Unabhängige Medien in Serbien und Kroatien unterstützen!

von Bodo Weber

Das Ende Jugoslawiens war nicht zugleich das Ende des staatlichen Medienmonopols. Im Gegenteil: Es wurde lediglich von der neuen Re­gierung übernommen. Eine eineinhalb Jahre dauernde Propa­gandaschlacht zwischen Serbien und Kroatien schuf, durch gezielte Desinformation, ein Klima von Mißtrauen, Angst und Bedrohung, aus dem heraus sich militärische Auseinandersetzungen überhaupt erst entwickeln. Neben dieser Aufgabe dienen die staatlichen Medien aber auch zur Denunziation der Opposition, der normalerweise jeglicher Zugang zu ihnen versperrt ist.

Die Situation unabhängiger Medien in den beiden Republiken hat sich seit Kriegsbeginn sehr verschlechtert: Wäh­rend sich  die unabhängigen Medien in   Serbien auf Belgrad und z.T. auch Vo­jvodina beschränken (Vreme, Radio B- 92 u.a.) sind Zentral- und Südserbien medienpolitisch völlig isoliert, was sich ganz eindeutig auf das politische Klima niederschlägt. In  Kroatien ist die Situation noch schlimmer: Außer der zweiwöchentlich erscheinenden Satirezeitung Feral Tribune existiert heute keine Quelle für objektive Informationen mehr.

Da der Kauf von Zeitungen für die mei­sten Menschen in Kroatien und Serbien mittlerweile unerschwinglich geworden ist, hat sich der Arbeitskreis MIR zweier Radio-Projekte angenommen, die wir für unbedingt unterstützenswert halten:

  1. Radio-Netzwerk B 92. Das im Stadtgebiet Belgrads sendende Radio B 92 ist die bisher einzige unabhän­gige Station mit objektiven politi­schen Informationen. Seit dem Start vor vier Jahren war es nicht nur Or­ganisator zahlloser Manifestationen und Demonstrationen gegen den Krieg, sondern hat sich zur gemein­samen Plattform der Antikriegsoppo­sition in Serbien entwickelt. Das Projekt sieht den Zusammenschluß mit drei anderen unabhängigen Radiostationen vor (eines in Pozarevac, eines in Smedervo und ein weiteres in Belgrad) in ein Netzwerk, innerhalb dessen jede Radiostation  die Möglichkeit erhält, auch die Programme der anderen zu senden. Ein Computer-Netzwerk soll die einzelnen Stationen noch zusätzlich mit Agenturnachrichten, auch aus den anderen Republiken, versorgen. Die Realisierung dieses Projektes würde es ermöglichen, in weiten Teilen  Serbiens unabhängige Informationen empfangen zu können.
  1. Radio Rijeka-Fiume Internationel. Dieses Projekt sieht die Schaffung der ersten unabhängigen Radiostation in Kroatien vor mit gemischt musi­kalisch-informativem Programm. Mit Hilfe eines Korrespondenten-Netzwerks in Ex-Jugoslawien und ganz Europa soll eine Abhängigkeit von offiziellen Agenturnachrichten vermieden werden. Das zweisprachige Programm, serbokroatisch - italie­nisch, wird Raum lassen für alle an­deren Nationalitäten und Kulturen in Rijeka, wie Serben, Slowenen, Alba­ner, Roma u.a. Im Musikteil wird sich Radio Rijeka- Fiume auch auf nicht-kommerzielle Musik und Lie­der aus den anderen südslawischen Republiken konzentrieren. Das ge­samte Programm wird auf die Re­gion Istrien-Quarner, in der es zu empfangen sein wird, angepaßt sein.

Die Existenz unabhängiger Medien ist eine Grundvoraussetzung für eine de­mokratische und friedliche Entwicklung in allen Republiken des ehemaligen Ju­goslawien. Kontakt und Infos zu diesem Projekt: Arbeitskreis MIR c/o Ohne Rüstung Leben, Furtbachstr. 10, 70178 Stuttgart, Tel: 0711 / 640 96 20; Fax 0711/64079 80.

 

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Rubrik

Krisen und Kriege
Bodo Weber ist Mitarbeiter des AK Mir Stuttgart, der der Organisation "Ohne Rüstung Leben" angegliedert ist.