Waffenflüsse in den Sudan

von Claire McEvoy

Trotz der rechtlichen Mechanismen, die geschaffen wurden, um Handel mit Waffen und anderem militärischen Material in den Sudan zu regulieren, gehen die Waffenflüsse ungehindert weiter. Dies ist teilweise auf die Schwäche des regulativen Rahmens selbst zurückzuführen, teilweise liegt es am Mangel politischen Willens, ihn umzusetzen. In der Tat sind zwei der größten Versorger des Sudans – China besonders, aber auch die russische Föderation – permanente Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und verantwortlich für die Bewahrung internationalen Friedens und Sicherheit. Der freie Fluss von Waffen ist sowohl ein Symptom wie eine Ursache für Sudans chronische Instabilität und sein hohes Niveau an bewaffnetem Konflikt.

Es gibt drei getrennte legale Mechanismen, die den Transfer von Waffen zum Sudan und innerhalb des Landes regulieren sollen, und die alle verletzt worden sind (1):

1. Die Vereinten Nationen
Das UN-Waffenembargo für Dafur verbietet die Lieferung von Waffen und verwandtem Material ebenso wie technisches Training und Hilfe an sowohl nicht-staatliche wie staatliche Akteure, die in Nord-, Süd- und Westdarfur operieren. Das Sanktionskomitee zur Überwachung von Verletzungen des Embargos hat dies – man könnte sagen, übertrieben eng – so ausgelegt, dass Transfere an Akteure, die sich geographisch innerhalb Darfurs befinden, verboten sind, während Transfere außerhalb von Darfur erlaubt sind. Das gestattet Staaten wie China, legal an die sudanesische Regierung zu exportieren, die dann routinemäßig das Embargo verletzt, indem sie das Material – einschließlich Fantan-Flugzeuge für Bodenangriffe, gepanzerte Fahrzeuge (APCs), Kleinwaffen und Munition – an ihre Armee sowie an nichtstaatliche Akteure in Darfur weitergibt, ohne die Erlaubnis des UN-Sanktionskomitees einzuholen (2). Die sudanesische Armee (SAF) hat auch Training und logistische und militärische “Hilfe” an Milizen und paramilitärische Gruppen (wie die Popular Defence Forces, Central Reserve Police, Border Intelligence Guards) geleistet, die in Darfur operieren, ebenfalls in Verletzung des Embargos und als Teil ihrer Aufstandsbekämpfungsmaßnahmen.

Die Mängel des UN-Embargos bewahren internationale Lieferanten vor Problemen, während die sudanesische Regierung und verschiedene andere Staaten (insbesondere der Tschad) bereit sind, angesichts des Mangels effektiver Erzwingungsmechanismen internationales Recht zu verletzen. Wiederholte Aufrufe des UN-Expertenpanels, das die Ausweitung des Embargos auf ganz Sudan sowie auf Tschad fordert, sind beim UN-Sicherheitsrat auf taube Ohren gestoßen.

2. Das Friedensabkommen
Das Umfassende Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement - CPA), das 2005 von der SPLM und der regierenden Kongresspartei unterzeichnet wurde, um den 22-jährigen Bürgerkrieg zu beenden, verbietet die “Wiederauffüllung von Munition, Waffen und anderem tödlichen oder militärischen Material” durch die SAF oder die Armee des Südsudans innerhalb einer Waffenstillstandszone, die den Südsudan, Grenzgebiete der Nubaberge, des Südlichen Blue Nile, Abyei und Ostsudan umfasst, ohne die Zustimmung eines SAF-SPLA “Gemeinsamen Verteidigungsrats”, der im Konsens entscheidet. Es ist beachtenswert, dass die Waffenstillstandszone das gesamte von der SPLA kontrollierte Gebiet (d.h. Südsudan) umfasst, aber viel weniger von dem von der SAF kontrolliertem Territorium. Das Ergebnis ist ein inhärentes Ungleichgewicht, das die SPLA effektiv an einer Bewaffnung hindert, ohne gleiche Restriktionen der SAF aufzuerlegen. Beide Seiten haben das Abkommen verletzt. Seit 2006 bewaffnet sich die SPLA halb-heimlich, was auch Teil ihres Professionalisierungsprozesses ist.

3. Die Europäische Union
Das Waffenembargo der EU – das umfassendste der dreien – verbietet jedem Bürger der EU, “Waffen und verwandtes Material” direkt oder indirekt an irgendwen im Sudan zu liefern. Dies umfasst auch das Verbot “technischer Hilfe, Maklerdienste oder anderer Dienste, die sich auf militärische Aktivitäten und auf die Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwandung von Waffen und verwandtem Material”, inkl. finanzieller Hilfe, beziehen. Doch es gibt einige Hinweise, dass Transfere an den Sudan durch Akteure aus EU-Staaten vorkommen. Zum Beispiel wurden kürzlich drei ukrainische Schiffsladungen an den Südsudan durch zwei Firmen organisiert, die in England registriert sind, durch ein deutsches Unternehmen verschifft und durch einen britischen Schiffsmakler, der in Mombasa sitzt, vermittelt. Gepanzerte Fahrzeuge der SAF scheinen seit 2007 mit Geschütztürmen slowakischer Herstellung ausgestattet zu sein, die vermutlich via Weißrussland geliefert wurden, obwohl es keine Hinweise gibt, dass die slowakischen Hersteller wussten, dass ihre Güter für den Sudan bestimmt waren.

Siehe www.smallarmssurveysudan.org für mehr Informationen über bewaffnete Gewalt im Sudan.

 

Anmerkungen
(1) Die Informationen in diesem Artikel sind zum großen Teil der folgenden Publikation von HSBA entnommen: Lewis Mike, Skirting the Law, Sudan’s Post-CPA Arms flows, HSBA Working Paper 18. Geneva: Small Arms Survey. September 2009

(2) Das UN Panel of Experts, das das Embargo überwacht, hat mehrere Berichte verfasst, die diese Verletzungen beschreiben:  http://www.un.org/sc/committees/1591/reports.shtml

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Claire McEvoi ist Projektmanagerin im Small Arms Survey’s Sudan Human Security Baseline Assessment (HSBA) – Projekt.