Münchner Sicherheitskonferenz

Tausende KriegsgegnerInnen gegen die Aufrüstungstrommler

von Claus Schreer
(c) jouwatch

Mehr als 3.500 Menschen demonstrierten am Samstag, den 18. Februar, gegen die sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz (SIKO) und umzingelten auf zwei Demorouten den Tagungsort der KriegsstrategInnen. Aufgerufen hatte das Münchner Aktionsbündnis gemeinsam mit bundesweit mehr als 90 Organisationen.

Im Vorfeld hatte SIKO-Veranstalter Wolfgang Ischinger darüber geklagt, dass sich nach den NATO-Kriegen in Afghanistan, Irak und Libyen „eine Interventionsmüdigkeit im Westen breit gemacht“ habe.

Die Tagung im Bayerischen Hof, auf der die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Machteliten der USA und der EU-Staaten den Ton angeben, wurde dann auch – wie schon in den vergangenen Jahren – zum Propagandaforum für die „segensreiche“ Rolle der NATO, ihre Kriegseinsätze und ihre Milliardenausgaben für die militärische Aufrüstung. Die von Ischinger behauptete „friedliche Lösung von Konflikten“, stand nicht auf der Tagesordnung.

Verunsichert und irritiert waren die Regierungen Deutschlands und der EU über die Äußerungen des neuen US-Präsidenten, der die NATO für "obsolet" erklärt hatte. Auf der SIKO kam die Erlösung. Die Abgesandten Trumps zerstreuten die europäischen Zweifel an der Bündnistreue der USA. US-Verteidigungsminister James Mattis beteuerte, die NATO werde auch in Zukunft das „gemeinsame Fundament“ zwischen Europa und den USA bleiben. Und US-Vizepräsident Mike Pence erklärte: „Ich bringe Ihnen diese Zusicherung ..., die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen die NATO entschlossen und werden in ihren Verpflichtungen gegenüber dem transatlantischen Bündnis unerschütterlich sein." Gleichzeitig forderte er eine stärkere Beteiligung der Europäer an den Kriegskosten der NATO.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen versprachen daraufhin die stufenweise, massive Aufstockung der deutschen Militärausgaben auf 2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), wozu sich die NATO-Staaten bereits 2014 auf ihrem Gipfel in Wales verpflichtet hatten. (1)

Schon ein halbes Jahr vorher, am 28. Juni 2016, hatten die europäischen Staats- und RegierungschefInnen eine neue EU-Globalstrategie für ein militärisch „stärkeres Europa“ beschlossen, mit dem Ziel, die EU als Weltmacht auf Augenhöhe mit Ländern wie den USA, Russland und China zu etablieren.

Ähnlich wie die Bundeskanzlerin versprach Ursula von der Leyen auf der SIKO, dass "wir Deutschen die Herausforderung annehmen", dass der "Militäretat weiter steigen wird" und sich die EU "schlagkräftiger aufstellen" werde. Dagegen ist massiver Widerstand angesagt.

Gegen Aufrüstung und Rüstungsexporte
Gegen Aufrüstung und Rüstungsexporte, raus aus der NATO, Atomwaffen raus aus Deutschland und Solidarität mit allen Flüchtlingen, das waren einige der zentralen Losungen auf den beiden Demonstrationszügen rund um das hermetisch abgeriegelte Luxushotel Bayerischer Hof.

Die dort versammelte „politische, wirtschaftliche und militärische Machtelite der reichen und mächtigen Staaten sind die Hauptverantwortlichen für Krieg, Armut, ökologische Katastrophen und das weltweite Flüchtlingselend“, erklärte Walter Listl, Sprecher des Aktionsbündnisses in seiner Eröffnungsrede am Stachus. Ihnen gehe es „ausschließlich um die Aufrechterhaltung ihrer weltweiten Vorherrschaft und um die Profitinteressen der multinationalen Konzerne“. Donald Trump diene jetzt der Bundesregierung und den anderen EU-Staaten „als willkommener Vorwand und Brandbeschleuniger ihrer eigenen Militarisierungspläne“. 

Deutschland sei zum Abschiebeland geworden und paktiere mit Diktatoren, erklärte Narges Nasimi von „Refugee Struggle for Freedom” auf der Auftaktkundgebung. Die Abschiebungen müssten sofort gestoppt, alle entsprechenden Abkommen gekündigt werden. Gemeinsam mit ihr nahmen rund 150 Geflüchtete an der Demonstration teil. Lautstark protestierten sie gegen die laufenden Massenabschiebungen nach Afghanistan und forderten ein gesichertes Bleiberecht und demokratische Rechte in Deutschland.

Prominente RednerInnen waren außerdem die Kabarettistin Lisa Fitz, der Theologe Eugen Drewermann und die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Sevim Dagdelen.

„Wir müssen diesen Kriegsprofiteuren und ihren Handlangern immer und immer wieder die Rote Karte zeigen!“, sagte Lisa Fitz und appellierte an die Anwesenden, zusammenzuhalten und sich „nicht in sinnlosen Meinungsschlachten kleinspalten“ zu lassen.

Sevim Dagdelen kritisierte die enge Zusammenarbeit, insbesondere den Flüchtlings-Abschiebepakt der Bundesregierung, mit dem diktatorischen Regime der Türkei. Diese schändliche Kumpanei legitimiere Erdogans Aushebelung demokratischer Rechte und seinen Krieg gegen die Kurden.

Die Rede von Eugen Drewermann war eine Generalabrechnung mit der Kriegspolitik der USA, Deutschlands und der NATO. Den Kriegsstrategen im Bayerischen Hof kündigte er an: "Wir werden solange hier sein, bis die da verschwinden und noch ein bisschen länger, damit sie niemals wieder kommen.

In diesem Sinn haben wir bereits die Demonstration gegen die SIKO im Februar 2018 angemeldet.

 

Anmerkung
(1) Legt man das BIP-Wachstum Deutschlands von 22,3% in den letzten 8 Jahren zugrunde, dann ergibt sich für das Jahr 2024 ein BIP von 3 831,3 Mrd. Euro. Bei einer Steigerung der Militärausgaben auf 2% des BIP würde sich der Bundeswehretat auf 76,6 Mrd. Euro erhöhen und im Vergleich zu heute mehr als verdoppeln.
Siehe dazu auch den Artikel von Jürgen Wagner in diesem Heft im „Hintergrund“.

Alle Reden können auf der Bündnis-Website: http://sicherheitskonferenz.de/de/SIKO-2017-Kundgebungsbeitr%C3%A4ge nachgelesen werden.

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Claus Schreer ist Pressesprecher des Aktionsbündnisses gegen die NATO-Kriegstagung.