Kick Big Polluters Out

Weltklimakonferenz in Baku

von Rolf Bader
Hintergrund
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Vom 11. bis 22. November 2024 fand die 29. UN-Klimakonferenz (COP29) in Baku, Aserbaidschan, statt, an der bis zu 40.000 Delegierte aus allen Weltregionen teilnahmen, darunter ca. 500 internationale NGOs, aber auch knapp 2000 mächtige Lobbyisten der internationalen Kohle-, Gas- und Ölindustrie. Düstere Wolken sind auch nach der Wiederwahl von Donald Trump im Anflug. Klimaexpert*innen rechnen damit, dass Trump das Pariser Klimaabkommen von 2015 wieder aufkündigen und die Förderung und Nutzung fossiler Energie in den USA ankurbeln wird. 

Der Klimaexperte Mojib Latif vom Geomar-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel geht davon aus, dass bei der sich abzeichnenden Entwicklung das angestrebte Ziel von maximal 1,5 Grad Temperaturanstieg nicht mehr zu halten sei. Der Verbrauch fossiler Energieträger steige in 2024 auf ein Rekordhoch. Alle Berechnungen zeigten, dass wir auf dem Weg in eine Drei-Grad-Welt seien. (1) Prominente Klimaexpert*innen wandten sich mit einem Appell an den UNO-Weltklimachef Simon Stiell. Sie forderten, dass Länder, die den Ausstieg aus der fossilen Energie nicht unterstützen, Klimakonferenzen nicht mehr ausrichten dürften. In dem Schreiben warnten sie, dass die Erderhitzung auch nach inzwischen 28 jährlichen Klimakonferenzen nicht gestoppt sei – vielmehr sei eine Erwärmung auf mehr als 3 Grad bis 2100 nicht mehr ausgeschlossen. Ihre Schlussfolgerung: Es braucht Mechanismen, um die Länder zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie Klimaziele und -verpflichtungen missachten. Zu den Unterzeichnenden des Appells gehörten unter anderen Sandrine Dixson-Decleve, globale Botschafterin des Club of Rome, Johan Rockström, Direktor des deutschen Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, und der ehemalige UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. (2)

Militär, Rüstung und Kriegsfolgen fehlen in der Umweltbilanz
Der Militärisch-Industrielle Komplex und seine Auswirkungen auf das Klima fanden bisher wenig Berücksichtigung. Kriege und globale Rüstungsausgaben von derzeit über zwei Billionen US-Dollar sind ein Treiber des Klimawandels. Der CO²-Ausstoß des Militärs ist für rund 5,5% der weltweiten Emissionen verantwortlich. Zu diesem Ergebnis kommt die von den „Scientists for Global Responsibility“ und dem „Conflict and Environmental Observatory“ veröffentlichte Studie „Estimating the Military Global Greenhouse Gas Emissions“. (3) Auf Druck der USA wurden die CO²-Emissionen des Militärs nicht in das Kyoto-Protokoll von 1997 und dem Pariser Klimaabkommen von 2015 aufgenommen. Da Konflikte und Kriege nicht berücksichtigt werden konnten, ist davon auszugehen, dass von einem weit höheren Emissionswert des Militärs als 5,5% auszugehen ist.

Milliardenhilfen für betroffene Entwicklungsländer
Auf der Konferenz wandten sich Dutzende Entwicklungsländer und von der Klimakrise bedrohte Inselstaaten an die Verursacher des Klimawandels. Sie fordern Milliardenhilfen, um den Einstieg in alternative Energien realisieren zu können. Nach zähen nächtlichen Verhandlungen endete die Weltklimakonferenz mit einem für die betroffenen Entwicklungsländer enttäuschenden Ergebnis. Zur Klimafinanzierung leisten die Industrieländer bis 2035 jährlich nur 300 Milliarden US-Dollar. Der Bedarf an externen Hilfen beträgt laut einer unabhängigen UN-Expertengruppe bis 2030 rund eine Billion US-Dollar pro Jahr - und sogar 1,3 Billionen bis 2035. Das wären 10- bis 13-mal mehr als bisher an Klimahilfe fließt. Das Ergebnis der Klimafinanzierung sei nicht nur ein Scheitern, sondern ein Betrug, so die Reaktion der Länder aus Afrika, Asien und der Inselstaaten aus der Karibik und dem Südpazifik.

Der Beschluss von Dubai von 2023, aus der fossilen Energie ganz auszusteigen, wurde zwar nicht aufgehoben, aber auch nicht ausdrücklich bestätigt. Ein wirklicher Notfallmodus, wie er jetzt nötig wäre, sei leider überhaupt nicht zu sehen. Die Klimakrise werde uns überrollen, wenn wir nicht mehr tun, so der Klimaforscher Niklas Höhne. (4) „Wir haben 28 Konferenzen hinter uns und die Emissionen sind explodiert. Die COP ist ein Spektakel, das dem Klima bisher nichts gebracht hat“, so der Klimaforscher Mojib Latif. (5)

2025 wird die Weltklimakonferenz in Brasilien stattfinden. Es ist zu hoffen, dass Präsident Lula da Silva die Forderung von über 400 Klimaschutzorganisationen, „Kick Big Polluters Out", berücksichtigen wird.

Anmerkungen
1 Süddeutsche Zeitung vom 16./17.11.2024, S.9
2 https://www.deutschlandfunk.de/deutschland-draengt-auf-groesseren-Beitra...
3 https://www.orf.at/stories/3376032/
4 https://www.tagesschau.de/wissen/klima/klimakonferenz/baku-interview-hoe...
5) https://rp-online/ponorama/wissen/klima/cop-29-in-baku-klimagipfel-einig...

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