Ukraine: Der Krieg geht ungebremst weiter

Wenig Hoffnung auf eine schnelle Friedenslösung in der Ukraine

von Christine Schweitzer

Am 24. März fand ein wohl 12-stündiges Gespräch zwischen Vertretern der USA und Russlands in Riad statt. Die Themen waren eher technischer Art, wie die Schifffahrt im Schwarzen Meer. Ein Durchbruch wurde nicht erzielt, der russische Vermittler drückte hinterher die Erwartung aus, dass die Verhandlungen sich bis 2026 hinziehen könnten. (1) Dies war vorläufig die letzte Runde bei den Vermittlungsversuchen, über die wir in diesem Heft berichten können. Beim Friedensforum liegen stets vier Wochen zwischen dem Termin, an dem die Redaktion das Heft ins Layout gibt und dem Termin, an dem es bei den Leser*innen ist. Also fast unmöglich, hier „aktuell“ zu sein – Anfang Mai mag die Situation schon eine ganz andere sein. Deshalb hier nur ein paar Themenlinien, die verfolgt werden können:

Verhältnis USA-Ukraine

Das Verhältnis zwischen den USA und der Ukraine kann nur als angespannt bezeichnet werden, spätestens seitdem in der Woche vor der Münchner Sicherheitskonferenz Trump mit Putin telefoniert hatte und die Ukraine wie die europäischen Staaten befürchteten, dass die USA einen „Deal“ ohne sie aushandeln würden. Die USA beschwichtigten. Dann kam es am 28.2. zum Eklat beim Besuch von Präsident Selenskyj in Washington, bei dem er von Trump und dessen Vize Vance vor laufender Kamera massiv angegriffen und schließlich herausgeworfen wurde. (2) Die USA stoppten daraufhin für ein paar Tage die Weitergabe von geheimdienstlichen Daten, wohl auch, um der Ukraine zu zeigen, wie abhängig sie von den USA seien.

Mehrfach hat Trump Selenskyjs Legitimation als gewählten Präsidenten angezweifelt und ihn bei einer Gelegenheit als „Diktator ohne Wahlen“ bezeichnet. (3) Kritiker*innen warfen ihm vor, dass er damit der Linie von Putin folge, dessen erstes Kriegsziel von Anfang an gewesen sei, die Regierung der Ukraine durch eine Moskau-freundliche zu ersetzen und der ebenfalls Selenskyj die Legitimität abspreche, für die Ukraine zu sprechen, da dessen Amtszeit abgelaufen sei. (4) Ende März gab es Berichte, dass Trump Oppositionelle in der Ukraine unterstütze. (5) Arbeiten die USA auf einen „regime change“ hin?

Zwischendurch gab es aber auch Kontakte auf Expert*innenebene sowie ein Telefonat zwischen den beiden Präsidenten Mitte März. Vor allem die Ukraine scheint auf Reparatur des Verhältnisses bedacht zu sein. (6) Vom 23.-25. März 2025 fanden in Saudi-Arabien Gespräche zwischen Expert*innengruppen aus den USA und der Ukraine statt. Dort verständigte man sich, dass die USA ihre Rolle als Vermittlerin fortsetzen sollen. (7)

Das Rohstoffabkommen

Das Hauptinteresse von Trump, so scheint es, ist die Aushandlung eines Abkommens, das den USA die Ausbeutung Seltener Erden in der Ukraine erlaubt. Die Ukraine war dazu bereit, forderte aber im Gegenzug Sicherheitsgarantien. Das Abkommen lag nach dem 28.2. erstmal auf Eis; Ende März präsentierten die USA dann einen neuen Entwurf, der laut der Ukraine „ein völlig neuer“ Entwurf sei und Dinge enthalte, die man schon abgelehnt habe. Dazu gehört laut Presseberichten auch, dass die USA die Militärhilfe der USA als Kredit anerkenne. (8)

Gespräche über Waffenstillstand

Im März fanden in Saudi-Arabien Gespräche zwischen Expertengruppen aus Russland, der Ukraine und der USA statt. Einziges Ergebnis bislang: Mitte März stimmten Russland und die Ukraine einem 30-tägigen Stopp der Angriffe auf die Energieversorgung in beiden Ländern zu; ein Abkommen, das allerdings anscheinend nicht vollständig eingehalten wird. (9) Davon abgesehen gingen die Kämpfe im März weiter und schienen gegen Monatsende sogar an Intensität zuzunehmen. Russland schien dicht vor der Rückeroberung des Gebiets um Kursk zu stehen. Ende März schlug Putin vor, dass die Ukraine unter UN-Verwaltung gestellt werden solle, bevor ein Friedensabkommen geschlossen werde. (10) Als Linie von Selenskyj bleibt die Forderung nach Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Waffenstillstand, vorzugsweise durch einen Beitritt nicht nur zur EU, sondern auch zur NATO. Dagegen scheint man die Forderung nach Befreiung der besetzten Gebiete zurückgestellt zu haben.

Europäische Friedenstruppen

Die Verhandlungen finden ohne Staaten der EU statt, die im März beinahe verzweifelt versuchten, eine eigene Rolle zu finden. Dabei bildete sich eine „Gruppe der Willigen“, die bereit wäre, nach einem Waffenstillstand in der Ukraine „Friedenstruppen“ ins Land zu schicken. Federführend sind Frankreich und Großbritannien; auch einige weitere EU-Staaten würden mitmachen. Die genaue Rolle solcher Truppen ist derzeit unklar – wahrscheinlich wäre sie wohl wenig mehr als die von Geiseln, die, wenn es zu neuen Kämpfen käme, dann die NATO in den Krieg direkt hineinziehen würden. Die (amtierende) deutsche Regierung zeigte sich eher skeptisch.

Und wie weiter?

Es ist in der Tat zu befürchten, dass der Krieg in der Ukraine noch länger weitergehen wird. Beide Seiten versuchen, territorial Vorteile für sich zu erzielen, wobei Russland derzeit militärisch gegenüber einer erschöpften ukrainischen Armee überlegen zu sein scheint. Aber den Krieg gewinnen kann keine der beiden Seiten. Deshalb braucht es neue und mehr Vermittlungsbemühungen, vielleicht auch von Drittstaaten, die weniger Eigeninteressen verfolgen und mehr Respekt für das Völkerrecht zeigen, als es die USA derzeit tun. Und natürlich darf, wie auch das Bündnis „Stoppt das Töten!“ immer wieder gefordert hat, die Unterstützung für die Betroffenen des Krieges nicht nachlassen! „Es braucht Schutz und humanitäre Hilfe für alle Geflüchteten und Kriegsdienstentzieher*innen. Begangenes Unrecht muss auf dem Boden des Völkerrechtes aufgearbeitet werden. Versöhnungsarbeit muss angestoßen und langfristig gefördert werden“, heißt es dort. (12)

Anmerkungen:

Christine Schweitzer ist Mitarbeiterin im IFGK und der Redaktion des Friedensforums.

Rubrik

Krisen und Kriege

Themen

Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.