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Arbeitskonferenz
"Ziviler Friedensdienst - europaweit"
vonSeit dem Ende des Ost-West-Konfliktes wird in vielen Ländern Europas über den Aufbau einer Alternative zum militärischen Konfliktaustrag diskutiert. In Deutschland haben die evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg wie auch der Bund für Soziale Verteidigung Vorschläge für Zivile Friedensdienste vorgelegt, die erhebliches Interesse gefunden haben. Durch die Konferenz in Frankfurt/Oder sollte die Diskussion über solche Projekte auf der europäischen Ebene angeregt und verstärkt werden. Angestrebt wird, dauerhafte Strukturen der gegenseitigen Information und Zusammenarbeit zu schaffen.
Die Arbeitskonferenz hatte folgende Schwerpunkte:
- Zivile Konfliktbearbeitung als europäische Aufgabe
- Konzepte und Kooperationsstrukturen für einen ZFD in Deutschland
- Berichte und Einschätzungen aus den europäischen Ländern
- Ausbildungen für die ZFD-Curricula und Erfahrungen
- Zukünftige Zusammenarbeit in Europa
Die 1990 in Prag unter der Schirmherrschaft von Vaclav Havel gegründete Helsinki Citizents' Assembly (hca) führt gesellschaftliche Kräfte im OSZE-Bereich zusammen. Sie hat in fast allen OSZE-Ländern nationale Sektionen aufgebaut. Die deutsche hca-Sektion will einen ihrer Schwerpunkte auf die "Europäisierung" der Bemühungen um einen zivilen Friedensdienst legen.
Bei der Arbeitskonferenz in Frankfurt/Oder haben sich Mitglieder aus Friedens- und Bürgerrechtsbewegungen aus 16 OSZE-Ländern getroffen. Durch die Wahl des Tagungsortes an der deutsch-polnischen Grenze wollten die Veranstalter ein Signal setzen, daß es sich bei dem Vorhaben um ein gesamteuropäisches Projekt handele und nicht um eine westeuropäische Konferenz. Dieses Signal hat Wirkung gehabt. Ein hoher Anteil der TeilnehmerInnen kam aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa.
Die Veranstalter hatten von einer Beteiligung mit etwa 60 Personen gerechnet. Die tatsächliche Beteiligung lag geringfügig über dieser Erwartungszahl. Damit wird das Interesse an der Thematik "Ziviler Friedensdienst" im europäischen Rahmen deutlich bestätigt.
Die Tagesordnung war so konzipiert, daß viel Zeit für die Diskussion und die Einbringung spezifischer Vorstellungen und Argumente aus den vertretenen Ländern zur Verfügung stand. Dies hat der gesamten Tagung sehr gut getan. Sie verlief in einer sehr kooperativen und freundschaftlichen Atmosphäre bei gleichzeitig hoher Effektivität. Am Samstagabend konnte ein Treffen in der polnischen Nachbargemeinde jenseits der Oder vereinbart werden.
Die Arbeitsergebnisse wurden in einer Schlussresolution, die am Sonntagvormittag ausführlich erörtert und angereichert wurde, niedergelegt. Sie wird nachfolgend in Auszügen dokumentiert:
Der vollständige Wortlaut der Resolution kam im Büro Netzwerk Friedenskooperative gegen 2,- DM angefordert werden.
Für einen Zivilen Friedensdienst - europaweit
(...)
Unter Zivilen Friedensdienst verstehen wir einen Dienst, in und zwischen unseren Gesellschaften gewaltfrei zu bearbeiten sucht. Er soll Bürgern und Bürgerinnen jedes Alters offenstehen, freiwillig sein und somit keinen Zwangsdienstcharakter aufweisen. Er soll über ein hohes Maß an Unabhängigkeit verfügen, um innovativ arbeiten zu können, aber doch gegenüber der Gesellschaft und ihren politischen Institutionen verbindlich arbeiten. Ziviler Friedensdienst (ZFD) bedarf der Finanzierung aus Steuermitteln, die so für eine zukunftsträchtige Friedenssicherung und Problemlösung einzusetzen sind.
Der Grund für unser Anliegen ist, daß die herkömmliche Politik meist nicht in der Lage ist, auf sich anbahnende politisch, sozial, ökonomisch und ökologisch begründete Konflikte, die zu inner- oder zwischenstaatlichen Kriegen führen können, vorbeugend und deeskalierend einzuwirken und gute Dienste der Konfliktbewältigung zu leisten. Militärische Drohungen und Interventionen nach dem Ausbruch von Gewalt erweisen sich im friedenspolitischen Sinne in aller Regel als ungeeignet.
(...)
Deshalb treten wir ein für eine Weichenstellung zu einem umfassenden Konzept "Ziviler Konfliktbearbeitung", das auf vielen Ebenen zu entfalten ist: international und national, auf den regionalen und kommunalen Ebenen, wie denen von Kirchen, Gewerkschaften, Verbänden bis hin zu den sozialen Bewegungen und Bürger- und Menschenrechtsorganisationen. Bislang wird an Konzepten und Möglichkeiten der vorbeugenden, deeskalierenden und nachsorgenden Konfliktberarbeitung mit zivilen Mitteln viel zu wenig gearbeitet. Den ZDF verstehen wir als ein wichtiges Instrument im Rahmen einer anzustrebenden Gesamteuropäischen Friedensordnung.
(...)
Die Konferenzteilnehmer wenden sich
* an die nationalen Sektionen der Helsinki Citizens' Assembly , sowie an die europäischen Gruppen der Friedens- und Bürgerrechtsbewegungen mit der Aufforderung, sich dem Bemühen für den Aufbau Ziviler Friedensdienste anzunehmen und in den jeweiligen Ländern Initiativen und Foren zu bilden. Wir bitten, zu bildende Friedensdienste auf nationaler Ebene auch Angehörigen anderer Länder zu öffnen, da Friedensarbeit nicht an nationale Grenzen gebunden ist.
* an Länder, Kommunen, Verbände, Stiftungen und Regierungen, bereits jetzt mit der Ausbildung von Bürgerinnen und Bürgern zu beginnen oder diese zu unterstützen, damit möglichst bald ein Pool von Trainern und Ausgebildeten für zivile Friedensarbeit zur Verfügung steht. Bei der Einrichtung von Ausbildungskursen und -stätten erhoffen wir uns eine enge Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg.
* an die Regierungen und Parlamente der OSZE-Länder mit der Aufforderung, ihre Beratungen und Anstrengungen darauf zu richten, daß in ihren Ländern nicht nur der Aufbau Ziviler Friedensdienste ermöglicht, sondern auch ein Gesamtkonzept Ziviler Konfliktbearbeitung unter Einbeziehung auch innenpolitischer Aspekte entwickelt und in ihrer Politik umgesetzt wird.
* an die OSZE mit der Bitte, möglichst bald bei ihren Missionen Teams einzusetzen, die in gewaltfreier Konfliktbearbeitung ausgebildet sind. Wir glauben, daß die OSZE als gesamteuropäische, bislang rein zivile Organisation besonders geeignet ist, den neuen, zukunftsträchtigen Weg ziviler Konfliktbearbeitung zu beschreiten.
* an die europäischen Gesellschaften in Ost, West, Süd und Nord, sich für eine gesamteuropäische Friedensordnung einzusetzen. Diese sollte auf Prinzipien der Menschenrechte, der politischen Gleichheit und der gewaltfreien Kooperation zur Lösung der drängenden Probleme beruhen. Ihre Errichtung ist dringend, um eine neue Spaltung Europas nicht aufkommen zu lassen. Die OSZE könnte in veränderter Form den Rahmen für eine solche Gesamteuropäische Friedensordnung bilden.
Es ist die Absicht der KonferenzteilnehmerInnen, ein Informations- und Kooperationgeflecht zwischen allen Kräften im OSZE-Bereich herzustellen, die sich dem Aufbau Ziviler Friedensdienste widmen wollen.