Todesland in Lebensland- erste interna­tionale Entzäunungsaktion am EUCOM

von Hermann Theisen

Das EUCOM (European Command) in  den Patsch Barracks bei Stuttgart ist Hauptquartier der US-Streitkräfte für Europa, den Mittelmeerraum und den Mittleren Osten. von hier aus werden die militärischen Opera­tionen der US-Streitkräfte geplant (wie beispielsweise der Angriff der US-Luft­waffe auf Libyen).

Im Spannungsfall übernimmt das EU­COM die Führung der Kriegshandlun­gen von US-See-, Land- und Luftstreitkräften vom Nordkap bis zum Mittleren Osten, vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer.

Nach einer langen und intensiven Vor­bereitungszeit fand am 29. September die erste internationale Entzäunungs­aktion am EUCOM statt.

19 Menschen aus sechs Nationen bege­ben sich zum EUCOM, welches von ei­nem etwas mehr als zwei Meter hohen Zaun umgegen ist.

Gegen 7.30 Uhr wird der Zaun geöffnet - die Bolzenschneider (aus der DDR) funktionieren hervorragend-, innerhalb von wenigen Minuten entsteht ein Ein­gang zu einem Friedenszentrum, wel­ches nun errichtet wird.

Am Zaun werden verschiedene Transpa­rente angebracht, über dem Eingang ei­nes mit der Aufschrift: "Willkommen im Friedenszentrum". Danach beginnt die Umwandlung des Todeslandes in Le­bensland. Zeichen des Lebens werden in das EUCOM hineingetragen: Bilder von den fünf Enkelkindern einer Aktivi­stin werden aufgestellt (darunter die Auf­schrift: "Kinder sind geboren um zu le­ben, nicht um getötet zu werden!"), ein Apfelbaum, sowie Blumen werden ge­pflanzt, Weizen wird gesät, Holz­kreuze werden aufgerichtet -auf ihnen stehen die Namen der Völker, in deren Heimat wir unsere Atomwaffen testen lassen- , daneben liegen die Bilder von ermorde­ten Menschen aus El Salvador, eine Kerze brennt, an den Bäumen sind bunte Luftballons, Tee wird gekocht, mitten­drin liegt auf dem Boden eine Tisch­decke, bunt bestückt mit Blumen, Brot und Kuchen - es entsteht eine  Atmo­sphäre, die nur schwer in Worte zu fas­sen ist... Nun werden Texte gelesen, Lieder werden gesungen, es wird ge­meinsam gegessen und getrunken - noch immer ist kein Soldat zu sehen.

Erst nach zwei (!) Stunden ändert sich das, ein Soldat bemerkt sichtlich irritiert das soeben entstandene Friedenszentrum und ruft sofort Verstärkung. Nach einer Weile kommen mehrere Soldaten hinzu, die sich der Gruppe gegenüber völlig di­stanziert verhalten. Jeglicher Kon­takt wird vermieden und bewußt abge­lehnt. Nach einer weiteren Stunde er­scheint die bundesdeutsche Polizei und nimmt die Friedensaktivistinnen und -aktivisten vorübergehend fest. Auf der Poli­zeiwache werden die Personalien aufge­nommen und es wird bereits angekündigt, dass mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädi­gung zu rechnen sei.

Dies war bereits zuvor abzusehen und fährt daher nicht zur Überraschung. Anders dagegen die Tatsache, dass zwei  niederländische AktivistInnen und ein japanischer Aktivist (ein buddhistischer Mönch) eine Kaution zahlen sollen, was zu einem ziemlichen Durch­einander zwischen der Polizei und der Staatsan­waltschaft fährt und worauf die drei AktivistInnen bis zum Nachmittag des nächsten Tages in Polizeigewahr­sam genommen werden.

Die Freude über das gute Gelingen der Aktion wurde dadurch nicht getrübt, ebenso wenig wie durch die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft mittlerweile gegen zwei Aktivisten Ermittlungen eingeleitet hat, wegen des Verdachts der "öffentlichen Aufforderung zu Strafta­ten" ( 111 StGB).

Der positive Verlauf der ersten Entzäu­nungsaktion ist überaus erfreulich und mehr als ermutigend!

Er soll Anstoß und Ermutigung für weitere Gruppen sein, mit dem Mittel des Entzäunens, das EUCOM weiter gewaltfrei abzurüsten.

Wir rufen deshalb öffentlich dazu auf, Bezugsgruppen zu bilden, um nach sorgfältiger Vorbereitung das EUCOM gewaltfrei abzurüsten!

Der entsprechende Aufruf zur gewalt­freien Abrüstung des EUCOM wurde inzwischen von mehr als 160 Unter­zeichnerInnen aus sieben Nationen unter­zeichnet.

Eine Gruppe plant bereits eine weitere Entzäunungsaktion, zwei weitere sind in der Entstehungsphase.

 

Infos über EUCOM und EUCOMmu­nity: Leonie Glahn, Schubertstr. 2, 6300 Gie­·en ; Hermann Theisen, Kapitän-Lorenz-Ufer 22, 6552 Bad Münster am Stein-Ebern­burg

Infos zur nächsten Entzäunungsaktion: Rüdiger Standhardt, Schiffenberger Weg 28, 6300 Gießen.

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