Kampagne "Büchel ist überall!" atomwaffenfrei.jetzt" und Ohne Rüstung Leben

Zehn Jahre Bundestagsbeschluss zum Atomwaffenabzug aus Deutschland

von Simon Bödecker

Im Jahr 2020 stehen zahlreiche Jahrestage mit Blick auf die internationale Atomwaffenpolitik an, darunter auch ein denkwürdiges Ereignis in Deutschland: Vor ziemlich genau zehn Jahren sprach sich der Bundestag fraktionsübergreifend für einen Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel aus! Die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“, Ohne Rüstung Leben und weitere Organisationen fordern mit einer gemeinsamen Aktion die Umsetzung des Beschlusses.

 

Vor 75 Jahren, am 6. und 9. August 1945, fielen die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Sie töteten mehr als 200.000 Menschen. Der unbeschreibliche Horror der Überlebenden bleibt uns als Mahnung. Vor 50 Jahren, am 5. März 1970, trat der Atomwaffensperrvertrag (Nichtverbreitungsvertrag, NPT) in Kraft. Darin verpflichteten sich die damaligen Atomwaffenstaaten, über einen Vertrag zur vollständigen nuklearen Abrüstung zu verhandeln – was noch immer nicht geschehen ist. Vor zehn Jahren, am 8. April 2010, unterzeichneten US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedew den New-START-Vertrag über strategische Atomwaffen. Nach dem Ende des INF-Vertrages ist er als letzter bilateraler Abrüstungsvertrag noch übrig. Im kommenden Jahr wird er auslaufen. Was bleibt, sind milliardenschwere Modernisierungs- und Aufrüstungsprogramme der Atommächte.

 

Auch in Deutschland jährt sich ein wichtiges, jedoch weitgehend vergessenes Ereignis zum zehnten Mal: Am 26. März 2010 stimmte der Deutsche Bundestag mit großer Mehrheit einem Antrag der Fraktionen von CDU / CSU, SPD, FDP und Bündnis 90 / Die Grünen zu, in dem es heißt: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich auch bei der Ausarbeitung eines neuen strategischen Konzepts der NATO im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten mit Nachdruck für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen“. Dieser Beschluss wurde nbekanntlich nie umgesetzt. Neben massivem diplomatischen Druck der USA gilt als Grund dafür insbesondere, dass das Bundeskanzleramt den Abzug ausdrücklich ablehnte und den damaligen Außenminister Guido Westerwelle auflaufen ließ. (1) Die aktuelle Bundesregierung trägt nun den geplanten Ersatz der in Büchel stationierten Atomwaffen durch moderne, zielgenauere B 61-12 Atombomben mit und will in diesen Wochen eine Entscheidung über die Tornado-Nachfolge treffen. Neue Trägerflugzeuge – im Rennen sind amerikanische F/A-18 oder Eurofighter – sollen es der deutschen Luftwaffe ermöglichen, sich auch in den nächsten Jahrzehnten an einem Atomkrieg zu beteiligen. (2)

Die anstehenden Jahrestage sind somit auch eine Chronik des Unwillens, vollständige nukleare Abrüstung wirklich anzugehen. Es ist mehr als naiv, darauf zu setzen, dass die Atommächte irgendwann aus freien Stücken auf die mächtigsten Waffen der Welt verzichten. Solange die deutsche Bundespolitik nicht mit gutem Beispiel vorangeht, sondern die Drohung mit Massenvernichtungswaffen sogar als Teil der eigenen außenpolitischen Strategie anerkennt, werden ihre wohlklingenden Appelle verhallen. Wer eine Welt ohne Atomwaffen will, muss bereit sein, selbst vollumfänglich auf sie zu verzichten. Das bedeutet auch, sich von dem alten Narrativ zu lösen, Atomwaffen seien notwendig für unsere Sicherheit.

Zehn Jahre nach dem fraktionsübergreifenden Bundestagsbeschluss ist es an der Zeit, seine Umsetzung einzufordern. Daher haben die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ und Ohne Rüstung Leben eine gemeinsame Aktion an den Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble gestartet. Er soll sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass

  • der Bundestagsbeschluss zum Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland endlich umgesetzt wird,
  • die Bundesregierung einen konstruktiven Dialog mit der Zivilgesellschaft über Abrüstungsbemühungen sucht,
  • Deutschland dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitritt.

Sie können diese Aktion auf zwei Wegen unterstützen. Unterzeichen Sie die Forderungen online unter www.friedenskooperative.de/bundestagsbeschluss. Bestellen und verteilen Sie die kostenlosen Aktionspostkarten an den Bundestagspräsidenten unter www.ohne-ruestung-leben.de/mitmachen oder bei der Geschäftsstelle von Ohne Rüstung Leben.

 

Anmerkungen

1 Im Detail nachzulesen in Sonne, Werner: Leben mit der Bombe. Atomwaffen in Deutschland, Wiesbaden, 2018, S. 13 - 20.

2 Weitere Informationen unter https://atombomber-nein-danke.de/hintergrund/

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Simon Bödecker koordiniert als hauptamtlicher Mitarbeiter die Öffentlichkeitsarbeit von Ohne Rüstung Leben und ist verantwortlicher Redakteur der Website unter www.ohne-ruestung-leben.de.