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Widerstand gegen Forschung an biologischen Waffen in den USA
vonDie Methoden der Gentechnik haben es den Militärstrategen erlaubt ihre Beurteilung biologischer Waffen zu revidieren. Sie galten als unberechenbar und deshalb nur beschränkt einsetzbar. Mit gentechnischen Methoden könnten massgeschneiderte B-Waffen entwickelt werden. Die internationale B-Waffen Konvention von 1972, die inzwischen von mehr als 100 Staaten unterzeichnet ist, verbietet zwar den Einsatz, Entwicklung und Lagerung von Agenzien zur biologischen Kriegsführung, lässt aber ein Schlupfloch. Reagenzglasmengen der vermehrungsfähi gen Waffen dürfen aufbewahrt werden. Forschung an B- Waffen zu Verteidigungszwecken ist erlaubt. Seit Beginn der 80er Jahre hat sich die Finanzierung für diese als "Schutz-Forschung" deklarierten Projekte in den USA wie auch in der Bundesrepublik vervierfacht.
Ein wirksamer Schutz der gesamten Bevölkerung bei einem Angriff mit biologischen Agenzien z. B. durch Massenimpfungen ist nicht möglich. Der eingesetzte Krankheitserreger könnte gentechnisch hergestellt und wie der dazu passende Impfstoff nur dem Angreifer bekannt sein. Der defensive Charakter einer "Schutzforschung" mit den Ziel, einen Impfstoff zu finden, verkommt deshalb zu blosser Absichtserklärung. ForscherInnen, die sich an den Programmen der Schutzforschung beteiligen, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, an einem Szenario für einen zukünftigen Bio-Krieg mitzuarbeiten. Bundesdeutsche WissenschaftlerInnen wandten sich deshalb 1985 mit einem Aufruf an ihre KollegInnen "... sich nicht an For schungsprojekten, die mit der Entwicklung und Herstellung biologischer Waffen verbunden sind, zu beteiligen." (E.Hickel, P. Starlinger u.a.) Der Aufruf wurde nicht von allen ForscherInnen befolgt. Die Zahl der Projekte hat seitdem, unter dem verschleiernden Begriff "Wehrmedizin" geführt, von der ôffentlichkeit fast unbemerkt zugenom men. Ca. 100 Projekte beziehen sich auf Krankheitserreger und Toxine, sind also B-Waffen-relevant.
(M. Kiper, J. Streich, Biologische Waffen: Die geplanten Seuchen, rororo-aktuell 1990)
Die Situation in den USA ist vergleichbar. In den über 120 vom Verteidigungsministerium finanzierten Laboratorien wird an Agenzien der biologischen Kriegsführung geforscht. Gegen mehrere Forschungsprojekte des US- Verteidigungsministeriums haben sich Bürgerinitiativen gebildet. An der Universität von Amherst im Bundesstaat Massachusetts forderte das American Friends Service Committee (AFSC) im Februar letzten Jahres den Leiter der Universität und die städtische Gesundheitsbehörde auf, die an der Universität stattfindenden Forschungen am Milzbranderreger sofort einzustellen. Der AFSC ver weist besonders auf die Möglichkeit eines Unfalls und die direkte Betroffenheit der umliegend wohnenden Bevölk erung.
Das Council for Responsible Genetics (CRG) mit Sitz in Boston, USA, spricht die WissenschaftlerInnen persönlich an. Sie sollen ein Gelöbnis ablegen "... sich nicht wissentlich an der Forschung und Lehre zu beteiligen, die die Entwicklung von chemischen und biologischen Waffen fördern könnte."
Die gesammelten Unterschriften sollen, zusammen mit der Forderung, das internationale B-Waffen Abkommen zu verbessern, bei der nächsten öberprüfungskonferenz im Herbst 1991 in Genf vorgelegt werden. "Das Gelöbnis" (The Pledge) soll sowohl innerhalb der Labore als auch in der ôffentlichkeit, ein grösseres Bewusstsein über die Bedrohung durch B-Waffen-Forschung geschaffen werden. Bislang haben mehr als tausend WissenschaftlerInnen in den USA und einigen europäischen Ländern, darunter 9 Nobelpreisträger das Gelöbnis unterzeichnet.
Ein Professor für internationales Recht, Francis A. Boyle aus dem US-Staat Illinois, geht über die Willensbekundungen und Absichtserklärungen hinaus. Wie er Zeitungen und Wissenschaftsmagazinen in einem Memorandum kürzlich mitteilte, warnt er WissenschaftlerInnen, die im Auftrag des Pentagon an biologischen Waffen forschen, dass sie mit ihrer Arbeit gegen amerikanisches Recht verstossen. Er bezieht sich dabei auf das "Biological Weapons and Terrorism Act", ein Gesetz, an des sen Ausarbeitng er selbst als Gutachter mitgearbeitet hat. Das Gesetz sieht Strafen "bis zu lebenslänglich" auch für Firmen oder Einzelpersonen vor, die an biologi schen Waffen arbeiten. Nach Meinung von Francis A. Boyle, der auch Mitglied des Council for Responsible Genetics ist, verstossen viele Projekte des biologischen Verteidigungsprogrammes und die daran arbeitenden ForscherInnen gegen dieses Gesetz. Vor gerichtlichen Auseinandersetzungen um diese Frage scheut er nicht zurück.
Das Positionspapier des Council for Responsible Gene tics, der Aufruf (The Pledge) und weitere Informationen bei:
GeN, Gen-ethisches Netzwerk, Winterfeldtstr 3, 1000 Berlin 30; Tel.: 030 /215 39 91