Golfkrieg war auf Massenvernichtung ausgelegt

"Wüstensturm" von Ramsay Clark

von Ernst Busche

Die Deutsche Presseagentur berichtet, daß die Not im Irak wächst, da die Versorgung mit Lebensmitteln Und Medikamenten sich dramatisch verschlechtert. Besonders Kinder leiden unter Mangelerscheinungen, die Babysterblichkeit hat sich seit Ende des Golfkrieges auf 90 je tau-send Lebendgeborene verdreifacht, wie der Beauftragte des UNO-Kinderhilfswerkes in Bagdad, der Schwede Thomas Ekvall, mitteilt (nach Weser-Kurier 21.7.1993). Als Folge des immer noch bestehenden Embargos fehlen Medikamente und Ausrüstungen, die für die Gesundheitsfürsorge, für die Landwirtschaft, für die  Nahrungsmittelverarbeitung und für Trinkwasseraufbereitung nötig sind. Nach UNICEF-Schät­zungen sterben in diesem Jahr 100.000 irakische Kinder unter fünf Jah­ren, wenn die Sanktionen nicht aufgehoben werden; Mit vielen Friedensbewegten, die vor drei Jahren gegen den Krieg am Golf protestier­ten, fordert der ehemalige US-Justizminister Ramsay Clark ein Ende dieses Embargos (WK 20.2.1993)

 

Begründungen für ein Ende des Embar­gos liefert Clark mit seinem Buch "Wüstensturm" (auf deutsch im Juli im Lamuv Verlag Göttingen erschienen), das die Ergebnisse eines internationalen Tribunals über die US- Kriegsverbrechen am Golf zusammenfaßt. Verbrecherisch waren bereits die Vorbereitungen des Krieges, die bis in die siebziger Jahre zurückreichen, als einige Ölstaaten die Verfügungsgewalt über die eigenen Bo­denschätze erzwangen, und die sofort nach dem Ende des irakisch-iranischen Krieges intensiviert wurden.  1973 z.B. begann das Pentagon mit Jährlichen Manövern in der Mojawe-Wüste, US­-Strategen erörterten in aller Offenheit eine Invasion der Golfregion und eine Besetzung der Ölfelder (S. 35).

 

Als im August 1990 der Irak Kuwait be­setzte, tat er dies im Glauben, die USA würden nicht eingreifen. Die US-Bot­schafterin Glaspie hatte die Absicht, nicht einzugreifen, Saddam Hussein ei­nige Tage zuvor noch einmal bestätigt (S. 53). Danach hintertrieb die US-Re­gierung die Lösung  des Konfliktes durch Verhandlungen, dämonisierte Saddam zum rücksichtslosen Diktator und Nachfolger Hitlers (S. 61) [z.B. durch den "Brutkastenskandal" (irakische Soldaten hätten 312 Babies aus den Brutkästen gerissen und auf dem kalten Boden sterben lassen; die 15Jährige, die Augenzeugin dieses Ver­brechens gewesen sein wollte, war in Wirklichkeit die Tochter des kuwaiti­schen Botschafters in Washington.]

Das Tribunal belegt mit vielen, vor allem amerikanischen Quellen die verbre­cherische US-Kriegsführung, die mit an­fangs 2000 täglichen Bombenangriffen begann und mit insgesamt 109.000 en­dete. "Die Angriffe sollten entgegen den Versicherungen des Pentagon, alles zu unternehmen, um Opfer unter der Zivil­bevölkerung zu vermeiden, unzweifel­haft die Menschen treffen." Die US-­Bomber zerstörten Wasserspeicher, Bewässerungssysteme, Kläranlagen, Trinkwasserbehälter, Pumpstationen, E-Werke, Telefonleitungen, Brücken, Straßen, Lagerhäuser, Lastwagen, Busse, Taxis. Clark: "Diese Bombardie­rungen waren eine tödliche, kalt kalku­lierte und zutiefst unmoralische Strate­gie, die den Irak durch die Zerstörung lebenswichtiger Anlagen und Versor­gungseinrichtungen in allen Lebensbereichen in die Knie zwingen sollte. Sie sollten ein Schwellenland,  eine unab­hängige Militärmacht, die über reiche Ölvorkommen verfügte und der eigenen wirtschaftlichen  Entwicklung ver­pflichtet war völlig lähmen. Nach Untersuchungen unserer Kommission starben mehr als 150.000 Zivilisten im Golfkrieg und an seinen Folgen.“ (S. 97)

Als Beispiel des tausendfachen Mordes auch beim Bodenkrieg bringt Clark den Bericht der Zeitung ''Newsdays" vom 12.9.1991: Eine US-Division montierte Pflüge auf Panzer und setzte Erdbewegungsfahrzeuge ein, um irakische Sol­daten in ihren 70 Kilometer langen Grä­ben zuzuschütten, Einige irakische Sol­daten lebten noch und hatten sich schon ergeben – dennoch: mindestens 8000 wurden unter Sand begraben. (S. 88)

Nicht nur Soldaten wurden auf der Flucht aus Kuwait massakriert, sondern auch tausende ausländischer Arbeiter, die in ihre Heimatländer Sudan, Ägyp­ten oder Palästina zurückkehren wollten. Reporter beschrieben einen Abschnitt der "highway des Todes" als "Mauer aus zerstörten und rußgeschwärzten Fahr­zeugen, übereinander getürmt in einem Gewirr aus verkohlten, verbogenen Metallteilen, aus zerquetschten LKW­-Führerhäusern und unter Bussen zer­drückten PKWs. Weniger als zehn Pro­zent der Fahrzeuge auf dieser durch Fotos dokumentierten Straße waren Militärfahrzeuge (S.89).

Das Tribunal klagte die US-Regierung in 19 Punkten an, z.B. "Die USA setzten sowohl gegen militärische als auch ge­gen zivile Ziele verbotene Waffen an, die auf Massenvernichtung ausgelegt waren und wahllos Tod zufügten... Nachdem die USA die wirtschaftliche Grundlage des Irak zerstört haben, ver­langen sie Reparationen, die den Irak fortlaufend verarmen lassen und seine Bevölkerung Hungersnöten und Epide­mien aussetzen. Die USA haben sich durch Gewaltanwendung eine permanente militärische Präsenz am Golf, die Kontrolle der dortigen Ölressourcen und die geopolitische Vorherrschaft auf der arabischen Halbinsel gesichert." (S. 276)

Das Tribunal bestätigt, wie richtig der Protest der Friedensbewegung unter dem Slogan "Kein Krieg für Öl" wäh­rend des Golfkrieges, in den Jahren da­vor gegen die "Air-Land-Battle"-Strate­gie und jetzt gegen die "Neue Weltord­nung'' der Bush- und Clinton-Administration war und ist. Ich meine, eine Weltordnung, die Hunderttausende - auch noch nach einem Krieg - sterben läßt, fordert Protest und Widerstand all­er Menschen heraus, die sich für Abrü­stung und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung einsetzen. Die Friedensb­ewegung, wie andere soziale Bewe­gungen auch, hat immer noch genügend Aufgaben!

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Dr. Ernst Busche ist aktiv im Bremer Friedensforum und Mitglied der DFG-VK