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AWACS Maschinen im Rheinland
Windiges von der Hardthöhe - Wendiges vom Bundesverfassungsgericht
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Am Gründonnerstag wurde vom Bundesverfassungsgericht über die Möglichkeit eines erweiterten Einsatzes der Bundeswehr und den angedrohten Bruch der Bonner Koalition entschieden. Die Koalitionsregierung hatte die zur Entscheidung stehende Sache weder im Parlament zur Diskussion stellen wollen noch sich fähig gezeigt, ein Einvernehmen in den eigenen Reihen herzustellen.
Was war geschehen? Gegen den vorgesehenen Kampfeinsatz deutscher Soldaten in AWACS-Aufklärungsflugzeugen hatte die FDP verfassungsrechtliche Bedenken erhoben und, ebenso wie die SPD, Einspruch beim Bundesverfassungsgericht erhoben sowie einen Stopp durch einstweilige Verfügung gefordert. Die Klage der FDP wurde nicht, weil damit das Gericht in einem koalitionsinternen Streit als Gutachter missbraucht wurde, als unzulässig zurückgewiesen, sondern die Anträge der Bundestagsfraktionen von FDP und SPD wurden beide abschlägig beschieden. Begründung: Für die BRD könne ein nicht wiedergutzumachender Vertrauensverlust eintreten, wenn die deutsche Besatzung aufgrund des vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Kampfeinsatzes gegen Flugzeuge über Bosnien-Herzegowina aus den AWACS-Maschinen abgezogen würde, sich aber später die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Einsatzes herausstelle. Sic! Nicht mit dem Schaden eines Verfassungsbruches, der durch die später mögliche Feststellung einer verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit entstehen würde, sondern mit dem vermeintlichen Schaden bündnispolitischer Art für die Bonner Regierung, wie ihn die CDU-Politiker behaupteten, hatte die Mehrheit des Richtergremiums ihre Entscheidung begründet.
Dieses Urteil ist eine Verletzung des Auftrages, dass dem Bundesverfassungsgericht dem Gesetz nach zugewiesen ist. Das Karlsruher Gericht ist nicht für politische Ermessensfragen zuständig. Es hat über die Einhaltung der Verfassung zu wachen und dementsprechend seine Entscheidung zu treffen.
Der Artikel 24 des Grundgesetzes gab es Bundesrepublik die Möglichkeit, der NATO beizutreten; der Artikel 87 a sollte den Einsatz deutscher Streitkräfte möglichst restriktiv eingrenzen. Für die einen ist die Teilnahme deutscher Soldaten am Kampfeinsatz über Bosnien-Herzegowina nach Art. 87 a mit dem Grundgesetz unvereinbar, für die anderen - die CDU/CSU in der Regierung und nun nach dem Urteil auch offenbar die FDP - dagegen nach Art. 24 möglich. Diese anderen, die amtierende Bundesregierung, sieht ebenso wie in der NATO auch in der UNO ein "System gegenseitiger kollektiver Sicherheit", dem sie die Hoheitsrechte für Militäreinsätze übertragen kann, und unterstellt dabei gleichzeitig, daß der Kampfeinsatz über Bosnien-Herzegowina durch den Beschluß des UN-Sicherheitsrates als eine Maßnahme der UNO anzusehen sei. Im Zusammenhang mit dem Golfkrieg hatte die gleiche Bundesregierung die Teilnahme deutscher Soldaten am Kriegseinsatz damit der Begründung abgelehnt, dies sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Woher also nun der Sinneswandel unserer Regierung?
Die Resolution 816 des UN-Sicherheitsrates vom 31.März, die den Beginn des NATO-Kampfeinsatzes im ehemals jugoslawischen Luftraum ermöglichte, ist ohne jede militärische Bedeutung. Dies versichern selbst die für derlei Vorhaben kompetenten Militärs. Die Entscheidung der Bundesregierung kann daher nur als eine Entscheidung verstanden werden, die die Weichen für die zukünftige Politik unseres Landes stellt und dabei an die allgemeine Stimmung "Man muß doch endlich etwas tun" anknüpft.
Mit der Ost-West-Entspannung ist der bis dahin geltende Auftrag der Bundeswehr wie der der NATO hinfällig geworden. Doch als der Warschauer Vertrag, gegen den das Bündnis die westliche Staatengemeinschaft verteidigen sollte, aufgelöst wurde, blieb die NATO weiter bestehen. Und gegenwärtig ist sie dabei, sich neue Aufträge zur Begründung ihres Militärpotentials zu suchen. Sie führt mit ihrem AWACS-Einsatz eine Militäraktion durch, die gegen die Artikel 5 und 6 des eigenen Bündnisvertrages verstößt, die nur die Abwehr eines Angriffes erlauben, der auf das eigene oder das Territorium eines Verbündeten gerichtet ist. Ihr deutscher Generalsekretär interpretiert dies schlicht als ein "Hinauswachsen" über die traditionellen Aufgaben und erklärt, daß der Unterschied zwischen "in" und "out of area" dabei "seine Bedeutung verliert". Die notwendige Ratifikation einer solch grundlegenden Veränderung des Bündnisvertrags durch den Bundestag steht allerdings bisher aus.
Was beim AWACS-Beschluß wie bei der Entsendung von 1.600 Soldaten nach Somalia schleichend und Schritt für Schritt in rechtlich ungeklärtem Raum vollzogen wird, ist die Umstellung der Bundeswehr von einer Verteidigungs- zur Interventionsarmee.
Ein grundlegender Wandel der deutschen Politik steht ins Haus, der der Wiederbewaffnung unseres Landes nach dem zweiten Weltkrieg gleichkommt. Nachdem jahrzehntelang der Grundsatz galt, daß für uns Krieg kein Mittel der Politik mehr sein darf, wird nun einer interventionistischen Politik mit militärischen Mitteln das Wort geredet. In einer grundsätzlichen Rede hat Rühe Ende März die "entscheidende Weichenstellung" beschrieben. Er will den "politisch-strategischen Kurs abstecken für den Weg ins 21. Jahrhundert".
Wenn schon von einer neuen Verantwortung des wiedervereinten Deutschlands die Rede ist, so kann diese nur darin bestehen, nicht-militärische und zivile Formen der Konfliktregelung zu entwickeln. Gerade das ehemalige Jugoslawien gibt derzeit ein anschauliches Beispiel dafür, wohin es führt, wenn das Militär seinen Auftrag selbst bestimmt. Ein Wort der Kirchen, die bislang den Krieg als Mittel der Politik verworfen hatten, steht noch aus.