Friedensschulen

Wie Schulen sich erfolgreich gegen den Einfluss der Bundeswehr zur Wehr setzen

von Dorothea Schäfer

Eigentlich ist es ganz leicht: Die Schulkonferenz – in NRW das wichtigste Mitwirkungsgremium einer Schule bestehend aus Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern – oder ein entsprechendes Gremium der Schule beschließt:
Wir werden eine "Schule ohne Bundeswehr".
Wir laden keine Vertreter der Bundeswehr in den Unterricht ein.
Wir wissen, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer Experten sind, auch beim Thema Sicherheitspolitik, auch beim Thema Friedenspolitik.

Aber wenn ein solcher Beschluss nicht nur ein Papiertiger bleiben soll, der vielleicht von einem in späteren Schuljahren anders zusammengesetzten Gremium nicht mehr mitgetragen wird, sollte es eine gute Vorbereitung geben. Die einzelnen Gruppen der an Schule Beteiligten sollten im Vorfeld einbezogen werden. Sicher ist es auch sinnvoll, den Weg zu einer "Schule ohne Bundeswehr" mit anderen Aktivitäten zu begleiten. Deutlich sollte dabei werden, dass sich die Schule nicht nur gegen die Präsenz der Bundeswehr in der Schule ausspricht, sondern sich für eine gewaltfreie und friedliche Welt engagieren möchte.

Anlässe zur Diskussion über ein friedenspolitisches Engagement der Schulgemeinde gibt es auch 70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs reichlich: Auch im Jahr 2015 gibt es auf der Welt viele Kriege, deren unmittelbare Auswirkungen wir auch in Deutschland spüren - durch die Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten zu uns kommen und die wir bei uns willkommen heißen.

Bei dem Projekt  "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", dem inzwischen mehr als 1700 Schulen angehören, bekommt die Schule den Titel nicht einmalig verliehen, sondern verpflichtet sich auch, dieses Motto immer wieder durch Projekte oder Aktionen zu bestätigen. Der Titel ist also kein Preis und keine Auszeichnung für bereits geleistete Arbeit, sondern eine Selbstverpflichtung für die Zukunft.

Ich denke, dass eine solche Selbstverpflichtung Sinn macht für jede und jeden, der sich persönlich, in seiner Schule oder seinem Betrieb gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit und für den Frieden einsetzen will. Sie ist m. E. auch sinnvoll für Schulen, die sich als "Schulen ohne Bundeswehr" verstehen.

Viele Schulen haben mit einzelnen Projekten begonnen, sich ganz konkret gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und für Frieden und Solidarität zu engagieren. Sie sollten von der Zivilgesellschaft dabei ermutigt werden, um in kleinen Schritten das Fundament für eine friedlichere Welt zu legen.

Vor zwei Jahren wurden drei Schulen mit dem Aachener Friedenspreis geehrt. Der Aachener Friedenspreis ist ein alternativer Friedenspreis, der nicht große PolitikerInnen ehrt, sondern sich zum Ziel gesetzt hat, Frauen, Männer oder Gruppen zu würdigen und vorzustellen, die „von unten her“, als Graswurzelinitiativen dazu beitragen, der Verständigung der Völker und der Menschen untereinander zu dienen sowie Feindbilder ab- und Vertrauen aufzubauen. Bei der Preisverleihung vor zwei Jahren wurden zwei Schulen geehrt, die sich als erste Schulen in Deutschland zur "Schule ohne Bundeswehr" erklärt hatten, sowie eine Schule im Nordirak, die sich durch ein hohes Maß an Toleranz und Solidarität auszeichnete - mitten in einem Land voller Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen religiösen und ethnischen Gruppen. Ich durfte die Laudatio halten.

DGB gegen Bundeswehr in den Schulen
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte in seinem Aufruf zum Antikriegstag 2013 unter anderem formuliert: „Nie wieder Krieg heißt für uns: Es darf keinen neuen Militarismus geben. Die Bundeswehr ist und bleibt eine Parlamentsarmee und dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform verpflichtet. Daran darf sich nichts ändern. Sie hat im Innern – mit Ausnahme humanitärer Katastrophenhilfe – nichts zu suchen. Wir fordern die Bundeswehr auf, ihre Werbung in Schulen sofort zu beenden.“

Nun darf die Bundeswehr in Schulen gar nicht werben. Für die politische Bildung in der Schule gelten das Überwältigungsverbot und das Prinzip der Kontroversität. Das bedeutet, dass SchülerInnen nicht in eine bestimmte Richtung gedrängt werden dürfen, weder durch einseitige Information noch durch Werbeveranstaltungen. Aber die Bundeswehr nutzt die Auftritte von Jugendoffizieren in Schulen oder auch bei Berufsbildungsmessen zur Werbung, da sie seit dem Ende der Wehrpflicht Nachwuchsprobleme hat. Bei diesen Veranstaltungen wird zwar ausführlich dargelegt, dass man an den Bundeswehr-Unis prima studieren könne, dort lerne Flughäfen zu bauen, Kasernen einzurichten oder Menschen zu führen, aber es ist keine Rede von Tod und Trauma, es wird nicht berichtet über SoldatInnen, die bei Auslandskriegseinsätzen ums Leben kamen oder traumatisiert zurückkehrten.

Kooperationsvereinbarung in Nordrhein-Westfalen
Die GEW in Nordrhein-Westfalen hatte die jetzige Landesregierung schon 2010 aufgefordert, die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Schulministerium und der Bundeswehr zu kündigen. Abgeschlossen worden war diese Kooperationsvereinbarung von der schwarz-gelben Landesregierung im Jahr 2008. Leider kam es nicht zu einer Kündigung, sondern nur zu einer Modifikation – obwohl die neue Koalition während der Oppositionszeit etwas anderes gesagt hatte.

Denn auch wenn es in der neuen Kooperationsvereinbarung heißt: „Jugendoffiziere der Bundeswehr können, wie auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Institutionen sowie Organisationen der Friedensbewegung, im Rahmen von schulischen Veranstaltungen Schülerinnen und Schüler über die zur Friedenssicherung möglichen Instrumente der Politik und die Aufgabenstellung der Bundeswehr informieren“, kann natürlich von Chancengleichheit zwischen Bundeswehr und Friedensgruppen nicht die Rede sein. Der Werbeetat der Bundeswehr ist um ein Vielfaches höher als die Möglichkeiten von Friedensorganisationen, deren VertreterInnen ohnehin von Schulen eingeladen werden können.

Die Kündigung der Kooperationsvereinbarung, die der Bundeswehr quasi den roten Teppich für den Weg in die Schulen ausrollt, ist nach wie vor die Forderung der GEW in NRW. Wir wissen aber, dass die Bundeswehr natürlich auch ohne eine solche Vereinbarung, die es nicht in allen Bundesländern gibt, die Schulen besucht. Insofern kann eine wirksame Veränderung nur von unten erreicht werden - in dem sich mehr Schulen zu bundeswehrfreien Zonen erklären.

Die GEW NRW engagiert sich im Bündnis "Schule ohne Bundeswehr", weil wir nicht wollen, dass junge Menschen mit verlockenden Berufsperspektiven zu einem Dienst mit der Waffe geworben werden, weil wir nicht wollen, dass die Militarisierung der Zivilgesellschaft voranschreitet. Es wäre schön, wenn sich weitere Schulen zu diesem Schritt "Schule ohne Bundeswehr“ zu werden, entschließen können.

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