede und Annäherungen herausgearbeitet werden.
Nutzen für Opfer
Leider werden praktischer Nutzen und Chancen, die das Institut des Täter-Opfer-Ausgleichs bietet, noch nicht genügend zur Kenntnis genommen, obwohl beides nach inzwischen zehnjähriger Erfahrung bei einigen Projekten als erwiesen gelten darf. Hervorzuheben ist der Vorteil für Geschädigte, sich und ihre Belange zur Geltung bringen zu können, was als Zeuge bei einem Strafverfahren im Normalfall nicht möglich ist, sowie über bestehende Opferfonds, aus denen Darlehen gewährt werden können, den bestmöglichen materiellen Ausgleich zu erreichen. Darüber hinaus hat ein Ausgleichsgespräch durch die Reduzierung von Konfliktstoff und Angst eine befriedende Wirkung. Aber auch der Täter hat den Vorteil, durch sein Verhalten die Einstellung seines Strafverfahrens, zumindest jedoch die Berücksichtigung seiner Wiedergutmachungsbemühungen bei der Strafzumessung bewirken zu können.
Die Wiederherstellung des Rechtsfriedens im Wege der Kommunikation ist, kurz gesagt, Sinn des Täter-Opfer-Ausgleichs. Zur Förderung dieser Idee wurde 1992 auf Beschluß von Bundestag und Bundesregierung ein "Servicebüros für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung" als Projekt der Deutschen Bewährungs-, Gerichts- und Straffälligenhilfe e.V. eingerichtet. Es handelt sich um eine Informations- und Beratungsstelle mit u.a. der Aufgabe, zum Konfliktberater im Arbeitsfeld Täter-Opfer-Ausgleich zu qualifizieren. Etwa zweihundertundfünfzig Teilnehmer haben diesen einjährigen berufsbegleitenden Lehrgang inzwischen absolviert.
Literaturangaben:
- Bannenberg, Britta: Wiedergutmachung in der Strafrechtspraxis; Schriftenreihe der DBH, 1993,
- Besemer, Christoph: Mediation, Vermittlung in Konflikten
- Bieri Susann, Ferel Alexa: Täter-Opfer-Ausgleich; P.Haupt Verlag ; 1994