Ziviler Ungehorsam gegen Chemiewaffen und atomare Kurzstreckensysteme

von Martin Singe

Am 1. Juli endete die einwöchige Blockade des US-Giftwaffenlagers in Fischbach. Es war die erste Großaktion zivilen Ungehorsams nach der Vereinbarung über den Mittelstreckenraketenabzug.

77 Strafanzeigen wegen versuchter (eine neue Masche der Strafverfolgungsbehörden!) und 98 wegen vollendeter Nötigung sind zu erwarten. Täglich haben sich im Wechsel jeweils·über 100 Menschen beteiligt. 1300 Menschen hatten zu der Aktion aufgerufen und sich damit vor allem auch mit denen solidarisiert, die wegen Blockadeaufrufs Strafverfahren bekommen haben (Hunsrück-Blockaden). Zugleich sollte mit der Aktion Protest gegen das BGH-Urteil ausgedrückt werden. Entgegen landläufiger Meinung ist kein Gericht an diesen BGH-Spruch gebunden, außer das Vorlagegericht Stuttgart (OLG). Alle anderen Untergerichte und OLGs können weiter freisprechen, wenn sie keine Verwerflichkeit erkennen und genug Mut besitzen. Bei neuen anderslautenden OLG-Urteilen müßten sich erneut andere Senate des BGH mit der Frage befassen; kommt es hier wiederum zu unterschiedlichen Sprüchen, so muß das BGH-Plenum entscheiden. Es ist also in der Rechtsentwicklung viel mehr offen als nach dem BGH-Urteil zunächst befürchtet.

Nachdem deutlich geworden, daß die Bundesregierung einer neuen Nachrüstung im Kurzstreckenbereich zustimmen wird, sind Aktionen gegen diese Waffensysteme (Lance-Raketen) sehr wichtig geworden. Die Gewaltfreie Aktion Wetzlar und Friedensmenschen aus der Umgebung haben Ende Juni drei Tage lang das Atom-Munitionsdepot bei Bellersdorf/Lahn-Dill-Kreis blockiert. Nähere Infos dazu gibt es bei: Martin Otto, Magdalenenhauser Weg 31, 6330 Wetzlar 1.

Ebenfalls um die Lance-Raketen und deren Modernisierung geht es bei einer Aktion, die noch bevorsteht; vom 6. - 14. 8. findet bei Großengstingen ein Sommerfriedenscamp statt, von dem aus Aktivitäten gegen die Kurzstreckenraketen geplant sind. Am Wochenende 12. - 14. 8. soll im Rahmen des Camps über ein bundesweites Kampagnenkonzept beraten werden. Kontakt: Friedensbüro Tübingen, Neckarhalde 8, 7400 Tübingen.

P. S.: Aktuelle Informationen über die Prozesse im KA-Büro, 0228/69 29 04

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Martin Singe ist Redakteur des FriedensForums und aktiv im Sprecher*innenteam der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".