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Zum Umgang regionaler Tageszeitungen mit "Rechtsradikalen" - eine empirische Untersuchung deckt Versäumnisse der Presse auf
Wer das Bewußtsein für existierende Probleme nicht weckt, verharmlost sie
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Dieser Beitrag analysiert konkret, was an Informationen während eines Jahres in der Berichterstattung dreier, in einer Region vorherrschenden, Zeitungen über die Republikaner im Wahlkampf die Leser erreichte und was alles nicht. Ein Beitrag zur Praxis und zur Selbstreflexion.
Wie informieren sogenannte "Familienzeitungen", die in allen Leserschichten und in den meisten Haushalten verbreitet sind, über die "Rechtsradikalen"? Erste empirisch abgesicherte Antworten gibt die Studie "Aufklärung oder Tabuisierung?", die im Juli 1990 am Institut für Journalistik der Universität Dortmund abgeschlossen wurde. Untersucht wurde, wie drei im Ruhrgebiet beheimatete, aber auch in angrenzenden Regionen erscheinende Tageszeitungen von Januar bis Oktober 1989 über die inhaltlichen Ziele der Republikaner informiert haben. Die Programmatik der REP wurde differenziert in 140 typische Aussagen, die durch Analyse von Parteiprogrammen und -Publikationen sowie aus Büchern und Reden von REP-Funktionären ermittelt worden waren.
Keine inhaltliche Aufklärung
Nach der Inhaltsangabe von jeweils 255 Ausgaben der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ, Essen), der "Westfälischen Rundschau" (WR, Dortmund) und der "Ruhr-Nachrichten" (RN, Dortmund) stand das Kernergebnis fest: Aus keiner der drei untersuchten Zeitungen erfahren die Leser auch nur annähernd, welche Ziele (typische Aussagen) die Republikaner im einzelnen verfolgen. Mit anderen Worten: Die Redaktionen verschweigen, warum die REP demokratiefeindlich sind und welche Gefahren von ihnen ausgehen. Beiträge, die Ziele der Republikaner mit Programmen und praktischer Politik der Volksparteien vergleichen, fehlen ebenfalls.
Zwar erschienen im zehnmonatigen Untersuchungszeitraum 515 Artikel, die auch die REP thematisierten. Doch nur in jedem zwanzigsten Beitrag wurde mindestens ein Vorhaben der Partei offen angesprochen. Daß die Republikaner für die "Wiedervereinigung Deutschlands in den Grenzen von 1937" eintreten, also nur militärisch durchzusetzende Ansprüche auf polnisches Staatsgebiet erheben, wurde gerade in einem der 515 Artikel erwähnt. Die REP-Forderung, wonach Erwerbslosen das Arbeitslosengeld gestrichen werden soll, wenn sie sich weigern, jede ihnen vom Arbeitsamt zugewiesene Beschäftigung abzunehmen, stand in keinem Artikel. Und daß die Republikaner im Jahr 1989 in der Asylpolitik Positionen ("Quotenregelungen für Füchtlinge, Einführung von Asyl-Schnellverfahren") propagierten, die inzwischen herrschende Meinung in den Volksparteien CDU/CSU und SPD geworden sind, kann heute kein Leser der WAZ, WR und RN mehr nachvollziehen, im Untersuchungszeitraum blieben die konkreten Forderungen der Republikaner zur Flüchtlings- und Ausländerpolitik fast völlig tabu.
Statt inhaltliche Poitionen der Republikaner zu benennen, sie fundiert zu analysieren und drohende Konsequenzen aufzuzeigen, griffen die Redaktionen auf Methoden zurück, die zum Instrumentarium der politischen Propaganda gehören. Kontinuierlich etikettierten WAZ, WR und RN die Republikaner mit Schlagwörtern wie "rechtsradikal", "ausländerfeindlich" oder "demagogisch" - jedoch ohne im Kontext zu erläutern, was sie mit diesen Begriffen inhaltlich meinen. Konsequenz: Die Leser müssen sich selbst zusammenreimen, warum die REP "ausländerfeindlich" sind, welche diskriminierenden Maßnahmen sie fordern.
Dabei müßte in den Redaktionen eigentlich klar sein, daß ein Etikett wie "ausländerfeindlich" unterschiedliche Assoziationen beim Publikum hervorrufen kann. Denn bekanntlich gibt es keinen demokratischen Konsens, welche Tatbestände als "ausländerfeindlich" einzustufen ist - der Begriff ist nicht eindeutig definiert. So finden zahlreiche Bürger und Interessenverbände die Tatsache "ausländerfeindlich", daß Menschen ohne deutschen Paß in der Bundesrepublik kein Wahlrecht haben. Andere, etwa die CSU/CSU-Fraktion im Bundestag, würden diese Ungleichbehandlung Nichtdeutscher keineswegs mit dem Etikett "ausländerfeindlich" versehen. Welche Verwirrung in den Redaktionen herrschen muß, darauf deutet auch die Tatsache hin, daß in mehreren Beiträgen die REP synonym als "rechtsradikal", "rechtsextrem" oder "Rechtspartei" bezeichnet wurde.
Offenbar soll der Schlagwort-Journalismus negative Wertungen transportieren und beim Publikum emotionale Ablehnung hervorrufen. Sprachwissenschaftler bezweifeln, ob diese propagandistische Methode, die auf das Gefühl statt auf den Verstand zielt, überhaupt die wohl gewünschte Wirkung (Abschreckung bzw. Warnung der Leser vor den Republikanern) erreichen kann.
gekürzt aus: P&K 10/1992