Zivilisierung der internationalen Politik (Forderungen der GRÜNEN zu Jugoslawien)

Schwerpunkt
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Im Folgenden dokumentieren wir einen Forderungskatalog, den die Grü­nen auf ihrem Sonder-Länderrat am 21.März 93 verabschiedet haben.

*     Eine Initiative der Bundesregierung für multilaterale Abrüstungsver­handlungen auch im konventionellen Bereich.

*     Beendigung aller deutschen Militär­planungen für "Out-of-area"-Einsätze der Bundeswehr; schrittweiser Abbau der Bundeswehr bis zu ihrer schließ­lichen Auflösung.

*     Abbau der Rüstungsproduktion, friedliche Konversion der vorhan­denen Produktionskapazitäten und Verbot aller Rüstungsexporte aus der Bundesrepublik Deutschland wie aus der EG. Als erste Schritte Verschär­fung des Außenwirtschaftsgesetzes in Bezug auf Rüstungskontrolle und de­ren konsequente Überwachung, die Rücknahme von Hermes-Bürgschaf­ten für Rüstungsexporte und die Strafverfolgung der bekannten Waf­fenschmuggler. Aufnahme des Ver­bots von Rüstungsproduktion und Rüstungsexporten ins Grundgesetz.

*     Keine Grundgesetzänderung und auch keine Uminterpretation des Grundgesetzes, um den Einsatz deut­scher Soldaten "out of area" möglich zu machen. Stattdessen Klarstellung der ausschließlich zivilen Rolle der Bundesrepublik in der internationalen Politik und Verankerung des Ziels ih­rer einseitigen Abrüstung im Grund­gesetz.

*     Aufbau einer zivilen Friedensdienst­organisation der Bundesrepublik Deutschland, die deutsche Hilfsliefe­rungen und Katastrophenschutzein­sätze unabhängig von der Infrastruk­tur der Bundeswehr leisten kann; Be­reithalten dieser Friedensdienstorga­nisation für humanitäre, zivile Ein­sätze der UNO.

*     Die Bundesregierung beantragt bei der UNO die Einrichtung eines inter­nationalen Sanktionshilfefonds, um wirksame ökonomische Sanktionen (Embargos u.ä.) tatsächlich zu er­möglichen, indem Staaten, die durch die Befolgung von verhängten Sank­tionen ökonomisch in Not geraten, entschädigt, werden. Der Antrag re­gelt die Einzahlungs-und die Vertei­lungsregeln und wird von der Bun­desregierung durch entsprechende diplomatische Aktivitäten innerhalb der UNO flankiert. Die Bundesregie­rung erklärt sich dazu bereit, den Fonds mit einem Startkapital in Höhe des derzeitigen Verteidigungshaus­haltes der Bundesrepublik auszustat­ten.

*     Demokratisierung und großregionale Aufgliederung der UNO auf der Grundlage einer von einer breiten Staatengruppe aus "Norden" und "Süden" initiierten, so lange wie er­forderlich immer wieder neu zusam­mentretenden UNO-Reform-Konfe­renz.

*     Den Ausbau der KSZE zu einem großregionalen Organ der UNO für Europa, das der demokratischen Mitwirkung von gesellschaftlichen Organisationen offen steht. Initiative der Bundesregierung für eine Hel­sinki-Nachfolge-Konferenz mit die­ser Zielsetzung.

      Bereitstellung der notwendigen Mit­tel für den Ausbau eines wirksamen KSZE-Konfliktverhütungszentrums, das in der Lage ist, mit staatlichen und nichtstaatlichen Zentren und In­itiativen europaweit zu kooperieren.

*     Die Schaffung eigener Massenme­dien (TV, Radio) in den Händen von UNO und KSZE, die ständig gegen Konflikteskalation und Kriegstreibe­rei informieren und ggf. dazu in der Lage sind, in regionalen Konflikten für eine deeskalierende Information gegen die Kriegspropaganda beider Seiten zu sorgen.

*     Entwicklung und Förderung ziviler Einmischungsstrategien durch staatli­che wie nichtstaatliche Organisatio­nen, insbesondere durch unverkürzte Förderung der Friedensforschung, durch finanzielle und technologische Unterstützung von Gegenöffentlich­keit und eine gesellschaftliche Aner­kennung freiwilliger Friedensdienste.

*     Vernichtung aller ausrangierten Rü­stungsgüter, die sich nicht für friedli­che Zwecke abrüsten lassen.

*     Initiativen der Bundesregierung für eine Stärkung und Konkretisierung des völkerrechtlichen Schutzes der Menschenrechte und für eine konse­quente Erfassung (z.B. bei UNO und KSZE), Ächtung und Strafverfolgung von Kriegsverbrechen und Verbre­chen gegen die Menschlichkeit ohne Verjährungsfristen, insbesondere auch die ausdrückliche Klarstellung, daß Vergewaltigungen Kriegsverbre­chen sind. Als Sofortmaßnahme: Aufhebung der Visapflicht für Ag­gressions-und speziell Vergewalti­gungsopfer aus Kriegsgebieten sei­tens der Bundesregierung.

*     Unbegrenzete Aufnahme von Flücht­lingen aus Kampfgebieten, aus La­gern und von Deserteuren durch die Bundesregierung für die Dauer der Kampfhandlungen. Schaffung eines konfliktverarbeitenden Betreuungs­angebotes für alle aufgenommenen Kriegsopfer.

*     Initiativen der Bundesregierung zur Entwicklung eines Instrumentariums "positiver Sanktionen" (wie z.B. Fi­nanz-, Know-how- oder Infrastruk­turtransfers) in der Hand von inter­nationalen Konfliktverhütungs-und Deeskalationsinstanzen wie der UNO und der KSZE.

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