Hoffnungen – Konflikte - Sorgen

Was wird aus der Senne – ohne britisches Militär

von Arno Klönne

Bis 2020 will die britische Rheinarmee ihre Standorte in Ostwestfalen-Lippe (OWL) geräumt haben. Zur Entscheidung steht damit, was aus dem Terrain des Truppenübungsplatzes Senne werden soll. Für die Anrainergemeinden ist dies eine historische Weichenstellung: Weiter auf ’s Militär setzen? Oder den Weg öffnen in eine zivile Zukunft der Senne? Seit Jahren gibt es das Projekt „Nationalpark Senne/Teutoburger Wald/ Egge“. Die Meinungen darüber sind kontrovers.

Stand der Stellungnahmen und Planungen
Die Landesregierung aus SPD und Grünen in NRW ist für einen Nationalpark in OWL. Sie knüpft damit an einen einstimmigen Beschluss des Landtags aus dem Jahre 1991 an. NRW Umweltminister Remmel (Grüne) meint, dass noch in diesem oder spätestens im nächsten Jahr eine „kleine Lösung“ in Gang kommt: Ein Nationalpark auf lippischem Gebiet. Die „große Lösung“ mit der Einbeziehung der (westfälischen) Senne könne dann vorbereitet werden, indem das Gelände des Truppenübungsplatzes für die Nutzung als Nationalpark schon mal rechtlich ausgewiesen wird. In Lippe haben sich der Kreistag und der Landrat Heuwinkel (CDU) für einen Nationalpark dort entschieden. Offen ist die Frage, ob und wie privater Waldbesitz in diesen einbezogen werden soll. Und wie weit wird der lippische Nationalpark ausgedehnt in die Senne?

Umweltminister Remmel hält es für möglich, dass dort eine Doppelnutzung zustande kommt, also weiterer Gebrauch für militärische Zwecke und gleichzeitig Errichtung eines Nationalparks. Ist das realistisch und wäre es zu wünschen? Freiraum für die Natur und „sanfter Tourismus“ unter Geschützdonnerbegleitung? Ein Nationalpark macht für die Region wirtschaftlich Sinn, wenn er umrahmt ist von neu zu entwickelnden Nutzungen im Bereich des Fremdenverkehrs, der Einrichtungen für Erholung, Bildung etc. Wie sollen diese sich vereinbaren lassen mit Truppenübungen? Die CDU im Landtag hat sich gegen einen Nationalpark Senne ausgesprochen. Der OWL-CDU Bezirksvorsitzende Brok will, dass die Bundeswehr die Briten in der Senne ablöst, für einen Nationalpark sei das Terrain völlig ungeeignet. Diese Meinung vertreten auch die CDU-Bürgermeister in Augustdorf und Hövelhof sowie der CDU-Kreisverband Paderborn. Hier heißt es, der Truppenübungsplatz solle bei Abzug des britischen Militärs „für Aufgaben der NATO und der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden“ – militärische Nutzung müsse „an erster Stelle stehen“. Gewarnt wird, nicht gerade sachlich, aus Kreisen der CDU vor „ökologischen Taliban“, vor einem Zurück „in den Urwald“.

Die FDP-OWL-Bezirksvorsitzende Kopp meint: „Mit Nationalparkdebatten verspielen wir die Zukunft der Region, die Bundeswehr soll das Terrain verstärkt nutzen.“ Der FDP-Kreisvorsitzende Lackmann (Paderborn) will „den Abzug des britischen und deutschen Militärs verhindern.“ Die SPD in OWL hingegen ist für einen Nationalpark und fordert wirtschaftliche Initiativen in dessen künftigem Umfeld. Die Partei Die Linke tritt für ein Ende der militärischen Nutzung der Senne und für einen Nationalpark ein.

Wie geht die Diskussion weiter?
Der NRW-Umweltminister will einen „Runden Tisch“ anbieten, wo „ökologisch und wirtschaftlich tragfähige Folgenutzungen“ der Senne besprochen werden sollen, “mit Vertretern aller relevanten Gesellschaftsbereiche der Region“, zusammen mit der Bezirksregierung in Detmold. Da wüsste man gern Genaueres: Wie soll sich dieses Gremium zusammensetzen, welche Interessen sind „relevant“? Und auf welche Weise soll sich der „Runde Tisch“ mit den Bürgerinnen und Bürgern austauschen? Die im Rat der Stadt Paderborn vertretene Demokratische Initiative (DIP) plädiert für mehr Bürgerbeteiligung bei den Planungen zur Zukunft der Senne, ein „Senne-Forum“ solle Lösungsvorschläge zu folgenden Fragen entwickeln und öffentlich zur Diskussion stellen: Wie kann ein Nationalpark Senne-Teutoburger Wald für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Region nützlich gemacht und in diese eingebunden werden?

Welche Möglichkeiten gibt es, ergänzend zum Nationalpark in den Anrainergemeinden neue wirtschaftliche und kulturelle Einrichtungen und Angebote zu entwickeln, unter Beachtung des Naturschutzes? Wofür können bisher vom Militär und dessen Angehörigen oder Angestellten genutzte Baulichkeiten neu verwendet werden? Wie kann mit neuen Nutzungen der Senne die Anziehungsfähigkeit der Region gestärkt werden? Eines sollte nicht strittig sein: Vertagen und aussitzen lässt sich da nichts; jetzt muss nachgedacht und offen diskutiert werden. Die Senne gehört ihren Bürgerinnen und Bürgern.

Der Beitrag wurde der Zeitung „Unsere Senne“, Ausgabe 2/2011 (S. 1) entnommen.

Aktuelle Entwicklungen auf dem Truppenübungsplatz Senne: www.initiative-gegen-krieg-paderborn.de/#Aktuelle Entwicklungen <http://www.initiative-gegen-krieg-paderborn.de/#Aktuelle%20Entwicklungen>

Unterschriftenaktion
Derzeit werden Unterschriften unter folgende Forderung gesammelt:  <https://unsere-senne.de/>: “Ich fordere, dass der Truppenübungsplatz Senne nach dem Abzug der Britischen Rheinarmee nicht mehr militärisch genutzt wird.”

Träger: Arbeitsgemeinschaft der Paderborner Natur- und Umweltschutzverbände, Gemeinnütziger Umweltschutzverein pro grün e.V. Paderborn, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND Paderborn, Naturschutzbund Deutschland NABU Paderborn, Naturwissenschaftlicher Verein Paderborn e.V., Gemeinschaft für Naturschutz Senne und Ostwestfalen Lippe e.V. GNS Augustdorf, Attac Paderborn, Aktionsbündnis Schlangen.

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Prof. Dr. Arno Klönne, Jg. 1931, war Professor für Soziologie an der Universität Paderborn.