Zwangsenteignungen unter militär-strategischen Gesichtspunkten

US-Airbase in der Eifel ab sofort "Großraumflugzeug-tauglich"

von Thomas Klein

Der Ausbau einer neuen Start- und Landebahn auf der US-Airbase Spangdahlem in der Eifel ist abgeschlossen. Die neue Bahn ist 3,3 Kilometer lang und 50 Meter breit. Nach Aussage einer Sprecherin des US-Militärs ermöglicht das, dem Militärstützpunkt zukünftig eine neue Rolle in der militärischen Planung einzuräumen. Das Stichwort lautet "Großraumflugzeug-tauglich".

Am 2. September war die neue Start- und Landebahn nach rund sechsmonatiger Bauzeit offiziell für den Verkehr frei gegeben worden. Kurz zuvor endete die Einspruchsfrist gegen einen ebenfalls geplanten Ausbau des Militärflughafens Ramstein in der Westpfalz. Nach offiziellen Angaben liegen hier rund 1.000 Widersprüche gegen die Erweiterungspläne vor.

Die Erweitungsvorhaben in Ramstein und Spangdahlem sind Teil einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz, der Frankfurter Flughafenbetreibergesellschaft Fraport und dem US-Militär. Nach vereinbarter Räumung der Frankfurter Airbase, das die Fraport für ihre Ausbauvorhaben nutzen will, sollen die beiden rheinland-pfälzischen Militärstützpunkte nach dem derzeit laufenden bzw. geplanten Ausbau dem US-Militär mehr denn je als zentrale Drehkreuze die Luftstreitkräfte in Europa zur Verfügung stehen.

Möglich geworden ist der Ausbau des Luftwaffenstützpunktes Spangdahlem erst durch Zwangsmaßnahmen gegen Bürger in der kleinen Airbase-Anrainergemeinde Binsfeld. Nachdem sich einige Eigentümer bis zuletzt geweigert hatten, ihre für den Ausbau benötigten Grundstücke zu verkaufen, verfügte das Bundesvermögensamt Trier, im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, Ende Juli die Zwangsenteignung.

Brisant daran: Ein Gutachten der Notarkammer Koblenz kommt zu dem Ergebnis, dass ein freiwilliger Landtausch unzulässig sei "wenn Zweck des Verfahrens der Grundstückserwerb für die Flughafenerweiterung" sei. Das entsprechende Schriftstück erhielt einer der Anwohner auf anonymem Weg zugespielt. Allerdings erst nachdem erheblichen Druck auf Anwohner ausgeübt worden war, sich besser mit einem Landtausch zufrieden zu geben, um keine finanziellen Abstriche hinnehmen zu müssen - und schließlich mit Zwangsenteignungen Fakten geschaffen wurden.

Reichlich kurios ist der behördliche Umgang mit dem Ergebnis des Gutachtens: Als einer von Zwangsenteignung Betroffener sich kürzlich um Rat und Hilfe suchend an die Notarkammer wand, schneite ihm Ende August ein Brief der Kammer ins Haus. Darin heißt es, man sei nicht befugt, "für einzelne Personen Rechtsberatungsleistungen zu erbringen". Bei dem auszugsweise zugesandten Aktenvermerk handele es sich um einen rein internen Vermerk. "Es entzieht sich unserer Kenntnis, wie er in Ihren Besitz gelangt sein könnte und bitten Sie, uns hierüber Auskunft zu erteilen".

Auch das rheinland-pfälzische Justizministerium möchte sich in der Sache nicht äußern. In einem ebenfalls Ende August verfassten Schreiben heißt es, man wolle keine Stellungnahme dazu abgeben, "ob die mit dem Erwerb von Grundeigentum für die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Erweiterung des Nato-Flugplatzes Spangdahlem befassten Behörden rechtmäßig handeln.", eine solche Stellungnahme sei ausschließlich Aufgabe der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden.

Die zuständigen Aufsichts- bzw. Genehmigungsbehörden scheinen jedoch ausschließlich Gefallen daran zu finden, bei eingehenden Anfragen an eine andere Stelle zu verweisen oder unfreiwillig komisch zu reagieren. Das in dem Verfahren eingeschaltete "Kulturamt Trier, Landentwicklung und ländliche Bodenordung" erklärt auf Anfrage, dass der in dem Aktenvermerk der Notarkammer Koblenz beleuchtete Sachverhalt "Gegenstand einer umfangreichen Erörterung u.a. auch mit dem Bundesministerium der Finanzen - Dienstsitz Bonn - dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten in Bonn und dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Mainz" war. Bei der Erweiterung des Flugplatzes, so das Kulturamt (!) Trier weiter, sei in erheblichem Umfang in die bestehende Agrarstruktur eingegriffen worden.

Dass Behördenvertreter in derartigen Angelegenheiten einen ganz eigenen Humor entwickeln können, zeigt sich auch mit Blick auf das Ende des Briefes: "Da Zweck der Verfahren die Verbesserung der Agrarstruktur war, sind die auf dieses Ziel gerichtlichen Maßnahmen rechtlich zulässig".

Auf die naheliegende Frage, in welcher Weise es der Verbesserung der Agrarstruktur dient, wenn Großraum-Militärmaschinen über die Häuser der Bürger in den Airbase-Anrainergemeinden donnern, geht die Behörde (aus ebenfalls naheliegenden Gründen) nicht ein. (...)

Lassen wir am Ende das Bundesvermögensamt zu Wort kommen. In dem im Juli den Grundstückseigentümern zugegangen Beschluss macht die Behörde geltend, dass die Zwangsenteignungen notwendig seien, "um die Verpflichtungen des Bundes" zu erfüllen, die sich aus dem NATO-Truppenstatut und dem dazugehörigen Zusatzabkommen über die Stationierung von US-Streitkräften ergeben. Der Bund habe nachvollziehbar dargelegt, dass die Erweiterungen der beiden US-Militärstützpunkte trotz der Beeinträchtigung privater Interessen unumgänglich seien. (...)

Während in der Eifel bereits mit Hochdruck der Airbase-Ausbau vorangetrieben wird, stellt sich die Situation in Ramstein noch etwas anders dar: Hier versuchen derzeit zwei Klägergemeinschaften den Ausbau zu verhindern. Die Bauarbeiten für das Projekt sollen mit einem entsprechenden Antrag vor dem Verwaltungsgericht in Neustadt an der Weinstraße gestoppt werden. Der Ausbau der Flughäfen in Ramstein und Spangdahlem, die zuletzt bei den NATO bzw. US-Kriegen gegen Jugoslawien 1999, Afghanistan 2001 und dem jüngsten Irak-Krieg - neben der Frankfurter Airbase - bereits eine wichtige Drehscheibenfunktion innehatten, sollen bis zum Jahr 2005 abgeschlossen sein. (...)

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