Ausblick - deutsch-sowjetische Friedenswoche 31.8. - 8.9.1990

Was ist von der 2. deutsch-sowjetischen Friedenswoche zu erwarten?

von Ulrich Frey

Die Reise fällt in eine schwierige Zeit der europäischen, der sowjetischen und der deutschen Politik. Zur Debatte wird stehen, wie die deutsche Ver­einigung sich im Verhältnis zur Sowjet-Union außenpolitisch gestaltet, wie sich die Verhältnisse in der Sowjet-Union weiter demokratisieren, wie sich die Wirtschaftslage dort entwickelt.

Die Reise sollte aber mehr sein als Polit-Tourismus. Die ca. 130 Aktiven aus Gruppen der Friedensbe­wegung in der BRD und die ca. 15 Aktiven von Gruppen aus der DDR werden Frie­densgruppen vor Ort in den europäi­schen Republiken der So­wjet-Union und auch in Kaliningrad - kennenler­nen können. Wir werden in privaten Unterkünften bei Familien unter­kommen und dort verpflegt. Das be­deutet viele persönliche Gespräche, die verbindlicher und auch anstren­gender sind als politische, akademi­sche Diskurse. Die Realität der Men­schen, mit denen wir sprechen, ihre Sorgen mit der Versorgung z.B., wird direkt oder indirekt immer das Ge­spräch bestimmen. Gastfreundschaft wird in der Sowjet-Union groß ge­schrieben. Wie werden wir uns aus ei­nem Deutschland, das so viel Unglück über die Sowjetunion gebracht hat, und in der gegenwärtigen gespannten Situation darauf einlassen können?

Ein zweiter Ausblick richtet sich auf die Zusammenarbeit in der Zukunft. Denn alles Sprechen über Erinnerung, über Faschismus und Stalinismus, ôkonomie usw. macht nur Sinn, wenn gemeinsame Arbeit am Frieden verab­redet wird. Es bietet sich an, im Jahre 1991, 50 Jahre nach dem öberfall der Deutschen auf die Sowjet-Union, ge­meinsame Aktionen zu planen. Im Hinblick auf solche Zukunftsarbeit hat die Arbeitsgruppe Sowjet-Union, die die Reise veranstaltet, eine Friedens­erklärung in Deutsch und Russisch vorbereitet. Sie lautet:

"Ich erkläre Euch den Frieden.

Ich verspreche Euch, dafür einzutre­ten,

  •  daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgeht,
  •  daß wir in einem solidarischen Eu­ropa ohne Haß und Waffen zusam­menleben können,
  •  daß unsere Kinder und wir in einer gesunden Umwelt leben können, und daß Europa gerechte Beziehungen zu den Völkern Asiens, Afrikas und La­teinamerikas entwickelt."

Eine solche Erklärung kann Ge­sprächsgrundlage sein für Gäste und Gastgeber, die zu Ideen und Verabre­dungen anregt.

Das Programm wird gegenwärtig noch besprochen und vor Ort bei den gast­gebenden Gruppen vorbereitet. Wir werden über die Fahrt berichten.

 

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Ulrich Frey ist Mitglied im SprecherInnenrat der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung.