Französisch Polynesien:

Tahiti auch ein Opfer der Atomtests?

von Sandra Busch

Tahiti wurde durch atomaren Niederschlag belastet, behauptete ein Bericht, der im Januar den Medien zugespielt wurde. Die Tahitipresse berichtete, dass die Insel Tahiti laut einer Untersuchung der Nationalversammlung von Französisch Polynesien, durch den atomaren Niederschlag der französischen atmosphärischen Nukleartests belastet wurde, die vor über 30 Jahren 1200 km (720 Meilen) entfernt durchgeführt wurden.

 

Obwohl der Bericht eines Untersuchungsausschusses der Nationalversammlung bis zum nächsten Treffen der Versammlung am 9. Februar der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden sollte, berichtete die RFO Fernsehstation, die im Besitz des französischen Staates ist und von diesem geführt wird, Dienstagnacht über die Ergebnisse der Untersuchung. Außerdem veröffentlichten die zwei französischen Tageszeitungen Polynesiens am Mittwoch ihre Versionen des Dokuments:

Frankreich habe die Auswirkungen der 41 atmosphärischen Tests, die zwischen 1966 und 1974 an den Tuamotuatollen von Moruroa und Fangataufa 1200 km südöstlich von Papeete durchgeführt wurden, heruntergespielt und zum Teil sogar verheimlicht. Frankreich hatte dort zwischen 1975 und 1991 sowie zwischen Juni 1995 und Mai 1996 außerdem 140 unterirdische Nuklearexplosionen durchgeführt.

Schon bevor die zu den Medien durchgedrungenen Informationen Schlagzeilen machten, war der Bericht des Untersuchungsausschusses auf dem besten Weg, genauso umstritten zu werden wie die 30 Jahre alte Debatte darüber, ob die französischen Tests irgendwelche Auswirkungen gehabt haben, und wenn ja, welche. Diese Debatte bezog sich hauptsächlich auf die Gesundheit der Arbeiter an den Testbasen sowie die der heute 250.000 starken französisch-polynesischen Bevölkerung.

Die Fertigstellung des Berichts des Untersuchungsausschusses benötigte fast sechs Monate. In dieser Zeit wurden Interviews und Besuche der südöstlichen Gambierinseln sowie Tureias, einem kleinen Atoll in der Nähe von Gambier, nur 115 km entfernt von Moruroa, durchgeführt.

Unutea Hirshon, ein Mitglied der Regierungspartei der Koalition in .der Nationalversammlung von Temaru, ist die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses sowie des Ständigen Ausschusses der Versammlung. Sie ist außerdem ein hochrangiges Mitglied der Politischen Unabhängigkeitspartei des Präsidenten von Französisch Polynesien, Oscar Temaru. Die Partei nannte die französischen Atomtests als einen von vielen Gründen für die Forderung nach Tahitis Unabhängigkeit anstelle eines französischen Überseegebietes.

Die Auszüge des Berichts und der Schlussfolgerungen des Untersuchungsausschusses, die in den Medien veröffentlicht wurden, behaupten: ,,Es ist nicht übertrieben zu denken, dass es auf (der Insel) Tahiti nach jedem atmosphärischen Test radioaktive Niederschläge gegeben hat."

Ein Medienbericht gab sogar an, die Größe und den Verlauf einiger, nach atmosphärischen Tests entstandenen, radioaktiver Wolken zu kennen. Beispiele hierfür sind der Aldebaran genannte Test vom 2. Juli 1966 und der Centaure genannte Test vom 17.Juli 1974.

Laut den Medien ergab der Bericht des Untersuchungsausschusses, dass es einen Zusammenhang zwischen den Tests und einer Reihe von Krebsvorkommen in Französisch Polynesien gibt. In diesem Zusammenhang wird auf die Studie des Französischen Nationalen Instituts für Gesundheits- und Medizinforschung (INSERM) hingewiesen.

Der Bericht empfiehlt die Einrichtung eines neuen Untersuchungsausschusses, um Nachforschungen über die französischen unterirdischen Nukleartest anzustellen. Diese wurden durchgeführt, nachdem Frankreich seine atmosphärischen Tests beendet hatte, berichtet eine Zeitung. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse des Ausschusses fordert der Bericht außerdem erneute Verhandlungen über höhere wirtschaftliche Entwicklungshilfen aus Frankreich als die derzeitigen 18 Milliarden französisch-pazifischen Francs (189,5 Millionen US Dollar, 150,8 Millionen Euro) pro Jahr, berichtet dieselbe Zeitung. Diese Direkthilfen für Französisch Polynesien, die unter ihrem französischen Akronym DGDE bekannt sind, bilden Frankreichs jährliche Kompensationszahlung für die Zollsteuern, die Französisch Polynesien für importiertes Material, das im Zusammenhang mit den französischen Nukleartests steht, inzwischen nicht mehr erhält.

Ein Großteil des Berichts des Untersuchungsausschusses basiert auf der Arbeit von Bruno Barillot, dem Direktor des Observatoriums von Französischen Nuklearwaffen (CDRPC) sowie der Kommission zur unabhängigen Forschung und Information über Radioaktivität (CRIIRAD). Das CRIIRAD-Labor hatte im letzten Oktober bei einem Besuch der Garnbierinseln Proben entnommen.

Der Untersuchungsausschuss der Regierung von Temaru hatte keinen Zugang zu Dokumenten der französischen Regierung über das Atomtestprogramm, da solche Dokumente unter das Verteidigungsgeheimnis fallen.

Obwohl fünf Mitglieder der pro-französischen Autonomen Partei des früheren Präsidenten Französisch Polynesiens, Gaston Flosse, dem Untersuchungsausschuss zugeteilt wurden, boykottierte die Partei alle Treffen und die Arbeit desselbigen. Als der Ausschuss im letzten Juli eingerichtet wurde, verlor die Partei von Flosse eine Anfechtungsklage über dessen Rechtmäßigkeit.

Im Mai 2005 forderte Flösse die Nationalversammlung von Französisch Polynesien auf, einen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Debatte über mögliche Gefahren durch die Atomtests für die Bevölkerung der Gambierinseln zu gründen. Flosse hatte zuvor argumentiert, die Atomtests seien die Angelegenheit des französischen Verteidigungsministeriums.

Quelle: http://pacificisland.cc/pina/pinadefäult2.php?urlpinaid=19864

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